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Welchen Einfluss hat die Landesregierung auf die Arbeit der Beratungsstelle gegen neosalafistische Radikalisierung?

Niedersachsens Sozialministerin Cornelia Rundt hat namens der Landesregierung auf eine Mündliche Anfrage der Abgeordneten Petra Joumaah, Dr. Max Matthiesen, Burkhard Jasper, Volker Meyer, Gudrun Pieper und Annette Schwarz (CDU) geantwortet.


Die Abgeordneten Petra Joumaah, Dr. Max Matthiesen, Burkhard Jasper, Volker Meyer, Gudrun Pieper und Annette Schwarz (CDU) hatten gefragt:

In einer Pressemitteilung vom 10. Dezember 2014 erklärt Sozialministerin Cornelia Rundt, dass der Trägerverein der künftigen Präventionsstelle gegen neosalafistische Radikalisierung mit dem Namen „beRATen“ unter enger Beteiligung der islamischen Verbände DITIB und SCHURA gegründet wurde. Die künftige Präventionsstelle solle in freier Trägerschaft betrieben werden, um eventuelle Adressaten nicht abzuschrecken.

Die Vorsitzenden von DITIB und SCHURA werden in der Pressemitteilung u. a. mit den Worten zitiert: „Keiner, der wegen der Radikalisierung eines Angehörigen beunruhigt ist, muss mehr Angst haben, dass er diesen an den Verfassungsschutz ausliefert.“ Und: „Die Vorgängerregierung hat viel Porzellan zerschlagen, das wir nun wieder aufkehren müssen. Es ist gut, dass die Präventionsarbeit jetzt beim Sozialministerium angesiedelt ist.“

Bis zum Aufbau einer Geschäftsstelle werde die Beratungsarbeit von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge geleistet, die den Kontakt zu Beraterinnen und Beratern - für Niedersachsen künftig auch zu „beRATen“ - herstellen.

Wir fragen die Landesregierung:

  1. Welche Personen sind namentlich Gründungsmitglieder des Trägervereins, welche Personen bilden den Vorstand, und welchen Organisationen gehören sie an?
  2. Will die Landesregierung, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge bzw. die künftige Beratungsstelle Informationen, die sie von besorgten Angehörigen, Freunden oder Bekannten einer möglicherweise von islamistischer bzw. neosalafistischer Radikalisierung betroffenen Person erhalten haben, nicht an den polizeilichen Staatsschutz oder den Verfassungsschutz weitergeben?
  3. Was passiert, wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge bzw. die künftige Beratungsstelle von besorgten Angehörigen, Freunden oder Bekannten einer möglicherweise von islamistischer bzw. neosalafistischer Radikalisierung betroffenen Person Informationen erhalten, die begründeten Anlass zur Sorge geben, dass die Ausreise dieser Person zum Zweck der Kampfausbildung in einem dschihadistischen Terrorcamp unmittelbar bevorsteht?

Ministerin Cornelia Rundt beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung:

Unter Federführung des Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung wird zurzeit in Niedersachsen eine Beratungsstelle zur Prävention neo-salafistischer Radikalisierung eingerichtet. Dieses Beratungsangebot wird unter Berücksichtigung sozial-pädagogischer bzw. religions-psychologischer Aspekte Wege für die Abwendung von gewaltbezogener und extremistischer Ideologie und eine Reintegration in die Gesellschaft aufzeigen. Dort werden Betroffene sowie insbesondere Familienangehörige, Freunde und Bekannte aus dem privaten, schulischen und beruflichen Umfeld von Radikalisierung betroffener junger Menschen Beratung und Unterstützung finden. Dieses Angebot wird durch aufsuchende Sozial- und Beratungsarbeit geprägt sein.

Träger dieser Beratungsstelle ist der „Verein für jugend- und familienpädagogische Beratung Niedersachen – beRATen e.V.“. Der Verein wurde am 10.12.2014 gegründet und ist bereits in das Vereinsregister eingetragen. Auf die Gründung eines unabhängigen Trägervereins hatte sich die Landesregierung mit den islamischen Verbänden DITIB und SCHURA verständigt, da eine staatliche Behörde – insbesondere solche mit Sicherheitsaufgaben - als Träger des Beratungsangebotes unter Berücksichtigung der Erfahrungen in anderen Bundesländern nicht in Frage kam. Eine erfolgreiche Implementierung einer Beratungsstelle ist nur dann möglich, wenn der Träger bei allen relevanten Gruppen auf Akzeptanz stößt und Ziele und Methoden der Präventionsarbeit gemeinsam getragen und in der Praxis verantwortet werden.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:

Die Gründungsmitglieder des Trägervereins wurden in der Pressemitteilung des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung vom 10.12.2014, auf die in der Mündlichen Anfrage Bezug genommen wird, bereits genannt. Neben der Islamischen Religionsgemeinschaft DITIB Niedersachsen und Bremen e.V. sowie SCHURA Niedersachsen – Landesverband der Muslime in Niedersachsen e.V. sind dies die Universität Osnabrück, das Land Niedersachsen, der Landesjugendring Niedersachsen, der Niedersächsische Städtetag sowie Herr Marks vom Landespräventionsrat und Herr Dr. Marcus aus dem Bereich der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege.

Auf der Gründungsversammlung des Trägervereins wurde Frau Emine Oǧuz (DITIB) zur Vorsitzenden sowie Herr Hakan Kökçü (SCHURA) zum Stellvertretenden Vorsitzenden gewählt. Darüber hinaus gehört noch ein Vertreter des Nds .Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung dem Vorstand an.

Zu 2. und 3.:

Im Rahmen der Beratung werden neben dem Aufbau lokaler Vernetzungsstrukturen insbesondere Beteiligungsstrategien entwickelt, um die betroffenen jungen Menschen in ihrem sozialen Umfeld zu stärken. Dazu werden hilfreiche Ressourcen im sozialräumlichen Umfeld nutzbar gemacht und ausgebaut. Die Beratungskräfte beziehen dabei auf Grundlage einer wertschätzenden Haltung gegenüber allen am Beratungsprozess Beteiligten alle Parteien, die zum Gelingen der Beratung beitragen können, gleichberechtigt in den Beratungsprozess ein. Die Namen von Betroffenen und die Inhalte von Beratungsgesprächen sind mit Vertraulichkeit zu behandeln. Bei dem Vorliegen von neo-salafistisch motivierten Gefahrenlagen werden die Erkenntnisse unter Einbeziehung der die Beratung aufsuchenden Menschen an die zuständigen Sicherheitsbehörden weitergegeben.

Soweit Anhaltspunkte für eine bevorstehende bzw. begangene neo-salafistisch motivierte Straftat mit terroristischem Hintergrund vorliegen, sind die zuständigen Sicherheitsbehörden zu informieren. Dies gilt besonders bei Gefahren für Leib und Leben der Betroffenen und der Menschen in deren Umfeld.

Presseinformationen Bildrechte: Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

erstellt am:
20.02.2015

Ansprechpartner/in:
Uwe Hildebrandt

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