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„Humanmedizinische Approbation für Flüchtlinge - Wie werden fachliche und sprachliche Kenntnisse überprüft?“

Antwort der Landesregierung auf die Mündliche Anfrage



Niedersachsens Sozialministerin Cornelia Rundt hat namens der Landesregierung auf eine Mündliche Anfrage der Abgeordneten Sylvia Bruns, Christian Grascha, Almuth von Below-Neufeldt, Björn Försterling und Christian Dürr (FDP) geantwortet.


Die Abgeordneten Sylvia Bruns, Christian Grascha, Almuth von Below-Neufeldt, Björn Försterling und Christian Dürr (FDP) hatten gefragt:

Zu den in Deutschland ankommenden Flüchtlingen zählen auch etliche Ärzte und Zahnärzte. Dabei stellt sich die Herausforderung, diesen Menschen einen Weg in ihren Beruf zu eröffnen, ohne dabei auf das von inländischen Absolventen geforderte Qualitätsniveau an Kenntnissen und Fertigkeiten zu verzichten.

Zunächst kann für maximal zwei Jahre eine befristete Berufserlaubnis erteilt werden. Dabei ist in der Regel aber nur eine Tätigkeit unter Aufsicht von approbierten Ärzten zulässig. Für eine dauerhafte Berufsausübung in der Humanmedizin in Deutschland ist die Approbation erforderlich. Vor-aussetzungen für die Erteilung einer Approbation sind insbesondere die Gleichwertigkeit der absolvierten Ausbildung mit der ärztlichen Ausbildung in Deutschland sowie die für die Ausübung der Berufstätigkeit erforderlichen Kenntnisse der deutschen Sprache.

Während Abschlüsse der Humanmedizin innerhalb der EU als gleichwertig anerkannt sind, muss bei anderen Abschlüssen die Gleichwertigkeit je nach Einzelfall überprüft und festgestellt werden. Zuständige Behörden sind die Bezirksregierungen. Zu prüfen ist dabei, ob wesentliche Unterschiede gegenüber einer inländischen Ausbildung bestehen, die auch nicht durch die bisherige Berufserfahrung ausgeglichen wurden. In dem Fall müssen Ärzte in einer Prüfung nachweisen, dass sie über die Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen, die zur Ausübung des ärztlichen Berufs erforderlich sind. Diese Prüfung wird vor einer Kommission der jeweiligen Ärztekammer abgelegt.

1. Unter welchen Voraussetzungen kann ein Abschluss der Humanmedizin z. B. aus Syrien gegebenenfalls in Kombination mit einschlägiger Berufserfahrung als gleichwertig zu einer Ausbildung in Deutschland anerkannt werden?

2. Welche Kenntnisse bzw. Fertigkeiten werden konkret überprüft, falls für die Erteilung der Approbation eine gesonderte Nachweisprüfung erforderlich ist?

3.Welche allgemeinen und fachbezogenen Sprachkenntnisse sind Voraussetzung für die Erteilung einer Approbation, und welche Angebote gibt es in Niedersachsen, mit denen Flüchtlinge sich soweit qualifizieren können, dass sie die fachlichen und sprachlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Approbation erfüllen können?

Ministerin Cornelia Rundt beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung:

Die Ausübung des ärztlichen und des zahnärztlichen Berufes ist in Deutschland nur mit einer Berufszulassung als – uneingeschränkte – Approbation oder – befristete – Berufserlaubnis nach der Bundesärzteordnung (BÄO) oder dem Gesetz über die Ausübung der Zahnheilkunde (ZHG) zulässig. Die kurzfristige Erteilung einer derartigen Zulassung wird regelmäßig schon an fehlenden Kenntnissen der deutschen Sprache scheitern und in vielen Fällen wird die Gleichwertigkeit mit der deutschen Ausbildung nicht gegeben sein. Die Erteilung einer eingeschränkten Zulassung im Wege der Berufserlaubnis dürfte oft auch daran scheitern, dass die vorhandenen Qualifikationen ohne Dokumente nicht feststellbar sind. Konkret lässt sich die Frage nach einer Berufszulassung nur im Einzelfall entscheiden. Zuständige Approbationsbehörde in Niedersachsen ist der Niedersächsische Zweckverband zur Approbationserteilung.

Zu 1.:

Wer den ärztlichen Beruf ausüben will, bedarf gemäß § 2 Abs. 1 BÄO grundsätzlich der Approbation als Ärztin oder Arzt. Die Voraussetzungen hierfür regelt der als Anspruchsnorm ausgestaltete § 3 BÄO.

