„Bundeseinheitliche Regelung zur Kostenübernahme von Verhütungsmitteln für Frauen mit geringem Einkommen schaffen“
Rede der Niedersächsischen Sozialministerin Cornelia Rundt
Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 23.11.2016, TOP 21
- Es gilt das gesprochene Wort -
„Seit langem ist es mir ein Anliegen, die Finanzierung von ärztlich verordneten Mitteln zur Empfängnisverhütung für Frauen mit geringem Einkommen sicherzustellen. Dieses sozialpolitische Thema beschäftigt uns auch immer wieder in den verschiedenen Gremien auf Bundes- und Landesebene.
Die Kosten für empfängnisverhütende Mittel werden in der gesetzlichen Krankenversicherung nur bis zum 20. Lebensjahr von den Krankenkassen übernommen. Das ist ein großes Problem für Frauen, die wenig Geld haben, insbesondere für Frauen im Sozialleistungsbezug. Diese Frauen müssen ab dem Alter von 20 Jahren Verhütungsmittel aus dem Regelsatz bestreiten.
Die im Regelbedarf eingestellte Pauschale für den Bereich Gesundheitspflege sieht derzeit einen Betrag von rund 17 Euro vor. Daraus sind ärztlich verordnete Verhütungsmittel zusätzlich zu sonstigem Bedarf für Gesundheit schlicht und ergreifend nicht finanzierbar. Das gilt erst recht für Langzeitverhütungen, die 400 Euro und mehr kosten können.
Wenn sich Frauen Verhütungsmittel nicht oder nur schwer leisten können, versteht es sich von selbst, dass sie damit dem Risiko einer ungewollten Schwangerschaft ausgesetzt sind. Kommt es dann zum Schwangerschaftsabbruch aufgrund der Notlage der Frau, besteht bei Bedürftigkeit ein gesetzlicher Anspruch auf Übernahme der Kosten für den Abbruch durch das Land. Was aber viel schwerer wiegt, sind die erheblichen physischen und psychischen Belastungen, die häufig mit einem Schwangerschaftsabbruch einhergehen.
Ich darf die geltende Rechtslage wohl mit Fug und Recht als zynisch betrachten: Kein Geld für Verhütung aber Kostenübernahme für Abtreibung. Wäre die Übernahme der Kosten für die Empfängnisverhütung im Vorfeld dauerhaft gesichert, könnten sowohl diese belastenden Auswirkungen für die betroffene Frau als auch die durch einen Schwangerschaftsabbruch entstehenden Kosten vermieden werden. Diese unbefriedigende Situation ist nicht hinnehmbar. Es geht darum, dass die Frauen gar nicht erst ungewollt schwanger werden und in den Konflikt geraten, einen Abbruch in Erwägung ziehen zu müssen.
Ausdrücklich unterstütze ich daher die Bestrebungen, hier zu einer Lösung zu kommen. Das bundesweite Modellprojekt von Pro Familia, das unter anderem auch in Wilhelmshaven durchgeführt wird, ist dafür schon ein sehr guter Ansatz.
Ziel muss es meines Erachtens letztlich sein, dass nicht nur Frauen im Sozialleistungsbezug von den Kosten für Empfängnisverhütung entlastet werden, sondern alle Frauen einen gleichberechtigten Zugang zu Verhütungsmitteln erhalten. Dafür muss aus Gründen der Gleichbehandlung eine Regelung auf der bundesgesetzlichen Ebene gefunden werden.
Damit dies gelingt, brauchen wir nicht nur die Unterstützung der anderen Länder, sondern auch die der Bundesregierung. Dafür werde ich mich im Interesse aller betroffenen Frauen einsetzen.“
Artikel-Informationen
erstellt am:
23.11.2016
Ansprechpartner/in:
Uwe Hildebrandt