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Die Juliane geht an… - Verleihung des Juliane Bartel Medienpreises 2024

Preise für „Chatbot Karrieretipps: 300.000 € teure Vorurteile“ von Lisa-Marie Idowu, „Helfen gegen Widerstände – Die Ärztinnen von Montfermeil“ von Ulrike Bremer, „Ich Du Wir – Wer pflegt wen?“ von Susanne Binninger, „Diagnose: Unangepasst – Der Albtraum Tripperburg (Folge 1-3)“ von Sophie Rauch und Floris Asche, „Kroymann – Ist die noch gut? (Folge 20)“ von Sebastian Colley und „Perle – Der Weg zurück zur körperlichen Unversehrtheit“ von Yasmina Hamlawi

Zum 23. Mal ist am gestrigen Dienstagabend in Hannover der Juliane Bartel Medienpreis verliehen worden. Vor rund 300 Gästen würdigte eine mit Fachleuten aus dem Bereich Medien besetzte Jury herausragende Beiträge, die die Diskriminierung von Frauen entlarven und auf amüsante, aber auch ernste und berührende Art den Kampf um Gleichberechtigung thematisieren.

Insgesamt gab es in diesem Jahr 145 Einreichungen in den Kategorien Shorts, Doku visuell, Doku audio und Fiktion & Entertainment. Davon schafften es 20 Beiträge in den Kreis der Nominierten. Moderiert wurde der Abend von Christina von Saß. Musikalisch umrahmt wurde die Veranstaltung von der in London aufgewachsenen Singer-Songwriterin SOBI als solo act an der E-Gitarre.

Talkgäste des Abends waren Dr. Christine Arbogast (Staatssekretärin im Niedersächsischen Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung), Anne Dittmann (Autorin und Journalistin) sowie Prof. Dr. Margreth Lünenborg (Professorin für Kommunikationswissenschaft mit Schwerpunkt Journalistik, Forschungsschwerpunkt Gender Media Studies an der Freien Universität Berlin). Gemeinsam diskutierten sie über die Wahrnehmung und Darstellung von Rollenbildern in den Medien (insbesondere im Bereich Social Media) und welche Chancen und Risiken damit verbunden sind. Dabei ging es auch um das mediale Bild von Alleinerziehenden, den Trend sogenannter „Tradwives“ und den #Metoo-Diskurs.

„Starke weibliche Vorbilder sind wichtig für die Entwicklung von Mädchen und jungen Frauen zu selbstbewussten Persönlichkeiten“, so Staatssekretärin Dr. Arbogast. „Sie können sie ermutigen, neue Wege zu gehen und mit veralteten Rollenbildern zu brechen. Sie können zeigen: Das schaffe ich auch! Gerade im Hinblick auf die Berufswahl spornen weibliche Vorbilder dazu an, Berufe zu ergreifen, die traditionell eher einem Mann zugesprochen werden. Gleichzeitig sehen wir, wie viele Medienformate und Social-Media-Kanäle unrealistische und stereotypische Körperbilder bewerben. Role Models können in diesem Zuge Mädchen und Frauen erheblich unter Druck setzen, was die Wahrnehmung des eigenen Körpers betrifft und letztendlich sogar krank machen. Deshalb ist Vielfalt in der medialen Darstellung von Frauenkörpern wichtig für eine gesunde und selbstbewusste Entwicklung von Frauen.“

Das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung richtet die Preisverleihung gemeinsam mit dem NDR und der Landesmedienanstalt aus. Der mit insgesamt 15.000 Euro dotierte Juliane Bartel Medienpreis geht 2024 in den fünf ausgezeichneten Kategorien an nachfolgende Gewinnerinnen und Gewinner. Erstmals wurden in der Kategorie Doku visuell gleich zwei Beiträge prämiert. Sie erhielten jeweils 2.000 Euro. Für den Sonderpreis waren ebenfalls 2.000 Euro veranschlagt, die Beiträge der anderen Kategorien erhielten jeweils 3.000 Euro.

