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Rückkehr: Daten, Zahlen, Fakten - 555.000 Rückkehrer in 1999

von Ekkehart Schmidt-Fink


Freiwillige oder durch äußere Umstände erzwungene Rückkehrbewegungen von Arbeitnehmern und ihren Familienangehörigen in die Heimat lässt sich beobachten, seit es eine Arbeitsmigration nach Deutschland gibt. Allein in den 90er-Jahren gab es rund 5 Millionen Rückkehrer. 1999 standen 673.873 Zuzügen von Ausländern nach Deutschland gleichzeitig 555.638 Fortzüge entgegen. Das ergibt für 1999 einen positiven Wanderungssaldo von 118.235 Menschen. Noch in den Jahren 1997 und 1998 waren erstmals seit 1984 negative Wanderungssalden zu verzeichnen.

Betrachtet man für 1998 die RückkehrerInnen aus den Anwerbeländern, so standen 97.466 Bosnien-Herzegowiner an der Spitze der Statistik. Es folgten 47.154 Türken, 45.057 Personen aus "Rest-Jugoslawien", 37.861 Italiener, 22,116 Portugiesen, 20.250 Griechen, 15.722 Kroaten, 8.413 Spanier, 2.800 Marokkaner und 1.580 Tunesier. Bei den weiteren Nationalitäten liegen die Polen an der Spitze mit 60.778, gefolgt von 19.838 Briten, 15.889 US-Amerikanern, 13.488 Rumänen, 12.931 Franzosen, 12.175 Ungarn, 11.035 Russen, 9.862 Irakern, 9.667 Österreichern und 6.716 Vietnamesen.

Rückkehrphasen

Bei den Rückkehrbewegungen lassen sich vier deutlich abgegrenzte Phasen unterscheiden: 1953-1967, 1968 - 1975, 1976 - 1988 und 1989 bis heute. In den Anwerbejahren von 1953 bis 1967 stieg die jährliche Rückkehrerzahl von wenigen Tausend kontinuierlich bis 500.000 in den Jahren der Wirtschaftskrise 1966/67, als viele ausländische ArbeitnehmerInnen entlassen wurden und nach einem oft nur kurzen Deutschlandaufenthalt zu ihrer Familie in die Heimat zurückkehrten. In der zweiten Phase zwischen den Rezessionen von 1967 und 1975 (Ölkrise) stieg die jährliche Rückkehrerzahl von 300.000 gleichmäßig bis auf 600.000 im Höhepunkt der Ölkrise 1975. In der dritten Phase sank die jährliche Zahl der Rückkehrer von 500.000 (1977) auf 350.000 (1979), um anschließend langsam wieder bis auf 400.000 im Jahr 1983 zu steigen. Unter diesen Menschen finden sich auch viele in Deutschland geborene oder aufgewachsene Migrantenkinder, die ihre (Grund-)Schulzeit in der Heimat verbrachten, ehe sie nach Deutschland zurückkehrten, weil sich der Aufenthalt der Eltern doch verfestigte hatte.

Das Jahr 1984 fällt dann mit einem singulären Rückkehrschub von rund 550.000 Personen, darunter allein 210.000 Türken, von denen die meisten in wenigen Monaten zurückkehrten, aus der Reihe. Das Rückkehrhilfegesetz von 1983 (RückHG) gewährte rückkehrenden ArbeitnehmerInnen die Möglichkeit der einmaligen Auszahlung ihrer eingezahlten Sozialversicherungsbeiträge, verbunden mit der Maßgabe, definitiv zurückzukehren. Viele dieser Rückkehrer bereuten ihre – durch diese Möglichkeit kurzfristig gefällte – Entscheidung später, als sich oftmals die Reintegration als schwierig erwies. Parallel zu dieser Maßnahme wurde in §7 RückHG ein bis heute gültiger Beratungsanspruch für rückkehrinteressierte Menschen normiert und das Netz der "Rückkehrberatung" aufgebaut. Berater der Arbeitsämter, der Arbeiterwohlfahrt, Caritas oder Diakonie berieten AusländerInnen in allen sozialen und rechtlichen Fragen einer Rückkehr. Ziel war und ist das Angebot einer Hilfe zur Selbsthilfe. In den anschließenden Jahren bis 1988 betrug die Rückkehrerzahl nur noch rund 350.000 pro Jahr. Zunehmend finden sich darunter auch Studenten sowie AsylbewerberInnen, deren Asylantrag abgelehnt worden ist.

