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Rede der Niedersächsischen Sozialministerin Cornelia Rundt: „Die Landesregierung soll ihre Überlegungen zur Residenzpflicht für Asylbewerber konkretisieren!“

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 22.01.2016, TOP 35


- Es gilt das gesprochene Wort -

„Lassen Sie mich zu diesem Thema zunächst einige Dinge ausführen, damit klar wird, worüber wir bei dem Thema „Residenzpflicht“ reden und worüber nicht. Eine Residenzpflicht im rechtlichen Sinne gibt es nämlich nicht. Das Asyl- und Aufenthaltsrecht unterscheidet zwischen - erstens - der räumlichen Beschränkung des Aufenthalts und – zweitens – der Verpflichtung, seinen Wohnsitz in einem bestimmten örtlichen Bereich zu nehmen, also der sog. Wohnsitzauflage.

Zum ersten Punkt: Die räumliche Aufenthaltsbeschränkung verbietet es Asylbewerberinnen und -bewerbern, einen bestimmten räumlichen Bereich wie eine Stadt, einen Landkreis oder ein Bundesland auch nur vorübergehend zu verlassen. Eine Zuwiderhandlung stellt eine Ordnungswidrigkeit, im Wiederholungsfall sogar eine Straftat dar. Die Koalition hat sich in ihrer Koalitionsvereinbarung dafür ausgesprochen, sich auf Bundesebene für die Aufhebung dieser Regelung einzusetzen. Dabei sind wir mit dem bundesweiten Asylkompromiss von 2014 ein großes Stück vorangekommen. Mit dem sogenannten „Rechtsstellungsverbesserungsgesetz“ wurde die Räumliche Aufenthaltsbeschränkung nach dreimonatigem Aufenthalt weitgehend faktisch abgeschafft. Dies war schon damals eine wichtige Forderung der Landesregierung, und dazu stehen wir auch heute!

Der zweite Punkt, also die Wohnsitzauflage, ist davon zu unterscheiden. Danach sind Asylsuchende verpflichtet, ihren Wohnsitz nach Entlassung aus der Erstaufnahmeeinrichtung in der ihnen zugewiesenen Kommune zu nehmen. Nach geltendem Recht unterliegen Asylsuchende dieser Wohnsitzverpflichtung, soweit sie ihren Lebensunterhalt nicht selbst verdienen.

Grundsätzlich kann es auch sinnvoll sein, Flüchtlinge nicht nur während ihres Asylverfahrens, sondern auch nach dessen erfolgreichem Abschluss Vorgaben hinsichtlich ihres Wohnortes zu machen. Grund dafür könnte vor allem auch die folgende vom Ministerpräsidenten angesprochene Problematik sein: Ballungsräume haben für viele Flüchtlinge erkennbar eine hohe Attraktivität. Diese Ballungsräume weisen heute schon in vielen Fällen einen angespannten Wohnungsmarkt auf, auch die Aufnahmesysteme dort stehen erkennbar unter besonderem Druck. Zumindest sollte es hier nicht schon im Vorfeld irgendwelche Tabus für die Diskussion geben, denn diese Entwicklung ist doch unübersehbar.

Die Diskussion über die konkrete Ausgestaltung einer möglichen Wohnsitzauflage steht innerhalb der Landesregierung jedenfalls noch am Anfang. Die Landesregierung ist wie immer selbstverständlich bereit, ihre Position zu gegebener Zeit dem Landtag darzulegen. Im Übrigen hat auch die Bundesregierung angekündigt, sich mit dem Thema Wohnsitzzuweisung für anerkannte Flüchtlinge näher zu befassen. Auch diese Entwicklungen sollten wir bei der weiteren Diskussion berücksichtigen.

Lassen Sie mich abschließend auf die Forderung der CDU eingehen, die Landesregierung möge sicherstellen, dass Asylbegehrende die Aufnahmeeinrichtungen nicht verlassen und andernorts Asyl beantragen. Ich kann und möchte mir gar nicht vorstellen, wie wir Menschen, die keinem Hausarrest unterliegen, wirksam daran hindern sollten, sich auch einmal außerhalb der Einrichtung zu bewegen. Auch kann niemand verhindern, dass sie woanders einen weiteren - rechtlich natürlich unbeachtlichen - Asylantrag stellen. Die eingangs genannten Instrumente sind hierfür übrigens auch nicht geeignet. Der Deutsche Bundestag hat in der vergangenen Woche den Gesetzentwurf zur schnelleren Registrierung von Asyl- und Schutzsuchenden sowie unerlaubt Eingereisten beschlossen. Die Regelung sieht unter anderem vor, dass Asylsuchende künftig eine mit fälschungssicheren Elementen ausgestaltete Bescheinigung erhalten, den sogenannten Ankunftsnachweis. Nach seiner flächendeckenden Einführung soll er grundsätzlich Voraussetzung sein für die Gewährung von Leistungen und die Stellung eines Asylantrages. Dies ist auch aus Sicht der Landesregierung eine zielführende Regelung, die rechtsstaatliche Grundsätze berücksichtigt. Vielen Dank!“

Presseinformationen Bildrechte: Land Niedersachsen

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erstellt am:
22.01.2016

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