„Ziel muss es sein, Angriffe auf Ärzte und pflegerisches Personal zu verhindern und eine Verbesserung des strafrechtlichen Schutzes herzustellen!“
Minister Philippi stellt Bundesratsinitiative beim zweiten niedersächsischen Anti-Gewalt-Gipfel vor
Arztpraxen, Krankenhäuser und medizinische Einrichtungen sind tragende Säulen der Gesundheitsversorgung und damit Teil des Gemeinwohls. Trotz ihres unverzichtbaren Beitrags zum gesellschaftlichen Leben werden Menschen, die in der Gesundheitsversorgung und damit für das Gemeinwohl tätig sind, immer wieder Ziel von psychischen als auch physischen Angriffen. Zu dem betreffenden Personenkreis gehören insbesondere Ärztinnen und Ärzte, Zahnärztinnen und Zahnärzte, Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten sowie das medizinische und pflegerische Personal in Krankenhäusern und Praxen.
Vor diesem Hintergrund fand im April dieses Jahres der erste Anti-Gewalt-Gipfel auf Initiative von Minister Philippi statt. Dort einigten sich das Ministerium, der Marburger Bund Niedersachsen, die Ärztekammer Niedersachsen, die Niedersächsische Krankenhausgesellschaft und die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsens auf ein Maßnahmenpaket, um für die Problematik zu sensibilisieren und sich für eine Strafmaßänderung einzusetzen.
Das Ministerium hat zu diesem Zweck eine Bundesratsinitiative erarbeitet, die im Herbst eingebracht werden soll. Außerdem soll das Thema 2026 bei der Gesundheitsministerkonferenz (GMK) thematisiert werden. Niedersachsen wird im kommenden Jahr 2026 den Vorsitz der GMK innehaben.
Gesundheitsminister Philippi: „Die Justizminister haben auf ihrer Frühjahrskonferenz am 5./6. Juni 2025 festgestellt, dass der Schutz von in der Gesundheitsversorgung tätigen Personen vor Verbalattacken, Bedrohungen und körperlichen Übergriffen verbessert werden muss und einen entsprechenden Beschluss gefasst. Dieser Beschluss formuliert u. a. einen Prüfauftrag an die zuständigen Ressorts des Bundes und wird von uns außerordentlich begrüßt. Nun muss es an die Umsetzung gehen. Niedersachsen bringt dafür im Herbst eine Bundesratsinitiative ein und fordert die Bundesregierung auf, zeitnah einen Gesetzesentwurf zur Verbesserung des Schutzes der Mitarbeitenden in der Gesundheitsversorgung vorzulegen.“
Dr. med. Marion Charlotte Renneberg, Hausärztin und stellvertretende Präsidentin der Ärztekammer Niedersachsen: „Wir erleben seit Jahren einen verschärften Umgangston und eine Zunahme gewaltsamer Übergriffe in Praxen, Krankenhäusern und Medizinischen Versorgungszentren. Ereignisse wie jüngst im Diakonieklinikum Rotenburg schockieren und verängstigen alle Mitarbeitenden in der Gesundheitsversorgung. Als Gesellschaft dürfen wir dies nicht länger tolerieren, sondern müssen Ärztinnen und Ärzte, Medizinische Fachangestellte, Pflege- und Rettungskräfte und alle anderen an der Versorgung beteiligten Berufsgruppen besser vor Anfeindungen und Gewalt schützen. Die niedersächsische Ärzteschaft fordert daher dringend eine Verschärfung des Strafrechts – so wie es auch der Koalitionsvertrag der Bundesregierung vorsieht. Der Schutz von Helfenden muss ganz oben auf der politischen Agenda stehen und unverzüglich gesetzgeberisch angegangen werden. Darüber hinaus möchten wir an alle Beteiligten – egal ob Patientinnen und Patienten oder beruflich Tätige – appellieren: Die Basis einer jeden medizinischen Behandlung ist ein respektvoller und gewaltfreier Umgang miteinander. Wir alle können und müssen unseren Teil hierzu beitragen.“
Hans Martin Wollenberg und Andreas Hammerschmidt, Vorsitzende des Marburger Bundes Niedersachsen:
„Der Arbeitsplatz Krankenhaus darf nicht zum Tatort werden – Gewalt gegen medizinisches Personal ist absolut inakzeptabel! Wir fordern daher umfassende Schutzmaßnahmen: von individuellen Gefährdungsanalysen über Deeskalationstrainings und Sicherheitspersonal bis hin zu psychologischer Hilfe für Betroffene. Ebenso braucht es breite Aufklärungskampagnen, verlässliche Meldesysteme und eine konsequente Ahndung jeder Gewalttat. Nur so schaffen wir sichere Arbeitsbedingungen und stärken den Schutz derjenigen, die Tag für Tag für die Gesundheit anderer einstehen.“
Mark Barjenbruch, Vorsitzender des Vorstandes der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen: „Die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen bietet vor dem Hintergrund der steigenden Gewaltentwicklungen in Arztpraxen verstärkt Fortbildungskurse für Praxisteams an. In diesen Kursen wird vermittelt, wie Praxismitarbeiter schwierige Patienten und Patientinnen schnell erkennen und wie sie kommunikativ auf verbale Attacken reagieren sollten. Außerdem werden Erkenntnisse über situationsgerechtes Verhalten thematisiert. Realitätsnahe Übungen zum professionellen Umgang mit einer aggressiven Klientel runden den Kurs ab. Dies ist wichtig, da die zunehmende Gewalt in Praxen sich inzwischen auch auf die Attraktivität des MFA-Berufs negativ auswirkt. Die Seminare sind schnell ausgebucht.“
Helge Engelke, Verbandsdirektor der Niedersächsischen Krankenhausgesellschaft (NKG): „Gewalt gegen Krankenhauspersonal darf nicht toleriert werden. Derartige Übergriffe beeinträchtigen nicht nur unmittelbar die Sicherheit und Gesundheit der Betroffenen sowie das Arbeitsklima in den Kliniken, sondern gefährden mittelbar die Funktionsfähigkeit des Gesundheitswesens und damit die Versorgungssicherheit der Bevölkerung insgesamt. Die Beschäftigten in den Kliniken leisten unverzichtbare Dienste an der Allgemeinheit und verdienen einen besonderen Schutz. Der Gesetzgeber ist gefordert, bestehende Regelungen zu überprüfen und gezielt zu verschärfen, um eine abschreckende Signalwirkung zu erzielen. Der Schutz von Krankenhauspersonal ist keine rein betriebliche Aufgabe, sondern eine gesamtgesellschaftliche Verpflichtung und erfordert entsprechende Aufmerksamkeit und Ressourcen. Dass Niedersachsen eine Bundesratsinitiative ergreifen will, begrüßen wir ausdrücklich.“
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erstellt am:
08.09.2025
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