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Juliane Bartel Medienpreis 2017


Aus insgesamt 110 Bewerbungen aus den Bereichen Fernsehen und Hörfunk wurden die Preisträgerinnen und Preisträger geehrt. Erneut prämiert wurden ebenfalls Beiträge in der Kategorie Online-Video. Der Preis ist nach der Journalistin Juliane Bartel (1945 – 1998) benannt, die als gradlinige, kritische sowie humorvolle Person für einen fairen und glaubwürdigen Journalismus steht. Der Juliane Bartel Medienpreis ist mit insgesamt 15.000 Euro dotiert.


Der Videomitschnitt zur gesamten Preisverleihung:



O-Töne von Jurymitgliedern, PreisträgerInnen und Eindrücke von der Show gibt es hier:



Ausgezeichnet wurden:

Kategorie Fernsehen, Fernsehfilm und -serie:

„Kroymann“ von Hans Zippert, Maren Kroymann und Sebastian Colley

Radio Bremen / ARD, 28:17 min.

Maren Kroymann wirft in der rb-Sketch-Comedy einen satirisch-bitterbösen, teilweise auch selbstironischen Blick auf die Geschlechterverhältnisse in Deutschland. Sie nutzt Szenen bei ihrer Therapeutin, bei der Bankbewerbung, mit jungen Femen-Aktivistinnen, im Gespräch mit Schauspielschülerinnen, als Erika Steinbach und als ‚Alte’ in einem Song über die fortschrittsverhindernde Seniorenmehrheit, um erbarmungslos und pointiert feministisch Vorurteile und verkrustete Strukturen in Wirtschaft, Politik und Medien aufs Korn zu nehmen. Dabei verschont sie auch die Feminismus-Szene selbst nicht, wenn sie als gealterte Feministin auf Femen-Aktivistinnen trifft, aber nicht dem „look and feel“ entspricht.

Die Serie ist extrem witzig und unterhaltsam, in ihrer Meinungsfreudigkeit und analytischen Schärfe außerordentlich erkenntnisfördernd – ein tolles Format, in dem jeder Dialog sitzt!


Kategorie Fernsehen, Dokumentation, Reportage, Feature, Magazinbeitrag bis 10 Minuten Länge:

„Afghanistan: Mädchenorchester“ von Dr. Markus Spieker

ARD, 5:46 min.

Die 18jährige Negin ist die erste Frau in Afghanistan, die dirigiert - und zwar ein Mädchenorchester. Am Nationalinstitut für Musik in Kabul studieren 200 junge Menschen, ein Viertel davon sind Frauen. Viele von ihnen leben in einem nahegelegenen Waisenhaus, weil ihre Eltern sie verstoßen haben, kommen sie doch häufig aus dem von den Taliban beherrschten Nordosten des Landes, wo Mädchen nicht zur Schule gehen oder Musik machen dürfen. Trotz Todesdrohungen bleiben der Schulgründer wie auch Negin bei dieser Arbeit, die für sie die Zukunft des Landes ausmacht. Auch Negins Familie ist mittlerweile in Kabul, stolz, dass ihre Tochter der ganzen Welt zeigt, was in afghanischen Frauen steckt, wenn man sie frei aufspielen lässt.


Kategorie Fernsehen, Dokumentation, Reportage, Feature, Magazinbeitrag ab 10 Minuten Länge:

„Die heimliche Revolution“ von Carmen Butta und Gabriele Riedle

Arte, 43 min.

