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Berufshaftpflichtversicherung für Hebammen - Wie geht es weiter?: Antwort der Landesregierung auf die Mündliche Anfrage, Landtagssitzung am 13.05.15

Ministerin Cornelia Rundt beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung


Der Abgeordnete Grant Hendrik Tonne (SPD) hatte gefragt:

Hebammen sind gesetzlich verpflichtet, ihre Berufstätigkeit durch eine Berufshaftpflichtversicherung abzusichern. Trotz leicht rückläufiger Schadensfälle in der Geburtshilfe steigen die Kosten pro einzelnem Schadensfall drastisch an. Dazu zählen die Aufwendungen sowohl für die medizinische, pflegerische als auch für die soziale Versorgung und lebenslange Einkommenssicherung der Geschädigten. Hohe Prozess- und Anwaltskosten können hinzukommen.

Der Anstieg dieser Kosten lässt die Haftpflichtprämien für alle Hebammen in die Höhe schnellen. Vor eine besondere finanzielle Belastung werden freiberufliche Hebammen mit Geburtshilfe gestellt. Daher kam es z. B. im Jahr 2010 ohne eine angepasste Steigerung der Hebammenvergütung, zu einem Anstieg der Haftpflichtprämien von 55,6 %.

Die Entwicklung der Haftpflichtprämien:

- 1981: 30,68 Euro,

- 1992: 178,95 Euro,

- 2003: 1 352,56 Euro,

- 2009: 2 370,48 Euro,

- 2010: 3 689,00 Euro,

- 2015 (1. März): 5 090,76 Euro,

- 2015 (ab 1. Juli): 6 274, 32 Euro.

Auf Bundesebene ist es trotz bisheriger Ankündigungen nicht zu einer dauerhaften Lösung gekommen. Zahlreichen Presseberichten zufolge führt insbesondere der laut Presseberichten dramatische Anstieg der Haftpflichtprämien zu einer Aufgabe der Hebammentätigkeit. In einigen Landkreisen soll es für schwangere Frauen zunehmend schwieriger werden, eine Hebamme zu finden.

1. Wie sieht der aktuelle Sachstand der Verhandlungen zur Berufshaftpflicht der Hebammen aus?

2. Welche Möglichkeiten hat das Land, Hebammen in ihrer Tätigkeit zu unterstützen und eine wirtschaftliche Auskömmlichkeit der Hebammen zu gewährleisten?

3. Wie sieht die Versorgung mit Hebammen in den Landkreisen Nienburg, Schaumburg und Diepholz aus? Ist der Landesregierung ein Mangel an Hebammen in diesen Landkreisen bekannt?

Ministerin Cornelia Rundt beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung:

Ansprüche auf Hebammenhilfe bei Schwangerschaft und Mutterschaft regelt das Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) bundeseinheitlich. Die konkrete Ausgestaltung der Versorgung mit Hebammenhilfe wird gemäß § 134a SGB V durch Vertrag zwischen dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen und den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Berufsverbänden der Hebammen und den Verbänden der von Hebammen geleiteten Einrichtungen auf Bundesebene festgelegt; dazu gehören beispielsweise auch Regelungen über die Höhe der Vergütung, soweit diese nicht durch Gesetz vorgegeben sind.

Zu 1.:

Mit dem Gesetz zur Weiterentwicklung der Finanzstruktur und der Qualität in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Finanzstruktur- und Qualitäts-Weiterentwicklungsgesetz) verpflichtete der Bundesgesetzgeber die Vertragspartner zunächst, eine Vereinbarung zu treffen, nach der für den Zeitraum vom 01.07.2014 bis 30.06.2015 in bestimmten Fällen ein Zuschlag auf die Abrechnungspositionen für Geburtshilfeleistungen zu zahlen ist. Die entsprechende Regelung dient für den o.g. Übergangszeitraum der kurzfristigen Entlastung derjenigen Hebammen, die nur eine geringe Anzahl an Geburten betreuen (sog. Haftpflichtzulage).