„Die Approbation als Arzt ist danach auf Antrag zu erteilen, wenn der Antragsteller

1. (weggefallen)

2. sich nicht eines Verhaltens schuldig gemacht hat, aus dem sich seine Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs ergibt,

3. nicht in gesundheitlicher Hinsicht zur Ausübung des Berufs ungeeignet ist,

4. nach einem Studium der Medizin an einer wissenschaftlichen Hochschule von mindestens sechs Jahren, von denen mindestens acht, höchstens zwölf Monate auf eine praktische Ausbildung in Krankenhäusern oder geeigneten Einrichtungen der ärztlichen Krankenversorgung entfallen müssen, die ärztliche Prüfung im Geltungsbereich dieses Gesetzes bestanden hat,

5. über die für die Ausübung der Berufstätigkeit erforderlichen Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt.“

Ist die Voraussetzung des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nummer 4 BÄO nicht erfüllt, so den Antragstellenden, die über einen Ausbildungsnachweis als Ärztin bzw. Arzt verfügen, der in einem anderen als den in Absatz 2 Satz 1 genannten Staaten (Drittstaat) ausgestellt ist, die Approbation zu erteilen, wenn die Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes gegeben ist. Die Überprüfung, ob die Ausbildung gleichwertig ist, erfolgt im Einzelfall. Nach Auskunft der Niedersächsischen Approbationsbehörde wurden in der Vergangenheit bei syrischen Antragstellenden Defizite in den Bereichen psychosoziale Medizin, Psychiatrie und Neurologie, Anästhesiologie, Urologie und Orthopädie festgestellt. Die Defizite können ganz oder teilweise durch Kenntnisse ausgeglichen werden, die die Antragstellenden im Rahmen ihrer ärztlichen Berufspraxis erworben haben. Können die Defizite nicht ausgeglichen werden, müssen die Antragstellenden nachweisen, dass sie über die Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen, die zur Ausübung des Berufs der Ärztin bzw. des Arztes erforderlich sind. Dieser Nachweis ist durch eine Eignungsprüfung zu erbringen, die sich auf die festgestellten wesentlichen Unterschiede bezieht. Sollten die Defizite durch eine entsprechende Berufserfahrung oder durch Bestehen der Eignungsprüfung ausgeglichen werden, so wird die Approbation bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen nach § 3 BÄO erteilt.

Zu 2.:

Es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen.

Zu 3.:

Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BÄO ist die Approbation als Ärztin bzw. Arzt auf Antrag zu erteilen, wenn die Antragstellenden über die für die Ausübung der Berufstätigkeit erforderlichen Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt. Für Zahnärztinnen bzw. Zahnärzte gilt dies nach den einschlägigen Vorschriften des Gesetzes über die Ausübung der Zahnheilkunde (ZHG) entsprechend.

Die Gesundheitsministerkonferenz (GMK) hat in ihrer 87. Sitzung am 26./27. Juni 2014 in Hamburg mit Beschluss zu TOP 7.3 Eckpunkte für ein einheitliches Überprüfungsverfahren der in Deutschland für die Ausübung eines verkammerten akademischen Heilberufes erforderlichen Sprachkenntnisse beschlossen.

Ärztinnen bzw. Ärzte und Zahnärztinnen bzw. Zahnärzte müssen danach auf der nachgewiesenen Grundlage eines Sprachniveaus B2 nach dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen (GER) über Fachsprachenkenntnisse im berufsspezifischen Kontext orientiert am Sprachniveau C1 verfügen.

Die Antragstellenden müssen über die Kenntnisse der deutschen Sprache verfügen, die für eine umfassende ärztliche oder zahnärztliche Tätigkeit erforderlich sind. Sie müssen ihre Patientinnen und Patienten inhaltlich ohne wesentliche Rückfragen verstehen und sich insbesondere so spontan und so fließend verständigen können, dass sie in der Lage sind, sorgfältig die Anamnese zu erheben, Patientinnen und Patienten sowie deren Angehörige über erhobene Befunde sowie eine festgestellte Erkrankung zu informieren, die verschiedenen Aspekte des weiteren Verlaufs darzustellen und Vor- und Nachteile einer geplanten Maßnahme sowie alternativer Behandlungsmöglichkeiten erklären zu können, ohne öfter deutlich erkennbar nach Worten suchen zu müssen. In der Zusammenarbeit mit Kolleginnen und Kollegen sowie Angehörigen anderer Berufe müssen sie sich so klar und detailliert ausdrücken können, dass bei Patientenvorstellungen sowie ärztlichen oder zahnärztlichen Anordnungen und Weisungen Missverständnisse sowie hierauf beruhende Fehldiagnosen, falsche Therapieentscheidungen und Therapiefehler ausgeschlossen sind. Darüber hinaus müssen sie die deutsche Sprache auch schriftlich angemessen beherrschen, um Krankenunterlagen ordnungsgemäß führen und ärztliche oder zahnärztliche Bescheinigungen ausstellen zu können.

Die Sprachkenntnisse werden grundsätzlich durch einen Sprachtest vor der zuständigen Heilberufskammer nachgewiesen.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) bietet Kurse für berufsbezogene Sprachförderung über vom BAMF ausgewählte Schulen für Menschen mit Migrationshintergrund im so genannten ESF-BAMF-Programm an und ist erster Ansprechpartner für Flüchtlinge. Neben diesen Kursen gibt es auch viele private Anbieter, die Sprachkurse anbieten. Eine Übersicht von Kursangeboten liegt nicht vor.

Presseinformationen Bildrechte: Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

erstellt am:
15.10.2015

Ansprechpartner/in:
Uwe Hildebrandt

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