Die Autorinnen begeben sich in ihrem Feature nach Saudi-Arabien und treffen mutige Frauen, die aus dem Schatten der Männer treten (wollen). Denn der Unmut wächst gegen die fundamentalistischen, von der wahabitischen Staatsreligion vorgegebenen Regeln: Frauen dürfen nicht Auto fahren; arbeiten, studieren und reisen sind nur mit Zustimmung des Mannes erlaubt. Dieser „Schutz“ isoliert und sichert den Männern ihre Macht über das öffentliche Leben. Viele konservative Männer sehen es deshalb z.B. als Bedrohung an, dass Frauen 2015 erstmals an den Gemeinderatswahlen teilnehmen und sich selbst zur Wahl stellen durften. Unternehmensberaterinnen, Verkäuferinnen, eine Firmeninhaberin, eine Bäckereiinhaberin, eine Rechtsanwältin, eine Chefredakteurin, eine Basketballtrainerin – sie alle zeigen, dass vieles möglich ist und gemacht wird. Die Twitter- und Instagram-Generation, die 70% ausmacht, will Veränderung und mehr Offenheit. Es gibt Treffen in der Wüste und private Vernissagen, überall wird diskutiert. Dabei hilft der fallende Ölpreis: Der ökonomische Druck wird ein Umdenken erzwingen: Männer werden sich keine Fahrer mehr leisten können und ihre Ehefrauen arbeiten schicken müssen – und die finden das super!

Im Film kommen viele mutige, meinungsstarke Frauen zu Wort, die nach dem Auslandsstudium bewusst nach Saudi-Arabien zurückgekehrt sind, weil sie Veränderung so wichtig und den Prozess so spannend finden. Das rechercheintensive Feature bietet erstaunliche Einblicke hinter die Kulissen des streng islamischen Landes und zeigt, dass die Frauen die treibende Kraft für Veränderung sind. Hochaktuell und tief beeindruckend!


Kategorie Hörfunk:

„Die toten Mütter meiner Tochter“ von Jenny Marrenbach

rbb, 39:28 min.

Jenny Marrenbach begleitet ihre Familie im ersten Jahr der Tochter. Klassisch-alternatives Setting: Er ist Zimmermann, Franzose, sie freie Journalistin, beide leben mit Zora-Lou in Prenzlauer Berg in Elternzeit, Frühstück im veganen Café, jeden Tag ein anderer Babykurs, zuckerfreie Ernährung. Ihre Schwägerinnen in Toulouse bemitleiden sie, gehen nach drei Monaten auf ihre Vollzeitstelle zurück.

Die Autorin konfrontiert die heute angesagten Elternratgeber (Jesper Juul: Die Bindung zur Mutter ist das Wichtigste!) mit den Erfahrungen ihrer Mutter und Großmutter. Aufgewachsen in Mengede, einem Arbeiterviertel von Dortmund als Schlüsselkind, die alleinerziehende Oma hat ein Verhältnis, heiratet später einen Angestellten aus Versorgungsgründen. Die Mutter geht mit 15 wegen häuslicher Gewalt, wird Krankenschwester, Hippie und bekommt Jenny, mit der sie immer „beste Freundin“ war. Nach einem Studium findet sie als Späteinsteigerin einen festen Job, stirbt mit 49 an Krebs.

Nach der Elternzeit teilt sich das junge Paar Haus- und Sorgearbeit, Jenny plagt jedoch ständig das schlechte Gewissen. Die Forschung sagt dazu: Die Tendenz, sich neben dem Beruf stärker als der Partner in die Sorgearbeit einzubringen wird dem Charakter der Frauen zugeordnet ebenso das Gestresstsein, an alles denken zu müssen. Dadurch merken selbst die Frauen nicht, dass sie sich mehr Aufgaben als angemessen zumuten – im Ergebnis werden hierdurch Ungleichheitsstrukturen fortgeführt.

Durch die Aufarbeitung ihrer weiblichen Familiengeschichte und die Entlarvung des Mythos von der Gleichberechtigung zeigt die Autorin in ihrem gut gemachten Feature, dass die Kernfrage bleibt: wie kann frau heutzutage eine gute Mutter sein? Die toten Mütter haben auch ihrer Tochter viel Power mitgegeben, aber bis zur vollen Gleichberechtigung ist es immer noch ein weiter Weg.