Für Geburten ab 01.07.2015 sollen Hebammen gem. § 134a Abs. 1b SGB V durch einen dauerhaften Sicherstellungszuschlag finanziell entlastet werden. Über die Einzelheiten dieses gesetzlich neu definierten Sicherstellungszuschlags verhandeln zurzeit die Krankenkassen mit den Hebammenverbänden. Nach hier vorliegenden Informationen konnte keine Einigung der Vertragspartner erzielt werden, so dass die Schiedsstelle nach § 134a Abs. 4 SGB V angerufen werden soll.

Mit dem am 5. März 2015 in erster Lesung beratenden Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Versorgungsstärkungsgesetz) will die Bundesregierung zudem regeln, dass Kranken- und Pflegekassen künftig darauf verzichten sollen, Regressforderungen gegenüber freiberuflichen Hebammen zu erheben. In einer Anhörung des Gesundheitsausschusses des Deutschen Bundestages am 25.03.2015 stellten Sachverständige klar, dass mit dem Regressverzicht der Kranken- und Pflegekassen nicht automatisch die Beiträge zur Berufshaftpflicht der Hebammen sinken. Es reicht offenbar nicht aus, nur einen Regressverzicht einzuführen, sondern es müssen strukturelle Veränderungen erfolgen, die das Problem der steigenden Haftpflichtprämien lösen. Hier ist die Bundesregierung aufgefordert, im Rahmen des noch nicht abschließend beratenen GKV-Versorgungsstärkungsgesetzes Lösungen vorzuschlagen.

Zu 2.:

Die Vergütung der Hebammen wird im Rahmen der Verträge nach § 134a SGB V festgelegt (vgl. Vorbemerkung). Einflussmöglichkeiten der Landesregierung bestehen insoweit nicht.

Zu 3.:

Nach den von den Hebammen auf freiwilliger Basis gemeldeten Zahlen stellt sich die

Versorgung in den genannten Landkreisen wie folgt dar.

Landkreis Diepholz

Hebammen Krankenhaus

Hebammen freiberuflich

insgesamt

darunter: mit freiberuflicher Tätigkeit

nur Vor- u. Nachsorge

Vor- u. Nachsorge und Hausgeburten

2008

7

7

21

6

2009

7

7

26

2

2010

9

9

23

2

2011

7

7

22

2

2012

7

7

23

2

2013

6

6

24

0

2014

6

6

20

0

Landkreis Nienburg

Hebammen Krankenhaus

Hebammen freiberuflich

insgesamt

darunter: mit freiberuflicher Tätigkeit

nur Vor- u. Nachsorge

Vor- u. Nachsorge und Hausgeburten

2008

12

8

14

4

2009

11

9

11

5

2010

11

10

11

4

2011

12

10

12

3

2012

15

13

11

4

2013

15

13

11

4

2014

13

11

17

5

Landkreis Schaumburg

Hebammen Krankenhaus

Hebammen freiberuflich

insgesamt

darunter: mit freiberuflicher Tätigkeit

nur Vor- u. Nachsorge

Vor- u. Nachsorge und Hausgeburten

2008

8

2

17

1

2009

13

8

21

0

2010

13

8

22

0

2011

13

8

22

0

2012

13

8

17

0

2013

13

7

14

0

2014

13

7

14

0

Die AOK Niedersachsen berichtet, dass aktuell kein Versorgungsengpass mit Blick auf die Versorgung mit Hebammen in Niedersachsen bekannt sei. Seitens der AOK Niedersachsen wird darauf hingewiesen, dass 98 % der Geburten in Niedersachsen in Krankenhäusern mit geburtshilflicher Fachabteilung erfolgen und 2 % außerklinisch in Geburtshäusern oder als Hausgeburten. Darüber hinaus reichende Informationen liegen der Landesregierung nicht vor.

Presseinformationen Bildrechte: Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

erstellt am:
13.05.2015

Ansprechpartner/in:
Frau Heinke Traeger

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