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Niedersachsens Sozialministerin Cornelia Rundt setzt sich im Bundesrat für Prostituiertenschutzgesetz ein - und stärkt Bundesministerin Schwesig damit den Rücken

Rundt: „Ein großer Wirtschaftszweig wie das Prostitutionsgewerbe darf nicht unreguliert bleiben, es geht um die Bekämpfung von Ausbeutung und Menschenhandel"


Niedersachsens Sozialministerin Cornelia Rundt setzt sich heute im Bundesrat für eine schnelle Verabschiedung des Prostituiertenschutzgesetzes ein - und damit gegen neue Verhandlungen und die Anrufung des Vermittlungsausschusses. „Niedersachsen - und ich glaube, hier kann ich auch für die anderen Bundesländer sprechen - will eine Regulierung des Prostitutionsgewerbes. Das neue Prostituiertenschutzgesetz ist ein wichtiger und notwendiger Schritt zur Verbesserung der Situation von Prostituierten." Mit diesen Worten stärkt Rundt Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig den Rücken, die den Kompromiss mit dem Koalitionspartner im Bund erzielt und ihr Gesetz nun noch vor der Bundestagswahl durch den Bundestag bringen will. Rundt stellt klar: „Mir ist es wichtig, dass das Gesetz, auf das wir zur Verbesserung der Situation und der Arbeitsbedingungen der Prostituierten schon lange warten, zustande kommt. Mir ist auch wichtig, dass das Gesetz Wirkung zeigt. Und da sind die Länder gefragt, die das Gesetz umzusetzen haben.“

In der aktuellen, auch im Bundesrat geführten politischen Debatte geht es um die Frage, wie starke Überprüfungspflichten Prostituierten zugemutet werden sollten. Würde jetzt mit Neuverhandlungen zu dem Gesetz begonnen, so würde dieser nach Einschätzung der Landesregierung mit großer Wahrscheinlichkeit nicht vor der nächsten Bundestagswahl verabschiedet werden können - und würde somit der Diskontinuität anheimfallen, das Gesetzgebungsverfahren wäre gescheitert. Rundt verfolgte die Debatte heute im Bundesrat in Berlin, gab ihre Rede aufgrund der langen Tagesordnung zu Protokoll.

„Ich bin davon überzeugt, dass es Prostitution gibt, die Männer und Frauen aus freien Stücken ausüben, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Selbstbestimmt, wie es in einer Berufsausübung möglich ist“, erklärt Niedersachsens Sozialministerin Cornelia Rundt: „Aber es gibt in vielen Fällen auch Prostitution, die aus der Not heraus ausgeübt wird. Etwa Armutsprostitution und Beschaffungsprostitution. Frauen und auch Männer, deren Not ausgenutzt wird, die getäuscht werden und zur Prostitution gezwungen oder gegen ihren Willen in der Prostitution gehalten werden. Not, die genutzt wird, erhebliche Gewinne auf Kosten dieser Menschen zu erzielen. Menschen, die sexuell ausgebeutet werden. Diese Menschen brauchen gesellschaftlichen und staatlichen Schutz und Unterstützung. Einigkeit besteht, dass Zwangsprostitution, organisierte Kriminalität, Rockerbanden und kriminelle Vereinigungen, die bei Menschenhandel und Abzocke geholfen haben, bekämpft werden müssen und zwar konsequent und effektiv. Wir brauchen für die Prostitutionsausübung Regeln und Regelungen etwa zum Arbeitsschutz und zu den Arbeitsbedingungen, wie in jedem anderen Beruf oder anderem Gewerbe auch! Ein großer Wirtschaftszweig und ein Gewerbe mit erheblichen Umsätzen und Gewinnen darf auf Dauer nicht unreguliert und unkontrolliert bleiben."

Das Prostitutionsgesetz aus dem Jahr 2002 erklärt Rundt für gescheitert. Wegen fehlender Folgebestimmungen zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sei den Prostituierten nicht wirklich geholfen worden - vielmehr seien kriminelle Strukturen verfestigt worden, die es organisierter Kriminalität und etwa Rockerbanden ermöglicht hätten, die Frauen noch mehr auszubeuten. Es sei schon schlimm genug, dass es mehr als ein Jahrzehnt gedauert habe, bis ein Gesetz zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes zur Abstimmung stehe - das dürfe nun nicht auch wieder scheitern. Rundt: „Eine ausgewogene Ausgestaltung des Gesetzes zwischen Stärkung des Selbstbestimmungsrechts und Regelungen zum Schutz der Prostituierten stellt in diesem Kontext in der Tat eine große Herausforderung dar. Gleichwohl ist es gelungen, ein Gesetz auf den Weg zu bringen, das diesen Ansprüchen gerecht werden will.“ Auch sie sei nicht mit allen Regelungen einverstanden, aber: „Lieber eine Verbesserung des Schutzes der Prostituierten mit diskussionswürdigen Aspekten als gar keine Verbesserung der gegenwärtigen Situation, die durch Ausbeutung und Menschenhandel geprägt ist.“

Wegen der Komplexität der Regelungen und den Vorgaben an Prostituierte und Betreiber werden die Länder und Kommunen bei der Umsetzung des Gesetzes vor große Herausforderungen gestellt. Es bedarf nicht nur landeseinheitlicher Regelungen zur Ausführung des Gesetzes, sondern es sind - wenn es etwas um die Kontrolle des Gewerbes oder die regelmäßigen Gesundheitsberatung bei Prostituierten geht - neue oder ergänzende Verwaltungsstrukturen in den Ländern und Kommunen aufzubauen und qualifiziertes Personal einzustellen und zu schulen. Die Bundesländer fordern deshalb eine Verschiebung des Inkrafttretens um ein halbes Jahr. Die Bundesregierung hat die Interessen der Länder in diesen Fragen indes nicht ausreichend berücksichtigt. „Trotzdem wird Niedersachsen nicht für die Anrufung des Vermittlungsausschusses stimmen“, so Cornelia Rundt: „Ich halte die Gefahr für zu groß, dass dann dieses notwendige Gesetz in dieser Legislaturperiode nicht mehr zustande kommt. Wenn wir die inhaltliche Diskussion wieder eröffnen, werden wir uns möglicherweise mit den beiden Regierungsfraktionen im Bundestag und der Bundesregierung im Vermittlungsverfahren nicht rechtzeitig auf eine Version einigen können. Und den Schaden, den ein Scheitern des Gesetzes wegen des Ablaufs der Legislaturperiode verursachen würde, halte ich für deutlich größer als mögliche Unvollkommenheiten und Reibungsverluste bei einer zügigen Umsetzung.“

Presseinformationen Bildrechte: Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

erstellt am:
23.09.2016

Ansprechpartner/in:
Uwe Hildebrandt

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