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Mündliche Anfrage: Keiner darf verloren gehen - Produktionsschulen als Beitrag zur Bekämpfung von Jugendarbeitslosigkeit in Niedersachsen

Antwort der Landesregierung auf die Mündliche Anfrage


Niedersachsens Sozialministerin Cornelia Rundt hat namens der Landesregierung auf eine Mündliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriele Andretta (SPD) geantwortet.

Die Abgeordnete Dr. Gabriele Andretta (SPD) hatte gefragt:

Niedersächsische Jugendwerkstätten leisten einen Beitrag zur Bekämpfung von Jugendarbeitslosigkeit. Sie zeichnen sich durch ein betriebsnahes Konzept aus und bereiten Jugendliche auf eine Berufsausbildung oder eine berufliche Tätigkeit vor. Einige Jugendwerkstätten in Niedersachsen arbeiten nach dem Produktionsschulkonzept und bezeichnen sich daher als Produktionsschule. Die Verknüpfung der Lernprozesse über die Produktionsprozesse bzw. Dienstleistungserstellung in betriebsähnlichen Strukturen ermöglicht die Vermittlung grundlegender beruflicher Fertigkeiten, Kenntnisse, Fähigkeiten und Verhaltensweisen, die als fachliche und soziale Kompetenzen für die Aufnahme einer Berufsausbildung oder Erwerbstätigkeit notwendig sind. Gleichzeitig kann der Hauptschulabschluss nachträglich erworben werden.

Auch in Göttingen wurde 2007 eine Produktionsschule errichtet, die erfolgreich arbeitet. Ihr gelingt es, Schulverweigerer durch Handlungsorientierung zu einem Schulabschluss zu führen und die Schulabbrecherquote in Göttingen weiter zu reduzieren. Allerdings sind die Schulplätze an der Produktionsschule begrenzt, der Bedarf wird höher eingeschätzt.

Die Stadt Göttingen verfolgt das Ziel, dass alle Schülerinnen und Schüler einen Abschluss erwerben und der Übergang in eine Ausbildung erleichtert wird. Um dieses Ziel zu erreichen, wird die Einrichtung einer weiteren Produktionsschule dort als sinnvoll erachtet.

Ich frage die Landesregierung:

  1. Wie bewertet sie die Arbeit der Produktionsschulen in Niedersachsen im Hinblick auf das Ziel, die Schulabbrecherquote zu senken, die Ausbildungsfähigkeit zu verbessern und die Jugendarbeitslosigkeit zu bekämpfen?
  2. Mit Landesmitteln in welcher Höhe werden bestehende Produktionsschulen in Niedersachsen unterstützt?
  3. Welche Fördermöglichkeiten und -programme des Landes, Bundes und Europas stehen zur Errichtung weiterer Produktionsschulen, auch in Göttingen, zur Verfügung?

Ministerin Cornelia Rundt beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung:

Die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit hat für die Landesregierung einen hohen Stellenwert. Zur Förderung sozial benachteiligter oder individuell beeinträchtigter junger Menschen im Übergang von der Schule in den Beruf wurden in der Förderperiode des Europäischen Sozialfonds (ESF) 2007 – 2013 erhebliche ESF- und Landesmittel für die Förderung von Jugendwerkstätten bereitgestellt. Jugendwerkstätten sind Einrichtungen der Jugendhilfe und richten sich an arbeitslose junge Menschen mit sogenannten Eingliederungshemmnissen und besonderem sozialpädagogischen Unterstützungsbedarf, die ohne Unterstützung aufgrund multipler Problemlagen nicht in der Lage wären, eine Ausbildung zu beginnen. Die Einrichtungen bieten gezielte Unterstützungsleistungen für eine Zielgruppe, die sonst unversorgt bliebe und dauerhaft auf den Bezug von Transferleistungen angewiesen wäre.

