„Wie können Patienten erfahren, ob ihr Arzt über die vorgeschriebene Berufshaftpflichtversicherung verfügt?“
Antwort der Landesregierung auf die Mündliche Anfrage
Niedersachsens Sozialministerin Cornelia Rundt hat namens der Landesregierung auf eine Mündliche Anfrage der Abgeordneten Annette Schwarz, Petra Joumaah, Dr. Max Matthiesen, Burkhard Jasper, Volker Meyer und Gudrun Pieper (CDU) geantwortet:
Die Abgeordneten Annette Schwarz, Petra Joumaah, Dr. Max Matthiesen, Burkhard Jasper, Volker Meyer und Gudrun Pieper (CDU) hatten gefragt:
Wie das NDR-Magazin „Markt“ am 28. September 2015 berichtete, verfügten immer mehr Ärzte nicht über die in der ärztlichen Berufsordnung vorgeschriebene Haftpflichtversicherung. Dies habe häufig Kostengründe bzw. sei darin begründet, dass die Haftpflichtversicherung dem Arzt zu ihrer eigenen Risikominimierung den Versicherungsschutz gekündigt habe. Für Patienten bestehe aber keine Möglichkeit, zu erfahren, ob ihr Arzt über die vorgeschriebene Haftpflichtversicherung verfüge oder nicht, da der Arzt das Vorhandensein einer Versicherung nirgendwo nachweisen müsse. Patienten gingen somit bei der Behandlung durch nicht versicherte Ärzte ein erhebliches Risiko ein, im Falle eines Behandlungsfehlers keinen Schadenersatz zu erhalten, falls der Arzt nicht zahlungsfähig sei.
Die am 20. Februar 2013 neu in § 6 Abs. 1 der Bundesärzteordnung eingefügte Nr. 5 regelt, dass seitens der zuständigen Behörde das Ruhen der Approbation angeordnet werden kann, „wenn sich ergibt, dass der Arzt nicht ausreichend gegen die sich aus seiner Berufsausübung ergebenden Haftpflichtgefahren versichert ist, sofern kraft Landesrechts oder Standesrechts eine Pflicht zur Versicherung besteht“ - was in Niedersachsen der Fall ist.
Hierzu muss die zuständige Behörde aber die Möglichkeit haben zu erfahren, ob der Arzt seiner Versicherungspflicht nachgekommen ist. Die Ärzte- bzw. Zahnärztekammern überwachen dies jedoch nicht und sind auch nicht dazu verpflichtet, wie das Landgericht Hannover in einem Schadenersatzprozess gegen eine insolvente und nicht versicherte Zahnärztin mit Urteil vom 2. April 2012 (Az.19 O 199/11) entschieden hat: „Die allgemeine Überwachungspflicht der Kammern dient nicht dem Schutz des Einzelnen, sondern dem Funktionieren der Selbstverwaltung der Ärzte mit dem Ziel, das Ansehen des Berufsstandes zu wahren.“
Im Ergebnis führt dies dazu, dass das Ruhen der Approbation erst angeordnet werden kann, wenn ein Schadenfall eingetreten ist und sich in diesem Zusammenhang „ergibt“, dass der Arzt nicht haftpflichtversichert ist.
1. Wie beurteilt die Landesregierung diese Rechtslage aus Sicht des Verbraucherschutzes und im Hinblick auf die Patientensicherheit?
2. Vertritt die Landesregierung die Auffassung, dass Patienten ein berechtigtes Interesse daran haben zu erfahren, ob ihr Arzt über eine Berufshaftpflichtversicherung verfügt, und sie im Zweifel davon absehen würden, sich behandeln zu lassen, wenn sie wüssten, dass der Arzt nicht versichert ist?
3. Was beabsichtigt die Landesregierung gegebenenfalls zu unternehmen, um im Interesse der Patienten eine Änderung der Situation zu erreichen?
Ministerin Cornelia Rundt beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung:
Die Sicherstellung einer ausreichend hohen Berufshaftpflichtversicherung ist sowohl für die Behandelnden als auch für die Patientinnen und Patienten von elementarer Bedeutung. Für die Patientinnen und Patienten liegt die Bedeutung auf der Hand, weil sie bei mangelnder Leistungsfähigkeit einer oder eines schadensersatzpflichtigen Behandelnden trotz eines bestehenden Anspruchs leer ausgehen würden. Aber auch für die Behandelnden hat das Bestehen einer ausreichend hohen Berufshaftpflichtversicherung mitunter existentielle Bedeutung, nämlich dann, wenn sie mit einem Schadensersatzanspruch in einer Höhe konfrontiert werden, der ihre Leistungsfähigkeit bei weitem übersteigt und sie damit in privater wie in beruflicher Hinsicht ruinieren würde.
Zu 1.:
Die geschilderte Situation ist aus Sicht des Verbraucherschutzes und der Patientensicherheit rechtlich unzureichend, auch wenn diese bisher nicht die Regel sind.
Zu 2.:
Patientinnen und Patienten müssen darauf vertrauen können, dass Ansprüche aus dem zivilrechtlichen Behandlungsvertrag entsprechend § 630 c BGB Berücksichtigung finden.
Zu 3.:
Die Landesregierung bereitet derzeit einen Gesetzentwurf zur Änderung des Kammergesetzes für die Heilberufe mit dem Ziel vor, u.a. die Berufshaftpflicht der Kammermitglieder gesetzlich verpflichtend und mit Nachweispflicht zu regeln sowie eine Unterrichtungspflicht der Versicherungsunternehmen (z.B. bei Wechsel oder Kündigung) an die Kammern einzuführen.
Artikel-Informationen
erstellt am:
15.10.2015
Ansprechpartner/in:
Uwe Hildebrandt