Potentiale internationaler Zuwanderung
Arbeitsmarktintegration von Zuwanderinnen und Zuwanderern
Menschen mit Zuwanderungsgeschichte stellen eine wichtige Potentialgruppe von Erwerbspersonen dar. Ausländische Beschäftigte machen in Niedersachsen heute schon knapp 13 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten aus und haben in den letzten Jahren maßgeblich zum Beschäftigungszuwachs beigetragen. Darunter sind auch viele Menschen mit Fluchthintergrund: So sind rund 73.400 (geflüchtete) Menschen aus den TOP8-Asylherkunftsländern und der Ukraine in Niedersachsen sozialversicherungspflichtig beschäftigt.
Wenn in den nächsten Jahren die Beschäftigten der großen geburtenstarken Jahrgänge der 1960er Jahre in den Ruhestand eintreten, wird das Erwerbspotential von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte auf dem Arbeitsmarkt in Niedersachsen noch bedeutsamer werden. Die Gewinnung qualifizierter Fach- und Nachwuchskräfte aus dem Ausland und die Erwerbsintegration von Zugewanderten bilden daher einen Handlungsschwerpunkt der niedersächsischen Arbeitsmarktförderung.
Für einen erfolgreichen Arbeitsmarkteintritt müssen Zuwanderinnen und Zuwanderern je nach ihren persönlichen Voraussetzungen allerdings häufig verschiedene Hürden bewältigen: Vielfach können sie ihre Berufschancen in Deutschland nicht gut einschätzen, weil Ihnen oft Kenntnisse über die Strukturen des Arbeitsmarktes, des Berufsbildungswesens und die für sie zuständigen Behörden fehlen. Zudem stellen mangelnde sprachliche Kompetenzen, fehlende Bildungsabschlüsse oder das Einholen formaler Anerkennungen für Berufsqualifikationen, die im Ausland erworben wurden, für viele Zuwanderinnen und Zuwanderer Herausforderungen bei der Aufnahme einer Berufsausbildung oder einer dauerhaften Beschäftigung dar. So fällt die Arbeitslosigkeit unter Ausländern auch in Niedersachsen seit Langem mehrfach höher aus als im Durchschnitt aller zivilen Erwerbpersonen.
Ebenso stehen Arbeitgebende bei der Ansprache internationaler Fachkräfte aus dem Ausland und der betrieblichen Integration von Zuwanderinnen und Zuwanderern häufig vor besonderen Herausforderungen: Vielfach sind die rechtlichen Wege zur Personalrekrutierung im Ausland, zur Beschäftigung von Ausländern nicht bekannt. Hinzu kann der Stellenwert ausländischer Bildungsabschlüsse oft nicht eingeschätzt werden, und oft kommen Besorgnisse über die sprachkommunikativen Fertigkeiten Zugewanderter hinzu. Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen verfügen oft nicht über ausreichende Kapazitäten, um Personal auch im Ausland zu suchen und zugewanderten Beschäftigten die nötige persönlichen Unterstützung bei der Integration im Betrieb und im Arbeitsumfeld leisten zu können.
Zur Unterstützung der Gewinnung und Arbeitsmarktintegration von Zuwanderinnen und Zuwanderern hat die Landesregierung daher in enger Zusammenarbeit mit den Arbeitsmarktpartnern aus der „Fachkräfteinitiative Niedersachsen“ und dem Bündnis "Niedersachsen packt an" vielfältige Maßnahmen und Initiativen ergriffen, mit denen die Förderangebote des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF), die von den Arbeitsagenturen und Jobcentern ausgeführten gesetzlichen Arbeitsförderinstrumente und einige weitere bundesweite Förder- und Beratungsangebote auf regionaler Ebene in Niedersachsen ergänzt werden.
