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Die Juliane geht an… - Verleihung des Juliane Bartel Medienpreises 2023

Preise für „FEIERABEND – Folge: Elternzeit“ von Florian Hacke, „Kinderraub – Ein dunkles Kapitel der katholischen Kirche“ von Margot Litten, „Nehmt ihr uns eine, antworten wir alle – FEMIZIDE IN ÖSTERREICH“ von Janina Böck-Koroschitz und Elisabeth Weilenmann, „Nichts, was uns passiert“ von Julia C. Kaiser und „Hübsches Gesicht“ von Ferdos Sililo-Simon und Aylin Kockler

Bei der 22. Verleihung des Juliane Bartel Medienpreises in Hannover sind am Dienstag in Anwesenheit von rund 250 Gästen herausragende Beiträge ausgezeichnet worden, die Diskriminierung von Frauen entlarven und auf amüsante, aber auch ernste und berührende Art den Kampf um Gleichberechtigung thematisieren.

Es gab 187 Einreichungen in den Kategorien Shorts, Doku visuell, Doku audio und Fiktion & Entertainment - das sind so viele wie noch nie in der Geschichte des Preises. Über 80 Prozent der Beiträge wurde von Frauen eingereicht. Trotzdem: „Das Thema Gleichstellung darf nicht nur Frauensache sein“, sagte Gleichstellungsminister Andreas Philippi, erster Mann in der Position des Gleichstellungsministers in Niedersachsen. Das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung richtet die Preisverleihung gemeinsam mit dem NDR und der Landesmedienanstalt aus. Moderiert wurde der Abend von Christina von Saß. Musikalisch umrahmt wurde die Veranstaltung von der deutsch-nigerianischen Singer-Songwriterin TOKUNBO und ihrer Band.

Talkgast des Abends war Franziska Stünkel, Film-Regisseurin, Drehbuchautorin und Mitglied u.a. bei der Deutschen Filmakademie und ProQuote Film. Sie ist damit eine der wenigen Frauen, die hinter der Kamera sitzen. Denn: In drei von vier Filmen führen Männer Regie und dass, obwohl knapp die Hälfe aller Regie-Studierenden weiblich ist. Franziska Stünkel bekennt sich klar zur Frauenquote, auch weil es im Bereich der Filmbranche noch langsamer voran geht, als in anderen Berufszweigen. „Der Anteil weiblicher Fachkräfte beim Film steigt nur langsam – von 21 % in 2013 auf 25 % in 2022.“

Zum Thema Frauenquote sagte Gleichstellungsminister Andreas Philippi: „Das häufig vorgebrachte Schein-Argument, dass es einfach nicht genug Frauen gebe, ist schlicht falsch. Es gibt genug qualifizierte und kompetente Frauen, die bis jetzt einfach übergangen worden sind. Sie würden also nicht unverdient an eine Position kommen, sondern ihre Leistung würde endlich gewürdigt werden. Bei einer Quote geht es um eine Zahl von 50 % - fifty-fifty also. Da müssen wir hinbekommen.“

Der mit insgesamt 15.000 Euro dotierte Juliane Bartel Medienpreis geht 2023 in den fünf ausgezeichneten Kategorien an folgende Gewinnerinnen und Gewinner:



Shorts

„FEIERABEND - Folge: Elternzeit“
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Autor: Florian Hacke

In dem Beitrag befasst Florian Hacke sich auf humorvolle Weise mit dem Thema Rollenbilder in der Erziehung und Aufteilung von Sorge- und Erwerbsarbeit zwischen Mann und Frau. Er zeigt anhand eines Kinderbuches und eines Dialogs zwischen drei – von ihm gespielten Personen – auf, wie unlogisch die fest verankerten Rollenbilder sind. Florian Hacke lässt das Wort Elternzeit in einem völlig neuen Licht erscheinen und das mit einem starken Sinn für Humor, präzise formuliert und fantastisch gespielt.

