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Mündliche Anfrage: Pflegeeltern

Antwort der Landesregierung auf die Mündliche Anfrage


Niedersachsens Sozialministerin Cornelia Rundt hat namens der Landesregierung auf eine Mündliche Anfrage der Abgeordneten Sylvia Bruns, Almuth von Below-Neufeldt, Björn Försterling, Christian Dürr und Jan-Christoph Oetjen (FDP) geantwortet.

Die Abgeordneten Sylvia Bruns, Almuth von Below-Neufeldt, Björn Försterling, Christian Dürr und Jan-Christoph Oetjen (FDP) hatten gefragt:

In Niedersachsen lebten am Stichtag 31. Dezember 2012 fast 7 000 Kinder und Jugendliche in Pflegefamilien. Die Pflegeeltern widmen ihnen viel Zeit, Zuneigung, Fürsorge und nehmen oft genug auch große Anstrengungen auf sich, um einem jungen Menschen ein Zuhause zu bieten.

Die Kinder und Jugendlichen, die Tag und Nacht betreut und versorgt werden, sollen ein hohes Maß an Geduld und Liebe bekommen. Denn auch sie müssen viel leisten. Oft genug müssen sie schwierige Erfahrungen aus ihren Herkunftsfamilien verarbeiten, sie müssen sich in neue Beziehungen und neue Lebensumstände eingewöhnen und sie müssen lernen, Vertrauen zu fassen und sich in dieser Welt zurechtzufinden.

Dieses kann prinzipiell in einem familiären Umfeld besser gelingen als in einer Institution. Zudem ist eine Pflegefamilie aus Sicht der Behörden vielfach schon alleine deshalb erstrebenswert, weil sie günstiger ist als ein Platz im Heim. Darüber hinaus existieren Studien, die nahelegen, dass, insbesondere bei sehr jungen Kindern, die generelle Entwicklung von einem Aufenthalt in einer Pflegefamilie profitiert. Beispielhaft sei hier auf „The Science of Neglect: The Persistant Absence of Responsive Care Disrupts the Developing Brain - Working Paper 12“ des Center on the Developing Child der Harvard University verwiesen, in dem u. a. (negative) Veränderungen der elektrischen Gehirnaktivitäten oder das Risiko einer Schwächung des Immunsystems thematisiert wird.

Wir fragen die Landesregierung:

  1. Welche Kriterien für die Eignung müssen zukünftige Pflegeeltern erfüllen, und woraus leiten sich die Kriterien ab?

  2. Wie viele Pflegekinder sind derzeit (jeweils) in Regenbogenfamilien und in Familien mit Migrationshintergrund untergebracht (bitte in absoluten und prozentualen Zahlen)?

  3. Trifft es zu, dass ein Teil des Kindergeldes nicht an die Kinder bzw. Pflegefamilien ausgezahlt wird und, wenn ja, wie hoch ist dieser Teil, und mit welcher Begründung wird er nicht ausgezahlt?

Ministerin Cornelia Rundt beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung:

Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege soll gemäß § 33 Sozialgesetzbuch - Achtes Buch (SGB VIII) - entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen und seinen persönlichen Bindungen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie - Kindern und Jugendlichen in einer anderen Familie eine zeitlich befristete Erziehungshilfe oder eine auf Dauer angelegte Lebensform bieten.

Die Entscheidung, ein Pflegekind für einen begrenzten Zeitraum oder auf Dauer aufzunehmen und damit einem Kind Geborgenheit, Zuneigung und Hilfestellung zu geben, hat weitreichende Konsequenzen für alle Mitglieder einer Pflegefamilie. Die Vollzeitpflege und damit die mögliche Begleitung des Heranwachsens eines Kindes ist eine besondere Herausforderung. Die Grundlage zur Annahme eines Pflegekindes bilden langfristige Überlegungen der Pflegeeltern.

Die Jugendämter begleiten und unterstützen die Pflegeeltern in ihrem Engagement. Es ist für sie eine besonders verantwortungsvolle Aufgabe, für ein zu vermittelndes Pflegekind eine geeignete Pflegefamilie zu suchen.

