Einbringungsrede des Niedersächsischen Sozialministers Dr. Andreas Philippi
Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 25.06.2025, TOP 24
„Entwurf eines Gesetzes zur Verwirklichung der Gleichberechtigung“
– Es gilt das gesprochene Wort –
„Ich habe heute die Ehre und das Vergnügen, Ihnen den Entwurf des Niedersächsischen Gleichberechtigungsgesetzes (NGG) vorzulegen.
Das ist nun die dritte Legislaturperiode, in der die Landesregierung eine Novelle des NGG erarbeitet hat. Ich habe großes Vertrauen in unser Parlament, so dass wir diesmal erfolgreich sein werden.
Aktuell genießt der Begriff des Vertrauens im Bund wie im Land eine große Aktualität. Kürzlich wurde ein stellvertretender Regierungssprecher von einer Journalistin gefragt, ob der eine oder andere Mann „weniger Vertrauen in Frauen“ hat.
Andernorts wird presseöffentlich am Vertrauen des Landes an den Städten und Gemeinden gezweifelt.
Frauen sind keine Minderheit, sondern mehr als die Hälfte der Menschheit. Sie machen auch über die Hälfte der Beschäftigten im öffentlichen Dienst in Niedersachsen aus. Diese Frauen sind in der Regel gut qualifiziert und ihre Abschlüsse sind oft besser als die der Männer. Auch ihr Vertrauen scheint unerschütterlich. Seit über 30 Jahren vertrauen sie darauf, dass der Verfassungsauftrag der Gleichberechtigung von Frauen aus Art. 3 Abs. 2 Satz 1GG vollends umgesetzt wird. Sie vertrauen darauf, dass der Staat die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung fördert und bestehende Nachteile beseitigt. Das ist sowohl in der Landes- als auch in den meisten Kommunalverwaltungen bislang nicht gelungen. Ich beziehe mich dabei natürlich nicht auf gefühlte Werte, sondern auf statistisch erhobene und belegbare Zahlen, nachzulesen nicht zuletzt in unserem Gleichstellungsbericht.
Mit dem Entwurf der Gesetzesnovelle, die ich heute vorlege, legen wir den Fokus auf die Bekämpfung der strukturellen Benachteiligung von Frauen. Durch gezielte Förderung wird der Unterrepräsentanz von Frauen entschieden entgegengewirkt.
Wichtig ist mir: Unterrepräsentanz ergibt sich nicht aus einer rein zahlenmäßigen Differenz zwischen Frauen und Männern in der öffentlichen Verwaltung. Sie ergibt sich vor allem dort, wo Frauen aufgrund ihres Geschlechts nicht in Führungs- oder höher dotierte Positionen kommen.
Es ist unsere verfassungsrechtlich normierte Pflicht, dieser strukturellen Diskriminierung ein Ende zu setzen. Und das nicht nur, um den Frauen im öffentlichen Dienst in Niedersachsen zu beweisen, dass sie uns auch weiterhin vertrauen können, sondern weil es ein schlichtes und urdemokratisches Gebot ist, Gleichberechtigung herzustellen.
Die Durchsetzung der tatsächlichen Gleichberechtigung führt – anders als es immer wieder in den vielen Gesprächen, die wir geführt haben, behauptet wird – nicht zu Mehrkosten durch einen angeblichen Bürokratieaufbau.
Im Gegenteil: Aufwand und Kosten steigen, je länger die Gleichberechtigung nicht tatsächlich umgesetzt wird. Vielmehr wird durch den heute vorgelegten Gesetzentwurf unterm Strich Bürokratie abgebaut.
So verlängert sich z. B. die Laufzeit der Gleichstellungspläne um ein Jahr von drei auf vier Jahre. Auch die Regelung zur Ausschreibung von Stellen führt nicht zu einem Mehraufwand.
Und: wir brauchen die sehr gut qualifizierten Frauen in den Führungsetagen – allein dafür ist die öffentliche Ausschreibung eins der wichtigen Instrumente des NGG.
(Im Übrigen lösen die internen Besetzungen am Ende das Fachkräfteproblem auch nicht, denn mit jedem Personalwechsel, entsteht zugleich eine neue Lücke).
Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels ist dies nur von Vorteil für das Land, die Kommunen und alle Beschäftigten des öffentlichen Dienstes.
Der Gesetzentwurf lässt selbstverständlich auch Ausnahmen zu. Nicht jede Stelle muss ausgeschrieben werden. Vertrauen Sie mir auch an dieser Stelle, wir haben den öffentlichen Dienst und seine Besonderheiten im Blick.
Wir als Landesregierung, und ich als Minister für mein Ressort, wollen niemandem eine überbordende Bürokratie zumuten. Wir haben unseren Entwurf daher auch auf Wunsch einiger Verbände und Interessengruppen angepasst.
Wir setzen darauf, dass deren Bekenntnis zur Frauenförderung gleichwohl in Taten umgesetzt wird. Ein Großteil der Regelungen hat seine Praxistauglichkeit bereits unter Beweis gestellt.
Die Novellierung hat sich an den guten Regelungen des Bundesgleichstellungsgesetzes orientiert.
Wir vertrauen auch auf die Kompetenzen der Gleichstellungsbeauftragten. Sie besitzen die nötige Fachexpertise. Sie sind ein unverzichtbarer Teil der Dienststellen. Das beweisen sie seit Jahrzenten durch ihre sehr gute Arbeit. Wir erkennen die Arbeit und den Wert der Gleichstellungsbeauftragten an. Diese sind und bleiben auch weiterhin die Partnerinnen der Dienststellen. Da das in der Praxis nicht immer gleichermaßen gut funktioniert, gilt es die Arbeit der Gleichstellungsbeauftragten durch entsprechende gesetzliche Regelungen weiter zu stärken. Das tun wir durch das zweistufige Beanstandungsverfahren, bevor es zur Klage kommt.
Wenn eine Gleichstellungsbeauftragte klagen sollte, dann zeigt das, dass im Vorfeld im Rahmen der vertrauensvollen Zusammenarbeit vieles schief gelaufen ist. Hier sind alle Dienststellen aufgefordert, weiterhin ihren Gleichstellungsbeauftragten und deren Expertise zu vertrauen.
Und nun gilt es, das Vertrauen in die Politik nicht zu enttäuschen. Lassen Sie uns die Novellierung des Niedersächsischen Gleichberechtigungsgesetztes im dritten Anlauf endlich erfolgreich zu Ende bringen.
Artikel-Informationen
erstellt am:
25.06.2025