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Die Juliane geht an… - Verleihung des Juliane Bartel Medienpreises 2025

Preise für „Muttertag: Für Frauen in Kolumbien einer der gefährlichsten Tage“ von Bastian Kaiser, „Wir finden die Täter“ von Isabell Beer, Isabel Ströh und Mette Marit Olsson, „Die Entfremdungslüge – Wie rechte Netzwerke das Familienrecht unterwandern“ von Heiko Rahms und Stephanie Schmidt, „Ungeschminkt“ von Uli Brée, „Ottilie Roederstein als Toast“ von Ludmila Graf und Jette Lübbehüsen und „Sieben Winter in Teheran“ von Steffi Niederzoll.

Zum 24. Mal ist am gestrigen Dienstagabend in Hannover der Juliane Bartel Medienpreis verliehen worden. Vor rund 300 Gästen würdigte eine mit Fachleuten aus dem Bereich Medien besetzte Jury herausragende Beiträge, die die Diskriminierung von Frauen entlarven und auf amüsante, aber auch ernste und berührende Art den Kampf um Gleichberechtigung thematisieren.

Insgesamt gab es in diesem Jahr 175 Einreichungen in den Kategorien Shorts, Doku visuell, Doku audio und Fiktion & Entertainment. Davon schafften es 21 Beiträge in den Kreis der Nominierten. Eröffnet wurde die Preisverleihung mit einer Performance der hannoverschen Poetry-Slammerin und Bühnenpoetin Antonia Josefa. In ihren zwei Darbietungen beschrieb sie auf humorvolle Weise ein Matriarchat und zeigte mit ihrem Text „Wahrscheinlichkeiten“ die Chance eines jeden Menschen auf, Teil von Veränderungen zu sein. Musikalisch umrahmt wurde die Veranstaltung vom Musikduo Lina Bó, welches südamerikanische Klänge mit deutschem Folk Pop vereinte.

Talkgast des Abends war die stellvertretende Staatssekretärin im Niedersächsischen Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung, Dr. Gesa Schirrmacher. Gemeinsam mit Moderatorin Christina von Saß sprach sie über die global wachsende Frauenfeindlichkeit, darunter auch in Deutschland und Niedersachsen. Schirrmacher betonte insbesondere die Verantwortung von Politik und Gesellschaft: „Gleichstellung lebt nicht allein von Worten. Es braucht Menschen, die aus tiefster Überzeugung tagtäglich für sie einstehen und kämpfen. Das gilt sowohl für Frauen als auch für Männer – denn ohne ein gesellschaftliches Umdenken werden wir dieses Ziel niemals erreichen. Dabei ist Gleichstellung ein Menschenrecht! Und doch sehen wir, dass es in der Realität oftmals verpflichtende Gesetze braucht, um grundlegende Veränderungen herbeizuführen.“ In diesem Zusammenhang verwies sie auf die Novellierung des Niedersächsischen Gleichberechtigungsgesetzes (NGG), welches die Beseitigung von struktureller Benachteiligung von Frauen im öffentlichen Dienst und die Förderung von Vereinbarkeit von Familie und Beruf zum Ziel hat. Der Entwurf wurde im Juni dieses Jahres von der Landesregierung beschlossen und befindet sich seitdem im parlamentarischen Verfahren.

Das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung richtet die Preisverleihung gemeinsam mit dem NDR und der Niedersächsischen Landesmedienanstalt aus. Der mit insgesamt 15.000 Euro dotierte Juliane Bartel Medienpreis geht 2025 in den vier ausgezeichneten Kategorien und einem aufgeteilten Sonderpreis an nachfolgende Gewinnerinnen und Gewinner. Sie erhielten jeweils 3.000 Euro. Für die beiden Sonderpreise gab es jeweils 1.500 Euro.

Shorts

„Muttertag: Für Frauen in Kolumbien einer der gefährlichsten Tage“

Autor: Bastian Kaiser

Wenn in Kolumbien Muttertag ist, werden Frauen gebührend gefeiert, doch zugleich werden sie ausgerechnet an diesem Tag in zahlreichen Fällen ermordet oder angegriffen. Der Beitrag berichtet in prägnanter Weise über die Ambivalenz dieses Feiertags, der in Kolumbien beinahe so wichtig ist wie Weihnachten. Weil nicht gearbeitet wird, sind die Familien gemeinsam zu Hause – ein Umstand, der von gewalttätigen Ehemännern häufig ausgenutzt wird, um ihre Frauen zu bedrohen. Um dem Problem zu begegnen, hat Bogota bereits einen Sicherheitsplan eigens für diesen Tag entwickelt. Und auch Initiativen von Frauen, die selbst Gewalt durch ihre Ehemänner erfahren haben, existieren inzwischen. Juliana Panesso ist eine von ihnen – ihr Ziel ist es, mit ihrer Organisation anderen Frauen Mut zu machen und ihnen Schutz zu bieten.