Shorts

„Chatbot Karrieretipps: 300.000 € teure Vorurteile“

Autorin: Lisa-Marie Idowu

Eine künstliche Intelligenz ist nur so klug wie die Menschen, die sie trainieren. Lisa-­Marie Idowu zeigt in ihrem Instagram­-Clip, wie rassistisch KI gesteuerte Berufsberatung sein kann. Speziell getestet hat sie den ‚Berufsinfomat‘ des österreichischen Arbeitsmarkservices, kurz AMS. Die Frage an den Chat-­Bot, was eine Schwarze Frau, wie sie selbst es ist, mit Abitur an Berufen ausüben könnte, wird gänzlich anders beantwortet als dieselbe Frage, wäre sie eine weiße oder muslimische Frau oder gar ein Mann mit diesen Hintergründen. Die Antwort lautete, sie solle Afrikanistik studieren. Ironisch kommentiert Idowu zurecht: Klar, warum sollten weiße Menschen schon Afrikanistik studieren? Das geht sie doch nichts an. Die Antwort an eine weiße Frau mit Abitur: Dir stehen alle Türen offen.

Doku visuell

„Helfen gegen Widerstände – Die Ärztinnen von Montfermeil“

Autorin: Ulrike Bremer

Die Reportage erzählt von dem Einsatz einer gynäkologischen Abteilung in einem Krankenhaus in Montfermeil bei Paris, in der ein Team aus Ärztinnen, Hebammen und Sozialarbeiterinnen sich darum bemüht, möglichst viele obdachlose schwangere Frauen von der Straße zu holen und ihnen regelmäßige Untersuchungen und eine bessere Ernährung zu ermöglichen. Das Team reizt dafür die Regularien und Auflagen vom Krankenhaus sehr weit aus. Die meisten Frauen, denen sie helfen, sind Geflüchtete aus Afrika. Oft sind durch die Gewalterfahrungen, die für sie der Anlass war, ihre Heimat zu verlassen, schwer traumatisiert. In Frankreich sind sie kaum richtig angekommen und stehen vor der Herausforderung, nicht nur ein Dach über dem Kopf zu finden, sondern auch eine Schwangerschaft in dieser Situation zu überstehen.

„Ich Du Wir“ – Wer pflegt wen?“

Autorin: Susanne Binninger

Pflege ist ein Riesenthema – sie wird überall gebraucht und kommt immer zu kurz. Und: es sind immer noch vor allem Frauen, die die Aufgaben in dem Bereich übernehmen, sei es privat oder in Einrichtungen. Ihre Lebensrealität zeigt diese Dokumentation in sechs verschiedenen Feldern: Die Erfahrungsberichte stammen aus dem Bereich häuslicher Pflege für Menschen mit Behinderung im Familienumfeld, aber auch aus dem Bereich häuslicher Alterspflege. Darüber hinaus gewährt die Dokumentation einen einfühlsamen Einblick in die Pflege in Altersheimen und Krankenhäusern sowie die Pflege von Menschen mit Beeinträchtigung, die nicht zu Hause, sondern in Einrichtungen untergebracht sind. Zuletzt wird auch dem öffentlichen Aktivismus ein Abschnitt gewidmet – denn die Arbeitsbedingungen sind für Menschen in diesen Berufen oft überaus prekär.

Doku audio

„Diagnose: Unangepasst – Der Albtraum Tripperburg (Folge 1-3)“

Autor/-innen: Sophie Rauch und Floris Asche

Der Podcast beleuchtet ein besonders dunkles, frauenfeindliches Kapitel der DDR-Geschichte, die sogenannten Tripperburgen. Offiziell existierten diese Einrichtungen zur Behandlung von Sexualkrankheiten. Inoffiziell wurden sie allerdings, und zwar in großem Stil, dazu verwendet, um Frauen, die sich nicht ans System anpassten, ideologisch zu erziehen. Zum Einsatz kamen dafür auch gewaltsame und missbräuchliche Maßnahmen, die für die Frauen, oft sogar noch Kinder, zutiefst entwürdigend und traumatisierend waren. In den einzelnen Folgen erzählen verschiedene Frauen von ihren Erinnerungen ihrer Erlebnisse dort.