Gewinnung ausländischer Fach- und Nachwuchskräftepotentiale
Welcome Center
Um Unternehmen bei der Fachkräftegewinnung zu unterstützen und internationalen Erwerbszuwanderinnen und -zuwanderern die Integration in den Arbeitsmarkt zu erleichtern, fördert das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung landesweit Welcome Center. Diese dienen sowohl den Unternehmen in Niedersachsen als auch zuwandernden Fachkräften und ihren Familien als regionale Anlauf-, Beratungs- und Informationsstellen, die entsprechende Hilfestellungen rund um das Thema Integration und Fachkräfteeinwanderung anbieten. Außerdem sollen sie ihre Region als Zielregion für internationale Fachkräfte attraktiv positionieren und über die Regionalen Fachkräftebündnisse (FKB) die enge Vernetzung mit den Arbeitsmarktakteuren gewährleisten.
Adelante-ProjekteZur Erschließung ausländischer Fachkräftepotentiale hat die Landesregierung in den vergangenen Jahren wiederholt so genannte Adelante-Projekte gefördert, in deren Rahmen qualifizierte Fachkräfte aus Spanien angeworben wurden. Die Projektteilnehmenden konnten dabei im Wege betrieblicher „Anpassungsqualifizierungen“ die Anerkennung ihrer in Spanien erworbenen Ausbildungsabschlüsse nach dem deutschen Berufsrecht erwerben. Auf diesem Weg wurden seit 2013 mehrere hundert zumeist jüngere Fachkräfte aus Spanien angeworben. Im Zeitraum Dez. 2024 bis Nov. 2027 erproben wir mit dem Modellprojekt „¡Adelante! Colómbia“ den Adelante-Handlungsansatz erstmals zur Anwerbung qualifizierter Fachkräfte aus einem Drittstaat von außerhalb der Europäischen Union (Kolumbien). Ein weiteres Novum des Vorhabens ist, dass die Einreise der Fachkräfte dabei erstmals unter den neuen, erweiterten Bedingungen des im Jahr 2023 novellierten Fachkräfteeinwanderungsgesetzes erfolgen wird.
Unterstützung des allgemeinen und berufsbezogenen Deutsch-Spracherwerbs
Der Erwerb allgemeiner Deutschsprachkenntnisse erfolgt für Zuwanderinnen und Zuwanderer i.d.R. im Rahmen der deutschlandweit vom BAMF koordinierten "Integrationskurse". Diese umfassen einen Sprach- und einen Orientierungskurs, in dem grundlegende Informationen zur deutschen Rechtsordnung sowie zum Alltag und zu den Werten des Zusammenlebens in Deutschland vermittelt werden. Ziel des Sprachkurses ist das Niveau B1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens (GER) für Sprachen, mit dem eine klare Standardsprache in den Bereichen Persönliches/Familie, Arbeit und Freizeit ermöglicht wird.
Daneben bietet das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur u. a. im Bereich der Erwachsenenbildung umfangreiche Sprachlernangebote für Flüchtlinge an, die von der Agentur für Erwachsenen- und Weiterbildung koordiniert werden.
Berufsorientierung und Anerkennung von Auslandsqualifikationen
Mit den Sprach- und Integrationsklassen hat das Niedersächsische Kultusministerium im Rahmen der Berufseinstiegsschule (BES) an den öffentlichen berufsbildenden Schulen ein Förderformat eingeführt, in denen für jüngere Geflüchtete mit Sprachförderbedarf kombinierte Angebote zur Berufsorientierung und Sprachförderung bestehen.
Für Zugewanderte, die bereits über berufliche Abschlüsse verfügen, kann die formale Anerkennung ihrer ausländischen Berufsqualifikationen nützlich für den Zugang zu einer qualifikationsentsprechenden Beschäftigung sein. Beratung zur Anerkennung ausländischer Abschlüsse leisten die regionalen Anerkennungs- und Qualifizierungsberatungsstellen aus dem Netzwerk „Integration durch Qualifizierung (IQ)“ Niedersachsen sowie in ganz Niedersachsen die Landesstelle Berufsanerkennung (Kontakt: Anerkennungs- und Qualifizierungsberatung). Umfassende Auskünfte zu vielfältigen Fragen der Anerkennung ausländischer Abschlüsse bietet darüber hinaus das beim Bundesinstitut für Berufsbildung eingerichtete mehrsprachige Informationsportal "Anerkennung in Deutschland".