Doku visuell

„Wir finden die Täter“

Autorinnen: Isabell Beer, Isabel Ströh und Mette Marit Olsson

Die Reportage zeigt, was Investigativjournalismus leisten kann und weshalb er unentbehrlich ist. In ihrer Recherche zu Online-Netzwerken von Vergewaltigern haben die Journalistinnen dazu beigetragen, dass Vergewaltigungsopfer geschützt und Straftäter verfolgt werden. Frappierend macht diese Reportage deutlich, dass auf öffentlich zugänglichen Pornografieplattformen tausende Videos von bewusstlosen Frauen kursieren, die in allen Formen vergewaltigt werden. In vielen Fällen sind es direkte Familienangehörige der Täter, die von den Taten über Jahre nichts mitbekommen, weil sie zuvor betäubt werden. Zwei der betroffenen Frauen kommen in dem Beitrag auch zu Wort – die Videos von ihnen kursieren noch immer im Internet, einfach weil sie tausendfach heruntergeladen und neu hochgeladen wurden. Was die Recherchen ebenfalls zeigen, ist die Behäbigkeit der Behörden. Eine Frau wurde noch ein Jahr lang mehrmals im Monat weiter vergewaltigt, weil nicht mit aller Ernsthaftigkeit reagiert wurde.

Doku audio

„Die Entfremdungslüge – Wie rechte Netzwerke das Familienrecht unterwandern“

Autor/-innen: Heiko Rahms und Stephanie Schmidt

Mit einer intensiven und beeindruckenden Rechercheleistung arbeitet dieses Feature einen gravierenden Missstand im deutschen Familienrecht heraus, welcher Männer systematisch stärkt und Frauen ebenso systematisch schwächt. In zahlreichen Fällen wurden bei Frauen psychische Krankheiten diagnostiziert, um ihnen ihre Kinder wegnehmen zu können und das alleinige Sorgerecht den Vätern zu übertragen – stets mit dem Vorwurf, die Frau würde die Kinder dahingehend manipulieren, dass sie keine Beziehung mit dem Vater haben wollen. Die Entscheidungen der Gerichte folgen stets einem Gutachten und hier lassen sich, so zeigt die Recherche, immer wieder die gleichen Argumente finden. Sie basieren auffallend häufig auf einer Argumentationsweise, wie sie in der Theorie des wissenschaftlich längst überholten „Parental-Alienation Syndrome“ (PAS) formuliert wurden. Es ist eine Theorie, dessen Autor sich offen für Pädophilie ausspricht und die in der Anwendung eine große Gefahr für Frauen und Kinder darstellt. Gewalttätige Väter können so geschützt werden und zum Beispiel sexuelle Übergriffe weiter ausüben. Das Feature deckt ebenfalls auf, dass sich in Deutschland ein Netzwerk mit rechtsnationalen Tendenzen aus Richtern und Gutachtern bzw. sogar Gutachterinnen gebildet hat, das aktiv diese Theorie anwendet und Gerichte darin weiter schult.

Fiktion und Entertainment

„Ungeschminkt“

Autor: Uli Brée

In diesem Film steht Transfrau Josefa im Mittelpunkt. Sie wohnt in München und erhält eines Tages ein Schreiben vom Notar, das sie darüber informiert, alles von ihrer Mutter nach deren Tod vererbt bekommen zu haben. Seit 35 Jahren hatte Josefa mit ihr, dem Rest der Familie und ihrem besten Freund aus der damaligen Zeit keinen Kontakt mehr. Auch wenn der Freund immer zu ihr stand, war sie grundsätzlich in ihrem kleinen bayerischen Heimatdorf, das von tiefen patriarchalen Strukturen geprägt ist, spätestens nach ihrem Outing nicht mehr erwünscht. Sie erfand sich in der großen Stadt vollkommen neu. Durch das Schreiben vom Notar wendet sie sich dem Dorf, ihren alten Beziehungen und allgemein dieser frühen Phase ihres Lebens wieder zu und arbeitet so alte Verletzungen auf.

