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Änderung des Bundesnichtraucherschutzgesetzes - BNichtrSchG

Rede der Niedersächsischen Sozialministerin Dr. Carola Reimann


Sitzung des Bundesrates am 20.09.2019, TOP 75


– Es gilt das gesprochene Wort –


„Das Land Niedersachsen ist der Initiative unseres Nachbarlandes Nordrhein-Westfalen als Mitantragsteller gerne beigetreten. Die Regelung eines Rauchverbotes für Autofahrerinnen und Autofahrer, wenn Minderjährige und Schwangere anwesend sind, ist in meinen Augen längst überfällig.

Bereits im Oktober letzten Jahres waren sich meine Kolleginnen und Kollegen aus den Gesundheitsressorts der Länder einig, dass diese Personengruppe besonders schutzbedürftig ist und vor den Gefahren des Passivrauchens in Kraftfahrzeugen per Gesetz geschützt werden muss.

Wir, die Ländergesundheitsministerinnen und -minister sind uns einig, dass nur durch die Änderung des Bundesnichtraucherschutzgesetzes eine solche Regelung verankert werden kann. In den Nichtraucherschutzgesetzen der Länder macht dies auf keinen Fall Sinn, da es in der Natur der Sache liegt, dass sich Autos über Ländergrenzen hinweg bewegen.

Auf den Beschluss der Konferenz der Gesundheitsministerinnen und -minister ist bisher jedoch keinerlei Bemühung zu erkennen gewesen, eine Gesetzesänderung seitens des Bundes vorzunehmen.

Es ist mir persönlich ein wichtiges Anliegen, dass Kinder und Jugendliche sowie ungeborenes Leben vor den Gefahren des Passivrauchens geschützt werden.

Der Rauch einer Zigarette enthält mehr als 4000 Substanzen, darunter zahlreiche toxische und krebserregende Stoffe. Die Konzentration der Giftstoffe ist im abgegebenen Rauch sogar höher als im aktiv inhalierten. Somit ist Passivrauchen noch gesundheitsschädlicher als aktives Rauchen.

Das Deutsche Krebsforschungszentrum beobachtet in Untersuchungen eine Vielzahl von Krankheiten, die die Betroffenen zum Teil für ihr ganzes Leben beeinträchtigen.

Im Vergleich zu Erwachsenen sind Kinder besonders gefährdet, da sie öfter atmen als Erwachsene und ihr Entgiftungssystem nicht ausgereift ist.

Schädigungen der sich entwickelnden Lunge, Atemwegserkrankungen, beeinträchtigte Lungenfunktion und Mittelohrentzündungen können die Folge sein. Und bei Säuglingen steigt das Risiko des plötzlichen Kindstodes.

Sind Frauen während der Schwangerschaft Tabakrauch ausgesetzt, können Kinder bei der Geburt kleiner sein, einen geringeren Kopfumfang und ein geringeres Körpergewicht aufweisen.

In Deutschland sterben zudem jedes Jahr rund 2150 Menschen an durch Passivrauchen bedingter koronarer Herzkrankheit. Über 770 Nichtrauchende sterben an einem durch Passivrauch bedingten Schlaganfall.

Was das Rauchen in Wohnungen angeht, hat der Staat keine Möglichkeit einzugreifen und Kinder vor Passivrauch zu schützen. Wo der Gesetzgeber jedoch Gestaltungsmöglichkeiten hat, sollte er diese zum Schutz der Minderjährigen und Ungeborenen auch wahrnehmen.

Die Belastung durch Tabakrauch ist im Auto wegen des geringen Raumvolumens besonders hoch. Erschwerend kommt hinzu, dass Kinder nicht die Möglichkeit haben, ein Auto, in dem geraucht wird, ohne weiteres zu verlassen. Zudem sind sie hinsichtlich der Beurteilung der Gefahr der Einschätzung der Erwachsenen ausgeliefert.

Nach einer Veröffentlichung des Deutschen Krebsforschungszentrums Heidelberg von 2008 verbieten Nichtrauchende in der Regel das Rauchen im Auto. Mehr als zwei Drittel der Raucherinnen und Raucher, die mindestens ein Kind haben, verzichten in Deutschland auf das Rauchen im Auto - knapp ein Drittel der Rauchenden mit Kindern tut dies jedoch nicht grundsätzlich. Hochgerechnet auf die Bevölkerung Deutschlands, müssen schätzungsweise rund 800.000 Kinder und Jugendliche im Auto ihrer Eltern passiv rauchen.

Mir ist auch klar, dass nicht jeder Schwangeren angesehen werden kann, dass sie ein ungeborenes Leben in sich trägt. Es geht jedoch darum, Bewusstsein zu schaffen und dies wird durch die Einführung eines gesetzlichen Verbotes und die begleitende öffentliche Diskussion um das Thema erzeugt.

Erfreulicherweise gehen die Zahlen der Raucherinnen und Raucher bundesweit zurück, wie auch eine aktuelle Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZGA) belegt.

Und auch für Niedersachsen kann ich sagen, dass seit Einführung des Niedersächsischen Nichtraucherschutzgesetzes 2007 ein Umdenken in der Bevölkerung insgesamt eingesetzt hat. Die Kritikerinnen und Kritiker sind weitgehend verstummt und die Forderungen nach weiteren Regelungen zum Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens nehmen zu.

Ein Großteil der deutschen Bevölkerung befürwortet es, zum Schutz von Kindern im Auto nicht zu rauchen: 87 Prozent der Bevölkerung in Deutschland stimmen einem Rauchverbot im Pkw in Anwesenheit von Kindern und Jugendlichen zu. Mit 78 Prozent ist auch unter Rauchenden die Zustimmung zu einem solchen Verbot hoch.

Ich wünsche mir, dass durch diese Bundesratsinitiative insgesamt eine weitere Sensibilisierung stattfindet. Raucherinnen und Rauchern sollte klar sein, wie sehr sie Kindern durch den Passivrauch schaden, egal wo sie diesem ausgesetzt sind. Und allein sie sind dafür verantwortlich, denn Kinder können sich diesem häufig nicht entziehen.

Auch der sogenannte „kalte Rauch“, der an Kleidung, im Auto, in Einrichtungsgegenständen etc. haften bleibt, schadet Kindern und insbesondere Kleinstkindern. Unter einer Belastung durch Passivrauch in ihrer Kindheit können Kinder ihr ganzes späteres Leben leiden.

Durch diese Bundesratsinitiative soll das Nichtrauchen im Auto für Autofahrerinnen und Autofahrer so normal sein wie es das Anschnallen ist. Zigaretten haben in einem Auto nichts zu suchen.

In diesem Zusammenhang möchte ich den Bund noch einmal darauf hinweisen, dass der Beschluss der Gesundheitsministerinnen und -minister aus Oktober letzten Jahres ebenfalls beinhaltet, dass die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung durch geeignete Maßnahmen auf eine bessere Aufklärung der Bevölkerung bezüglich dieses Themas hinwirkt. Ich bitte stellvertretend für meine Kolleginnen und Kollegen darum, dass auch diese Forderung umgesetzt wird.

In vielen Staaten wie Österreich, Italien und Frankreich, England, Wales, Schottland, Irland, Griechenland und Zypern gibt es bereits ein Rauchverbot in Autos in unterschiedlicher Gestaltung. Wir sollten schnellstens nachziehen und auch unsere Kinder vor den Gefahren des Passivrauchens in Autos schützen!

Ich würde mich sehr über Ihre Zustimmung zu dieser Bundesratsinitiative freuen!
Vielen Dank.“


Presseinformationen

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erstellt am:
20.09.2019

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