In Niedersachsen werden 97 Jugendwerkstätten mit ESF- und Landesmitteln gefördert. Jährlich werden dort rund 3.600 arbeitssuchende junge Menschen beruflich und schulisch qualifiziert sowie persönlich stabilisiert.

In Abgrenzung zu vielen Produktionsschulen richten sich die Jugendwerkstätten an junge Menschen, die ihre Schulpflicht bereits erfüllt und die Schule verlassen haben. Hier liegt ein wesentlicher Unterschied zu schulischen Projekten für Schulverweigerer, die mancherorts ebenfalls die Bezeichnung „Produktionsschule“ führen. Schulische Produktionsschulen können aus der Jugendwerkstattrichtlinie nicht gefördert werden.

Die geförderten Jugendwerkstätten haben Bewilligungsbescheide bis Mitte 2015. Auch in der neuen Förderperiode des Europäischen Sozialfonds ab Juli 2015 soll die Förderung der Jugendwerkstätten fortgesetzt werden. Derzeit wird die neue Jugendwerkstattrichtlinie vorbereitet, die voraussichtlich am 01.07.2015 in Kraft treten soll.

Das öffentliche Schulwesen sieht die „Produktionsschule“ als eigenständige Schulform nicht vor. Es gibt jedoch an einigen öffentlichen Schulen so genannte „Werkstattklassen“, in denen nach den methodisch-didaktischen Grundlagen der Produktionsschulen Schülerinnen und Schüler des Sekundarbereichs I beschult werden. Hierbei handelt es sich um eine kleine Anzahl ausgewählter Schülerinnen und Schüler, bei denen in der Regel aufgrund von Schulabsentismus die Gefahr besteht, dass sie die Schule ohne Abschluss und ohne Perspektive für eine berufliche Qualifizierung verlassen würden. In Werkstattklassen an öffentlichen Schulen wird der Unterricht von Lehrkräften des Landes erteilt und der berufspraktische Teil in der Regel von außerschulischen Trägern, häufig auch mit Unterstützung der Schulträger, durchgeführt. Diese besondere Form der Unterstützung ist weder für alle Schülerinnen und Schüler gedacht, noch für sämtliche Schülerinnen und Schüler geeignet. Auch gelingt es nicht immer, alle Schülerinnen und Schüler dieser Klassen zum Abschluss zu führen. Hier bedarf es dann weiterer Maßnahmen im Übergangssystem.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:

Die erfolgreiche Arbeit der landesgeförderten Jugendwerkstätten zeigt sich im Verbleib der jungen Menschen: Sechs Monate nach Austritt aus der Jugendwerkstatt befanden sich rund zwei Drittel der Absolventinnen und Absolventen in Ausbildung, Beschäftigung, in einer Maßnahme der Berufsvorbereitung bzw. Weiterbildung oder in einer schulischen Maßnahme. Hinsichtlich der Abgrenzung zu schulischen Projekten wird auf die Vorbemerkungen verwiesen.

Zu 2.:

Das Land fördert Jugendwerkstätten mit Landesmitteln in Höhe von rund 7,8 Millionen Euro pro Jahr.

Die Unterrichtsversorgung der Werkstattklassen an öffentlichen Schulen erfolgt auf der Grundlage der Kriterien, die für alle Schulen des Landes gelten.

Zu 3.:

Der Bund hat das Förderprogramm JUGEND STÄRKEN im Quartier aufgelegt, das 2015 startet und sich unter anderem an schulverweigernde Jugendliche richtet. Darüber hinaus sieht das Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) verschiedene Unterstützungsangebote vor (z.B. § 48 SGB III Berufsorientierungsmaßnahmen, § 49 SGB III Berufseinstiegsbegleitung). An Hauptschulen fördert das Land die Durchführung sozialpädagogischer Maßnahmen zur Berufsorientierung und Berufsbildung (ehemals Hauptschulprofilierungsprogramm).

Presseinformationen Bildrechte: Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

erstellt am:
18.12.2014

Ansprechpartner/in:
Uwe Hildebrandt

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