Sonderpreis

„Ottilie Roederstein als Toast“

Autorinnen: Ludmila Graf und Jette Lübbehüsen

Kunst mal anders! Statt Ölfarben und Leinwand kommen hier Brotaufstriche und Toastbrot zum Einsatz, um Kunstwerke zu schaffen. Sie sind nicht nur schön, sondern auch essbar. Das Problem: Die berühmtesten Bilder der Moderne waren stets Werke von Männern. Doch dieses Reel widmet sich stattdessen gezielt einer Frau! Es geht um das Gemälde „Selbstportrait mit Hut“ von Ottilie Roederstein aus dem Jahr 1909. Sie ist, wie viele weibliche Künstlerinnen, durch die Geschichtsschreibung weitgehend in Vergessenheit geraten, und das, obwohl sie zu ihrer Zeit bekannt und erfolgreich war. In aller Kürze schafft es dieses Reel darüber zu informieren und auch weitere Fakten einzustreuen, etwa, dass Frauen erst seit 1919 Kunst an Universitäten studieren durften und dass sich deshalb Roederstein nicht nur eigenständig eine Ausbildung in der Malerei suchte, sondern auch aktiv dafür einsetzte, dass Frauen Kunst studieren können.

„Sieben Winter in Teheran“

Autorin: Steffi Niederzoll

Intensiv und in allen ihren bedrückenden Facetten erzählt dieser Dokumentarfilm die Geschichte von der Iranierin Reyhaneh Jabbari, die, während sie drohte vergewaltigt zu werden, ihren Peiniger umgebracht hat. Obwohl sie aus Notwehr handelte, wird sie verhaftet. Schnell wird vermutet, dass der Mann, der sie belästigte, Verbindungen zum Geheimdienst hat – es werden angebliche Beweise für ihr Fehlverhalten entdeckt und sie wird letztendlich zur Todesstrafe verurteilt. Sieben Jahre lang harrt sie noch in den Gefängnissen in und um Teheran aus. Ihre Familie versucht bei der Familie des Mannes, den sie erstochen hat, um Gnade zu bitten, was nicht gelingt. Während ihrer Zeit im Gefängnis dokumentiert sie ihre Erlebnisse und lässt sie hinausschmuggeln. Der Film basiert auf diesen Schilderungen und erzeugt dadurch eine beeindruckende Nähe zu der Protagonistin. Der Fall wird, auch während sie noch einsitzt, weltweit publik. Menschen gehen auf die Straßen und Zeitungen sowie Fernsehsendungen berichten.

Die Jury

Erst wenige Stunden vor der Auszeichnung hatte sich die hochkarätig besetzte Jury auf die diesjährigen Siegerbeiträge geeinigt. Zu ihren Mitgliedern gehörten:

  • Nina LaGrande Binias
  • Burchard Dabinnus
  • Florian Hacke
  • Charlott Hallier
  • Edith Löhle
  • Denise M’Baye
  • Felicia Reinstädt
  • Gesa Rünker
  • Prof. Dr. Annika Schach
  • Leonie Schöler
  • Lara Wichels
  • Jendrik Wichels

Hintergrund:

Mit dem renommierten Juliane Bartel Preis zeichnet das Land gemeinsam mit dem NDR und der Landesmedienanstalt Autorinnen und Autoren aus, die in ihren Fernseh-, Hörfunk- und Online-Beträgen auf ernste oder unterhaltsame Weise die Gleichstellung von Frauen und Männern thematisieren und dabei Rollenkonflikte oder Diskriminierungen sichtbar machen.

Informationen zum Preis, den nominierten Beiträgen und die Vorstellung der Jury-Mitglieder und in Kürze auch Bilder und Videos des Abends finden Sie auf unserer Homepage www.jbp.niedersachsen.de.

Wir danken unserem Medienpartner, dem NDR, sowie unseren Kooperationspartnern:

  • Der Niedersächsischen Landesmedienanstalt
  • Der nordmedia – Film- und Mediengesellschaft Niedersachsen/Bremen mbH
  • Der Vernetzungsstelle für Gleichberechtigung, Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte e.V.
  • Der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover
  • Dem Rundfunk Berlin-Brandenburg
  • Der „Initiative Klischeefrei“ über das Kompetenzzentrum Technik-Diversity-Chancengleichheit e.V.
  • Dem Bundesverband Regie e.V.
  • Dem Landesfrauenrat Niedersachsen e.V.
  • Der Hochschule Hannover
  • Dem Film & Medienbüro Niedersachsen e.V.
  • Dem NiKa e.V. - Niedersächsisches Karrierenetzwerk für Frauen im öffentlichen Dienst
  • Dem ZDF und
  • Der Landesarbeitsgemeinschaft kommunaler Frauenbüros Niedersachsen
Presseinformationen Bildrechte: Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

erstellt am:
19.11.2025

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