Vor dem Hintergrund des besonderen Fachkräftebedarfs im Handwerk setzt die Landesregierung in diesem Bereich einen besonderen Schwerpunkt. So unterstützt das Niedersächsische Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Bauen und Digitalisierung im Zeitraum April 2024 bis Dezember 2027 das „Integrationsprojekt Fachkräfte für das Handwerk (IFHa)“. Ziel ist die Gewinnung von Zugewanderten, insbesondere auch von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund, für eine Ausbildung oder Beschäftigung in Handwerksberufen.
Flankierende Maßnahmen für Zugewanderte, Unternehmen und Multiplikatoren
Zur Flankierung der spezifischen Unterstützungsmaßnahmen fördert das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung ferner zielgruppen- und themenübergreifende Angebote der Arbeitsmarktberatung im Bereich der Gewinnung und Erwerbsintegration von Personen mit Zuwanderungsgeschichte. Neben Zuwanderinnen und Zuwanderern Personen sind diese Angebote auch an Unternehmen mit Bedarf nach Fach- und Nachwuchskräften sowie an regionale Arbeitsmarktakteure in ihrer Funktion als Multiplikatoren der Arbeitsmarkt-Integrationsarbeit gerichtet.
Um Unternehmen bei der internationalen Fachkräftegewinnung zu unterstützen und Erwerbszuwanderinnen und -zuwanderern die Integration in Arbeit zu erleichtern landesweit sieben „Welcome Center“-Projekte gefördert. Die „Welcome Center“ dienen als regionale Anlauf-, Beratungs- und Informationsstellen, die Informationen und Hilfestellungen rund um das Thema Integration und Fachkräfteeinwanderung anbieten. Außerdem sollen sie ihre Region als Zielregion für internationale Fachkräfte attraktiv positionieren (siehe oben) und über die Regionalen Fachkräftebündnisse (FKB) die enge Vernetzung mit den Arbeitsmarktakteuren gewährleisten.
Daneben fördern wir das "Start Guides"-Netzwerk, bestehend aus z. Zt. landesweit 27 regionalen „Start Guide“-Projekten und dem zentralen „Start Guides-Koordinierungsprojekt“. Eine Übersicht aller Projektträger finden Sie hier (Kontaktliste der Start-Guide-Projekte).
Die regionalen Projekte bringen internationale Zuwanderinnen und Zuwanderer mit Betrieben zu Ausbildungen, Praktika und Beschäftigungsverhältnissen zusammen und begleiten beide Seiten auch anschließend bei der betrieblichen Integration. Dabei erbringen sie praktische Hilfe im Arbeitsalltag erbringen, etwa bei Abstimmungen mit Behörden und Berufsschulen, durch Moderation bei Konflikten oder durch Unterstützung bei der Suche nach geeigneten Fortbildungsmöglichkeiten.
Das Koordinierungsprojekt „Zentrale Beratungsstelle - Ausländer/-innen und Fachkräftesicherung (ZBS AuF)“ unterstützt die regionalen „Start Guides“ durch Angebote zum Erfahrungsaustauch untereinander sowie zur Vernetzung mit anderen regionalen Arbeitsmarktakteuren aus dem Bereich der Gewinnung und Arbeitsmarktintegration internationaler Fachkräfte. Das Koordinierungsprojekt stellt über seine Projektwebsite www.zbs-auf.info u.a. ferner eine Landkartenübersicht und Projektbeschreibung aller regionalen Start-Guide-Projekte sowie insbesondere laufend aktuelle Fachinformationen zum Aufenthalts- und Arbeitsförderrecht sowie zu Förderangeboten für die Integration internationaler Zuwanderinnen/-er zur Verfügung. Das kostenlose Informationsangebot richtet sich insbesondere an regionale Arbeitsmarktakteure und -projekte aus ganz Niedersachsen.
- Bündnis "Niedersachsen packt an"
- Bundesamt für Migration und Teilhabe (BAMF)
- "Integrationsprojekt Handwerkliche Ausbildung für Flüchtlinge und Asylbewerber"
- Netzwerk "Integration durch Qualifizierung (IQ) Niedersachsen"
- Zentrale Beratungsstelle - Ausländer/-innen und Fachkräftesicherung (ZBS AuF)
- Übersicht der Start Guide“-Projekte (Liste)
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