Kategorie Onlinevideos:

Platz 1: https://youtu.be/1bvU12URzC4

Hauptsache Sexy - Nhi Le über Mädchenzeitschriften von Daniel Sager

Heiße Flirttipps! Hot or Not? Tricks für den Traumbody? - Was ist das eigentlich für ein Bild, das in Mädchenzeitschriften vermittelt wird? Mode, Beauty, Jungs. Glaubt man Zeitschriften für junge Mädchen, besteht ihre Welt vor allem aus diesen drei Dingen. Dabei sollten sie doch in dem Alter gerade bestärkt werden, oder nicht?! - Interviewpartnerin: Dr. Stevie Meriel Schmiedel (Geschäftsführerin Pinkstinks Germany)

Platz 2: https://youtu.be/g5fihJzIuSs

Girls just wanna have none - Gender Pay Gap in Deutschland von Julian Vogel

Gender Pay Gap: Frauen verdienen durchschnittlich 21% weniger Geld als Männer. Und auch wenn der bereinigte Gender Pay Gap von vielen als Argument genutzt wird: Frauen bleibt oft kaum eine andere Wahl. Suzie Grime sucht nach den Gründen.

Platz 3: https://youtu.be/9fzH8LlHmcg

Sugarbabes - Escort und Rinsing als Studenten-Job von Gülseren Ölcüm

Sophia ist 24 Jahre alt und seit über einem Jahr Escort-Dame und Webcam-Girl. Ein guter Monat bedeutet für sie: 5000 Euro. Ihr Job macht ihr Spaß, für sie ist die Vorstellung, 8 Stunden bei H&M Klamotten zu verkaufen, der Horror. Awa ist 19 Jahre alt und macht Rinsing. Sie bietet Männern Aufnahmen von sich an, im Gegenzug gibt es Geld oder teure Geschenke. Letztens hat ihr ein Mann 900 Euro gegeben, damit sie sich ein neues Bett kaufen kann. Die Gegenleistung: Ein Foto von ihr im Bett. Mehr will er gar nicht. Und Harry ist einer der Männer, die Sugardaddys sind und gerne einer jungen Frau etwas finanzieren. Dafür gibt es dann auch mal Zärtlichkeiten und Sex.

Die Preisträgerinnen und -träger in den Kategorien Fernsehen und Hörfunk erhalten neben dem jeweiligen Preisgeld eine Skulptur der Künstlerin Ulrike Enders. Das Preisgeld in der Kategorie Online-Kurzvideo in Höhe von insgesamt 3.000 Euro teilen sich drei Preisträgerinnen und Preisträger.

Erst wenige Stunden vor der Auszeichnung hatte sich eine hochkarätige Fachjury auf die Siegerbeiträge geeinigt. Die Jury setzte sich aus prominenten Fachleuten zusammen. In diesem Jahr waren dabei:

* Denise M'Baye (Schauspielerin)
* Julia Fritzsche (Radio- und Fernsehjournalistin)
* Helge Haas (Redakteur Radio Bremen)
* Angelika Henkel (Redakteurin NDR)
* Nils Pickert (Journalist und Autor)
* Sophie Charlotte Rieger (freie Journalistin, Filmkritikerin)

Die Preisträger der Online-Kategorie wurden von einer Jury aus Studierenden der der Fakultät Medien, Information und Design an der Hochschule Hannover ermittelt.

Logo Juliane Bartel Medienpreis
Foto PreisträgerInnen   Bildrechte: Tom Figiel

Gleichstellungsministerin Rundt (2. v.l.) hier zu sehen mit der hochkarätigen Fachjury, bestehend aus Angelika Henkel, Julia Fritzsche, Sophie Charlotte Rieger, Nils Pickert, Denise M’Baye und Helge Haas.

Foto PreisträgerInnen:   Bildrechte: Tom Figiel

Am Ende der feierlichen Veranstaltung im Landesfunkhaus in Hannover kamen alle Preisträgerinnen und Preisträger, die Ministerin sowie die Laudatorinnen und Laudatoren noch einmal zusammen auf die Bühne.

Juliane Bartel Medienpreis: Die Verleihung fand im Landesfunkhaus in Hannover statt.  

Juliane Bartel Medienpreis: Die Verleihung fand im Landesfunkhaus in Hannover statt.

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