Im Jahr 2023 darf es eigentlich nichts Besonderes mehr sein, wenn Papa sich um die Kinder kümmert. Die Laudatorin Ninia LaGrande brachte es auf den Punkt: „Wir brauchen mehr männliche Verbündete. Es kann - und das lernen wir bei dem Beitrag „Feierabend“ - eben nicht nur an Frauen sein, gesellschaftlich tradierte Rollenbilder zu verändern.“


Doku Visuell

„Kinderraub - Ein dunkles Kapitel der katholischen Kirche“
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Autorin: Margot Litten

Die eindrückliche und einfühlsam erzählte Reportage beschäftigt sich mit einem dunklen Kapitel der spanischen Geschichte, das immer noch nicht aufgearbeitet wurde. Gemeint ist der systematische Raub von Kindern alleinstehender oder regimekritischer Frauen direkt nach der Geburt durch die katholische Kirche und das damit in Zusammenhang stehende Franco-Regime. In dem Beitrag werden mehrere Frauen vorgestellt, die noch immer verzweifelt nach ihren inzwischen rund 40 Jahre alten Kindern suchen. Auch die betroffenen erwachsenen Kinder kommen zu Wort. Diese Frauen und Kinder kämpfen darum, dass das Geschehene vom Staat aufgearbeitet wird. Es geht um 300.000 Betroffene – eine Zahl, die alle Anwesenden im Saal merklich hat schlucken lassen.

Die Laudatorin Ilka Eßmüller sagte: „Die umfassende Recherche und das hartnäckige Nachfragen bei Vertretern der Täter, der Katholischen Kirche, die Konfrontation, hat die Jury sehr beeindruckt. Und auch, die Menschen zu treffen, denen so Schlimmes widerfahren ist -die aber auch schon lange zu Akteurinnen und Akteuren geworden sind.“



Doku Audio

„Nehmt ihr uns eine, antworten wir alle - FEMIZIDE IN ÖSTERREICH“
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Autorinnen: Janina Böck-Koroschitz und Elisabeth Weilenmann

Das Feature beschäftigt sich mit Femiziden in Österreich und behandelt dabei verschiedene Beispielfälle. Einige Frauen können ihre Geschichte selbst erzählen, manche müssen von anderen erzählt werden. Die Psychiaterin Adelheid Kastner erklärt sehr anschaulich die psychologischen Mechanismen, die sich in solchen Fällen abspielen und klärt auf, wie es immer wieder dazu kommen kann. Die Österreicherin Renate Daurer erzählt, wie sie in eine toxische Beziehung gerät, wie sie sich trennen will und zurückkehrt, immer in der Hoffnung, es wird wieder gut; wie aber eines Tages ihr Partner mit einem Hammer auf sie einschlägt. Glücklicherweise kann sie fliehen, doch sie bleibt wochenlang im Krankenhaus und behält Verletzungen zurück. Es geht in dem Beitrag aber auch um Zivilcourage: Dem Arzt und Bürgermeister Peter Klar gelingt es, einen Täter in die Flucht zu schlagen, eine schwer verletzte Frau gerade noch rechtzeitig ins Krankenhaus zu bringen.

Die Laudatorin Gesa Rünker lobte ganz besonders die Machart des Features, welches mit klug eingesetzten klanglichen Mitteln produziert worden ist und fasste es am Schluss ihrer bewegenden Laudatio so zusammen: „Psychische und physische Gewalt gegen Frauen: Das Thema gehört auf die öffentliche Tagesordnung, in Österreich, in Deutschland, weltweit. Dafür zu sorgen ist politische und gesellschaftliche Aufgabe, aber auch Aufgabe der Medien.“



Fiktion und Entertainment

„Nichts, was uns passiert“
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Autorin: Julia C. Kaiser

Als Anna nach dem Studium Jonas über Freunde kennen lernt, verstehen die beiden sich von Anfang an – trotz ständiger Meinungsverschiedenheiten – gut. Es folgt ein One - Night- Stand. Auf einer weiteren Party, bei der beide zu viel trinken, ist Anna irgendwann so handlungsunfähig, dass sie auf Jonas‘ WG-Zimmer gebracht wird.

