Arbeitsminister Philippi kritisiert angekündigte Entlassungen bei Lieferando: „Lohndumping durch Subunternehmen werden wir in Niedersachsen nicht hinnehmen"
Am heutigen Mittwoch hat sich der niedersächsische Arbeitsminister Andreas Philippi mit dem Betriebsrat von Lieferando getroffen und sich über die aktuelle Situation des Lieferdienstes in Niedersachsen informiert. Hintergrund sind die angekündigten Entlassungen bei Lieferando und Ausgliederung an Subunternehmen. Die Gewerkschaft NGG hatte Mitarbeitende des Lieferdienstes im August zu einem 24-stündigen Streik in Hannover, Göttingen und Braunschweig aufgerufen.
„Digitale Essenlieferplattformen gewinnen in der heutigen Arbeitswelt zunehmend an Bedeutung. Aber das Geschäftsmodell vieler Plattformunternehmen stützt sich systematisch auf atypische und prekäre Beschäftigungsformen. Zunehmend werden anstelle regulärer Arbeitsverhältnisse Subunternehmen oder angeblich Selbständige eingesetzt. In Wirklichkeit sind die Fahrerinnen und Fahrer eng in den Betriebsablauf eingebunden, unterliegen Weisungen, Zeitvorgaben und der digitalen Kontrolle durch die Plattform – ohne jedoch als Beschäftigte anerkannt zu sein. Diese Intransparenz verschleiert die Konditionen der Beschäftigten. Die strukturelle von den Unternehmen organisierte Verantwortungsverlagerung führt zu sozialer Unsicherheit, fehlendem Arbeitsschutz und einem erheblichen Risiko der Ausbeutung der Arbeitskraft“, kritisiert Minister Philippi.
Vor diesem Hintergrund werden sich die Länder auf der Amtschefkonferenz der Arbeits- und Sozialministerkonferenz am 09. und 10. Oktober mit der Problematik auseinandersetzen.
„Ziel ist es, die rechtliche und soziale Absicherung von Fahrerinnen und Fahrern deutlich zu verbessern. Unternehmen, die über digitale Plattformen Lieferdienste organisieren, sollen gesetzlich verpflichtet werden, Fahrerinnen und Fahrer direkt anzustellen. Konstruktionen wie Subunternehmermodelle oder Werkverträge, die lediglich der Umgehung von Arbeitsrecht dienen, sind auszuschließen. Die Lehren aus der Fleischindustrie auf die Plattformökonomie zu übertragen. Es darf keine Auslagerungen an Subunternehmen auf Kosten der Stammbelegschaft geben. Lohndumping durch Subunternehmen werden wir in Niedersachsen nicht hinnehmen. Wir wollen ein Land der guten Arbeit mit mitbestimmten und im besten Fall tarifgebundenen Unternehmen bleiben. Das zahlt sich nicht nur für die Beschäftigten aus, sondern auch für den Wirtschaftsstandort Niedersachsen."
Hintergrund:
Der Lieferdienst Lieferando will ab dem kommenden Jahr bundesweit rund 2.000 Fahrerinnen und Fahrer entlassen. Die Begründung für den Personalabbau wird seitens des Unternehmens auf die gestiegene Wettbewerbsintensität, erhöhte Kundenerwartungen an kurze Zustellzeiten und die Notwendigkeit einer effizienteren Organisation zurückgeführt. Vorgesehen ist, dass künftig ein Teil der Auslieferungsleistungen durch externe Logistikpartner („Flottenpartner“) erbracht wird.
Lieferando ist Teil der niederländischen Unternehmensgruppe Just Eat Takeaway. Die Fahrerinnen und Fahrer sind in Deutschland bei der Konzerntochter Takeaway Express GmbH angestellt und dort sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Lieferando war bislang eines der wenigen Unternehmen der Branche, das den Fahrerinnen und Fahrern eine Festanstellung angeboten hatte. Der Lieferdienst hat vor den Kündigungen einen Interessenausgleich sowie die Entwicklung eines fairen Sozialplanes angekündigt. Da Lieferando die maßgebliche Schwelle von 500 Beschäftigte überschreitet, ist die Aufstellung eines Sozialplans gesetzlich zwingend vorgegeben.
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erstellt am:
17.09.2025