Fiktion und Entertainment

„Kroymann – Ist die noch gut? (Folge 20)“

Autor: Sebastian Colley

30 Jahre Maren Kroymann bei der ARD, das soll mit einer großen Gala gefeiert werden. Doch es geht alles schief. Nicht nur hat Kroymann selbst Schwierigkeiten, Zugang zum Studio zu erhalten, auch ihre Agentin ignoriert sie. Draußen kommen Fans entlang, die sie nur wegen ihrer eigenen Großmütter erkennen. Andere fragen sie nach dem Eingang zu Hazel Bruggers Show, die als Nachwuchs-Comedienne längst das Feld übernommen hat. Nachdem sie ins Studio gelangt, wird es nicht besser. Ihr wird angeboten, typische Spots für Frauen ab der Menopause zu drehen. Doch, zum Glück, es nimmt ein gutes Ende: Hazel Brugger gesteht Kroymann, dass sie für sie immer ein großes Vorbild war. Die Feier kann beginnen und an Aufhören ist noch gar nicht zu denken!

Sonderpreis

„Perle – Der Weg zurück zur körperlichen Unversehrtheit“

Autorin: Yasmina Hamlawi

In vielen Regionen der Welt ist die weibliche Genitalverstümmelung noch immer übliche Praxis. Der Beitrag erzählt von Frauen, die in ihrer somalischen Heimat als Mädchen im Genitalbereich beschnitten oder verstümmelt wurden. Besonders im Fokus steht Fos, eine somalische Frau, die nun in Belgien lebt. In Somalia sei es üblich, so erzählt sie, Frauen 'zuzunähen', damit sie vom Ehemann nach der Heirat 'geöffnet' werden können – eine zutiefst schmerzhafte Erfahrung. Bevor sie in Belgien war, dachte sie, diese Maßnahmen seien für alle Frauen auf der Welt normal. Fos hat in Belgien die Eingriffe schließlich rückgängig machen lassen. Auch ihre Klitoris, ihre ‚Perle‘, wie sie sie nennt, hat sie rekonstruieren lassen, um wieder sexuelle Lust empfinden zu können.

Die Jury

Erst wenige Stunden vor der Auszeichnung hatte sich die hochkarätig besetzte Jury auf die diesjährigen Siegerbeiträge geeinigt. Zu ihren Mitgliedern gehörten:

  • Karin Abenhausen
  • Ninia „LaGrande“ Binias
  • Burchard Dabinnus
  • Florian Hacke
  • Charlott Hallier
  • Edith Löhle
  • Felicia Reinstädt
  • Gesa Rünker
  • Prof. Dr. Annika Schach
  • Lara Wichels
  • Jendrik Wichels

Hintergrund:

Mit dem renommierten Juliane Bartel Preis zeichnet das Land gemeinsam mit dem NDR und der Landesmedienanstalt Autorinnen und Autoren aus, die in ihren Fernseh-, Hörfunk- und Online-Beträgen auf ernste oder unterhaltsame Weise die Gleichstellung von Frauen und Männern thematisieren und dabei Rollenkonflikte oder Diskriminierungen sichtbar machen.

Informationen zum Preis, den nominierten Beiträgen und die Vorstellung der Jury-Mitglieder und in Kürze auch Bilder und Videos des Abends finden Sie auf unserer Homepage www.jbp.niedersachsen.de.

Wir danken unseren Kooperationspartnern:

  • Dem NDR
  • Der Landesmedienanstalt
  • Der nordmedia
  • Der Vernetzungsstelle für Gleichberechtigung e.V.
  • Der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover
  • Dem Rundfunk Berlin Brandenburg
  • Der Initiative Klischeefrei
  • Dem Bundesverband Regie
  • Dem Landesfrauenrat Niedersachsen
  • Der Hochschule Hannover, Fakultät III, Medien, Information und Design
  • Dem Film und Medienbüro Niedersachsen
  • Dem Niedersächsischen Karrierenetzwerk für Frauen im öffentlichen Dienst
  • Dem ZDF und
  • Der LAG Gleichstellung

05.11.2024

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