Seit 1989 haben sich die Rahmenbedingungen der Migration (insbesondere durch die Erweiterung des EU-/EWR-Raumes, die Öffnung Osteuropas, die deutsche Einheit, die Auswirkungen des Bürgerkriegs im ehemaligen Jugoslawien sowie durch die allgemeine wirtschaftliche und arbeitsmarktliche Situation sowohl in Deutschland als auch in den Heimatländern) für die Rückkehrwilligen und damit für die Beratung rückkehrorientierter Migranten wesentlich geändert. Ihre jährliche Zahl stieg kontinuierlich auf rund 710.000 im Jahre 1993 und schwankt seitdem zwischen jährlich 550.000 und 650.000 Rückkehrern. Hinter diesen hohen Zahlen verbergen sich viele rückkehrende Bürgerkriegsflüchtlinge aus den Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawien, aber auch viele WerkvertragsarbeitnehmerInnen aus Osteuropa sowie UnionsbürgerInnen, die für einen kürzeren Arbeitsaufenthalt nach Deutschland gekommen waren. So ist beispielsweise die Zahl der portugiesischen Rückkehrer bis Anfang der 90er Jahre auf rund 6.000 gesunken, seit der Freizügigkeit im EU-Binnenmarkt jedoch wieder auf heute jährlich zwischen 20.000 und 30.000 gestiegen. Hierbei handelt es sich vor allem um Bauarbeiter, die für eine oft nur mehrmonatige Beschäftigung nach Deutschland kommen.

Schließlich seien auch die vielen hunderttausend deutschstämmigen Aussiedler erwähnt, die vor allem in den 90er Jahren nach Deutschland kamen. Sie sind Rückkehrer der besonderen Art, handelt es sich doch fast ausschließlich um die Nachkommen deutscher Auswanderer der vergangenen Jahrhunderte.

Reform des Beratungsangebotes

Die Form des bisherigen Beratungsangebotes trug diesen Entwicklungen nicht mehr Rechnung. Daher war es erforderlich, die Konzeption des gesetzlichen Beratungsauftrages anzupassen und unter Berücksichtigung neuer Beratungsstrukturen für Existenzgründer sowohl Deutschlands als auch in den Heimatländern inhaltlich und strukturell neu zu organisieren. Mit Teilaufgaben dieser Reorganisation, insbesondere der Erstellung einer im Internet abrufbaren Informationsdatenbank "Mobilität und Integration" (www.isoplan.de/mi), wurde das Isoplan-Institut beauftragt. Die Datenbank ersetzte das von 1984 bis 1997 jährlich aktualisierte Handbuch "Der Rückkehrberater".

Für zahlreiche Rückkehrer, insbesondere wenn sie lange in Deutschland gelebt haben, ist der Entschluss zur Rückkehr mit einer Reihe von Problemen verbunden, deren Ausmaß oft unterschätzt wird. Es handelt sich neben Problemen praktischer Natur (Welche Formalitäten sind zu beachten?) vor allem um Unsicherheiten und Fragen zur beruflichen und sozialen Wiedereingliederung im Heimatland. Da oft grundlegende Informationen über Berufe, Arbeitsmarkt und ökonomische Situation im Heimatland fehlen, sind potentielle Rückkehrer nicht immer in der Lage, rechtzeitig die notwendigen Entscheidungen für die weitere Lebensplanung für sich und ihre Familienangehörigen zu bedenken. Ähnlich wie beim Integrationsprozess im Aufnahmeland stehen Rückwanderer vor dem Problem, sich erneut an fremde Strukturen, Verhaltensmuster und Wertsysteme anpassen zu müssen. Dies gilt insbesondere für die zweite Ausländergeneration, die weitgehend in Deutschland integriert ist.

In dieser Hinsicht hat das Informationsangebot der Mobilitätsberatung mit der Datenbank, zweisprachigen Broschüren zu Themen wie "Existenzgründung" oder "Soziale Sicherheit" sowie einem Informationsbrief für Berater zum Ziel, insbesondere die Arbeits- und BerufsberaterInnen der Bundesanstalt für Arbeit (BA) so zu informieren, dass sie ratsuchende MigrantInnen ihren speziellen Anliegen entsprechend umfassend beraten können, damit diese in die Lage versetzt werden, aus eigener Erkenntnis und in eigener Verantwortung eine Entscheidung darüber zu treffen, in welcher Form sie ihre häufig noch unsicheren Rückkehrpläne ("Mythos Rückkehr") realisieren oder nicht. Für Niedersachsen zuständig ist hierbei das Arbeitsamt Hamburg.

Begleitend hierzu gibt es einige finanzielle Fördermöglichkeiten der Zentralstelle für Arbeitsvermittlung (ZAV) und der Deutschen Entwicklungsgesellschaft (DEG) sowie diverse Ausbildungsangebote vor allem in der Türkei. Interessant für Existenzgründer ist auch die Beratung durch die Koordinierungsstelle für berufliche Mobilität und Integration im Ausland (KMI). Das Informationsangebot konzentriert sich hierbei zunächst auf potentielle Rückkehrer aus den ehemaligen Anwerbeländern Türkei, Bosnien-Herzegowina, Kroatien und Slowenien, während die Angehörigen aus ehemaligen Anwerbeländern, die heute zu den EU-/EWR-Ländern gehören, im Rahmen des europaweiten (EU und Norwegen) Beratungsnetzwerkes EURES erfaßt und beraten werden.

Dipl.-Volkswirt Ekkehart Schmidt-Fink, Isoplan-Institut, Ottweiler

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