Nach dieser Nacht sagt Anna, dass Jonas sie vergewaltigt habe und verlangt von ihm eine Entschuldigung. Eine Entschuldigung, die er nicht bereit ist zu geben, da er von einvernehmlichem Sex spricht. Es beginnt eine Aufarbeitung und Betrachtung von allen Seiten, bei der letztendlich für die Zuschauerschaft nicht klar wird, wie genau sich der Vorfall ereignet hat. Anna geht traumatisiert und ohne eine Entschuldigung aus der Sache heraus, während Jonas privat und beruflich Ausgrenzung erfährt.

„Der Film ist prädestiniert für den Preis, weil er das Thema Geschlechtergerechtigkeit aufgreift und auch Männer angesprochen werden, die ihre eigene Rolle hinterfragen sollen. Dabei kommt der Film ohne Stereotype aus“ sagte die Laudatorin Prof. Annika Schach. Und weiter: „Besonders überzeugte das interaktive Element im Film: Es überlässt es dem Zuschauenden, sich eine Meinung zu bilden.“ Fast jeder Mensch kennt eine Frau, der ein Übergriff passiert ist, aber kaum jemand will einen Täter kennen - aber letztlich kennen wir sie doch.



Sonderpreis

„Hübsches Gesicht“
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Autorinnen: Aylin Kockler und Ferdos Sililo-Simon

Die Fernsehserie behandelt auf humorvolle und gleichzeitig rührende Weise das Thema Bodyshaming und Self-Love. Die eigentlich sehr selbstbewusste und kluge Protagonistin Gigi wird unter dem Vorwand eines Überraschungstrips von ihrem Freund David in ein Fat Camp gebracht, womit er sie unmissverständlich wissen lässt, dass er nur mit ihr zusammen sein will, wenn sie sich verändert. Nach dem ersten Schock erklärt Gigi sich bereit, Davids Wunsch zu entsprechen und bleibt im Camp, in dem es eigentlich gar nicht um Gewichtsverlust geht. Als Gigi dort neue Freunde trifft und zahlreiche Selbsterkenntnisse durchlebt, erkennt sie, dass nicht sie, sondern David das Problem ist. Sie trennt sich von ihm und das ausgerechnet vor Noah, einem jungen Restaurantbetreiber vor Ort, der sich längst in Gigi verliebt hat und zwar genauso, wie sie ist.

Die Serie macht die unterschiedlichen Facetten von Fat Shaming sichtbar. Und das, so die Laudatorin Edith Löhle, auf eine ganz besondere Weise: „Die Serie ist drüber und gleichzeitig so sensibel. Noch nie so dagewesen. Wir reden hier nicht über eine Serie, die die Lebensrealität von einer Gruppe Menschen ins Lächerliche zieht, sondern wir reden hier von einer Gruppe Menschen, die ihre Erfahrungen in Comedy-Gold umgewandelt hat.“

Die Jury

Erst wenige Stunden vor der Auszeichnung hat sich die hochkarätig besetzte Jury auf die diesjährigen Siegerbeiträge geeinigt. Die Jury setzt sich aus Fachleuten aus dem Bereich Medien zusammen. In diesem Jahr waren dies:

- Karin Abenhausen

- Ninia „LaGrande“ Binias

- Ilka Eßmüller

- Thomas Hallet

- Helge Mark Lodder

- Edith Löhle

- Felicia Reinstädt

- Gesa Rünker

- Prof. Annika Schach

Hintergrund:

Mit dem renommierten Juliane Bartel Preis würdigt das Land gemeinsam mit dem NDR und der Landesmedienanstalt Autorinnen und Autoren, die in ihren Fernseh-, Hörfunk- und Online-Beträgen auf ernste oder unterhaltsame Weise die Gleichstellung von Frauen und Männern thematisieren und dabei Rollenkonflikte oder Diskriminierungen sichtbar machen.

Informationen zum Preis, den nominierten Beiträgen und die Vorstellung der Jury-Mitglieder und in Kürze auch Bilder und Videos des Abends finden Sie auf unserer Homepage www.jbp.niedersachsen.de.

Wir danken unseren Kooperationspartnern:

- Der Landesmedienanstalt

- Der Vernetzungsstelle für Gleichberechtigung

- Der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover

- Dem Rundfunk Berlin Brandenburg

- Der Initiative Klischeefrei

- Dem Bundesverband Regie und

- Dem Landesfrauenrat Niedersachsen


08.11.2023

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