Bei der Vermittlung des Kindes kommt es maßgeblich darauf an, eine jeweils im Einzelfall geeignete Pflegefamilie zu finden. Hierbei müssen die Jugendämter die Besonderheiten und die Lebensgeschichte des Kindes ebenso wie die der Herkunftsfamilie sowie die Möglichkeiten und Grenzen der Pflegeelternbewerber berücksichtigen.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:

Die örtlich zuständigen Jugendämter nehmen die Werbung, Auswahl, Eignungsprüfung und Begleitung der Pflegepersonen im eigenen Wirkungskreis wahr.

Sie sind fortlaufend bestrebt, Pflegeeltern, insbesondere mit sozialpädagogischer
oder sonderpädagogischer Qualifikation, zu gewinnen.

Das Land Niedersachsen unterstützt die kommunale Jugendhilfe bei dieser anspruchsvollen Aufgabe. Gemeinsam mit der Arbeitsgemeinschaft der Jugendämter der Länder Niedersachsen und Bremen (AGJÄ) wurde 2003 die Untersuchung „Strukturen der Vollzeitpflege in Niedersachsen“ erarbeitet, deren Erkenntnisse die Basis für die „Anregungen und Empfehlungen für die niedersächsischen Jugendämter – Weiterentwicklung der Vollzeitpflege“ bildeten, die in erster Auflage im November 2008 erschienen sind. Die zweite überarbeitete Auflage wurde im Jahr 2013 veröffentlicht.

Zu 2.:

Daten hierzu werden von den bundesgesetzlichen Statistikpflichten nicht erfasst. Eine Abfrage bei den niedersächsischen Kommunen war in der Kürze der Zeit nicht möglich.

Um die tatsächliche Situation von Pflegekindern und Pflegefamilien mit Zuwanderungsbiografie in Niedersachsen zu ermitteln und qualitativ aufzubereiten, fördert das MS das Forschungsprojekt „Pflegekinder und Pflegefamilien mit Migrationshintergrund“, das die Universität Hildesheim derzeit durchführt. Mit dem Abschlussbericht des Projektes ist im Frühjahr 2015 zu rechnen.

Zu 3.:

Für Pflegekinder besteht ein Anspruch auf Kindergeld, das grundsätzlich den Eltern zusteht. Der Kindergeldanspruch kann auf die Pflegeeltern übergehen, wenn das Kind auf längere Dauer in den Haushalt der Pflegeeltern aufgenommen wurde und kein Obhuts- und Pflegeverhältnis mehr zu den leiblichen Eltern besteht.

Das Jugendamt rechnet in diesen Fällen einen Teil des Kindergeldes auf das Pflegegeld an. Diese Möglichkeit der Anrechnung geht darauf zurück, dass sowohl ein Teil des Kinder- als auch des Pflegegeldes dazu dienen, den materiellen Aufwand des Kindes zu decken. Bei ungekürztem Kindergeld würde somit der materielle Aufwand des Kindes doppelt finanziert werden.

Die Anrechnung des Kindergeldes ist in § 39 Abs. 6 SGB VIII wie folgt geregelt:

„Wird das Kind oder der Jugendliche im Rahmen des Familienleistungsausgleichs nach § 31 des Einkommensteuergesetzes bei der Pflegeperson berücksichtigt, so ist ein Betrag in Höhe der Hälfte des Betrages, der nach § 66 des Einkommensteuergesetzes für ein erstes Kind zu zahlen ist, auf die laufenden Leistungen anzurechnen. Ist das Kind oder der Jugendliche nicht das älteste Kind in der Pflegefamilie, so ermäßigt sich der Anrechnungsbetrag für dieses Kind oder diesen Jugendlichen auf ein Viertel des Betrages, der für ein erstes Kind zu zahlen ist.“

Presseinformationen Bildrechte: Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

erstellt am:
20.02.2015

Ansprechpartner/in:
Uwe Hildebrandt

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