"Entwicklung der Schulgeldfreiheit in der Altenpflegeausbildung?"
Antwort der Landesregierung auf die Mündliche Anfrage
Niedersachsens Sozialministerin Cornelia Rundt hat namens der Landesregierung auf eine Mündliche Anfrage der Abgeordneten Sylvia Bruns, Almuth von Below-Neufeldt, Björn Försterling, Christian Dürr, Dr. Stefan Birkner und Horst Kortlang (FDP) geantwortet.
Die Abgeordneten Sylvia Bruns, Almuth von Below-Neufeldt, Björn Försterling, Christian Dürr, Dr. Stefan Birkner und Horst Kortlang (FDP) hatten gefragt:
Das Land Niedersachsen unterstützt die Ausbildung in der Altenpflege mit der Förderung von Altenpflegeschulen in freier Trägerschaft.
Am 1. Februar 2015 trat das Gesetz zur Änderung des Niedersächsischen Pflegegesetzes (NPflegeG) in Kraft. Der damit neu in das NPflegeG eingefügte § 16 a eröffnet den Altenpflegeschulen in freier Trägerschaft mit Sitz in Niedersachsen einen gesetzlichen Anspruch auf Förderung.
Das für Soziales zuständige Ministerium bestimmt durch die Verordnung zur Förderung von Altenpflegeschulen in freier Trägerschaft vom 24. Juli 2015 das Antrags- und das Abrechnungsverfahren sowie das Nähere über die Höhe der Förderung. Diese Verordnung wurde am 31. Juli 2015 im Nds. GVBl. Nr. 11/2015 veröffentlicht und trat am 1. August 2015 in Kraft.
Gemäß § 1 der Verordnung ist die Förderung gestaffelt und beträgt
- 200,00 EUR monatlich für die 1. bis 8. Schülerinnen oder Schüler einer Klasse,
- 170,00 EUR monatlich für die 9. bis 12. Schülerinnen oder Schüler einer Klasse,
- 140,00 EUR monatlich für die 13. bis 16. Schülerinnen oder Schüler einer Klasse,
- 110,00 EUR monatlich ab der 17. Schülerin oder dem 17. Schüler einer Klasse.
1. Wie hoch war die Erstattung vor Inkrafttreten dieser Verordnung (bitte gegebenenfalls alle Veränderungen der letzten fünf Jahre angeben)?
2. Gab es schon vor Inkrafttreten dieser Verordnung eine solche Staffelung, und, wenn nicht, warum und auf welcher Berechnungsgrundlage wurde sie eingeführt?
3. Sofern sich aus der neuen Verordnung eine faktische Kürzung der Mittel ergibt, wie kann diese mit dem Projekt der gesetzlich abgesicherten Schulgeldfreiheit in Einklang gebracht werden, und ist nachgewiesen, dass damit sämtliche Kosten der Träger abgegolten werden?
Ministerin Cornelia Rundt beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung:
Vor dem Hintergrund eines wachsenden Fachkräftebedarfs in der Altenpflege und zur Unterstützung der Nachwuchsgewinnung in diesem Berufsfeld hat die Landesregierung sich zur gesetzlichen Absicherung der Schulgeldfreiheit in der Altenpflege bekannt. Im Ergebnis ist damit eine Verstetigung und Absicherung der bisherigen Förderpraxis nach der Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung der Ausbildung in der Altenpflege intendiert.
Rechtsgrundlage der Ausbildung in der Altenpflege ist das Altenpflegegesetz des Bundes. Ferner ist das Niedersächsische Schulgesetz einschlägig.
Lt. MK-Statistik vom 15.11.2014 befinden sich aktuell 6.817 Schülerinnen und Schüler in der Altenpflegeausbildung, davon 4.289 an Schulen in freier Trägerschaft. Diese Verteilung ist historisch gewachsen, weil die Ausbildung in den Sozial- und Gesundheitsberufen traditionell an Schulen erfolgt, die eng mit entsprechenden Einrichtungen verbunden sind. Erst nach und nach werden diese Berufe auch in das Regelsystem und damit an öffentlichen Schulen integriert.
An den öffentlichen Schulen in Niedersachsen besteht nach § 54 Abs. 2 Satz 1 NSchG grundsätzlich Schulgeldfreiheit. Schulen in freier Trägerschaft erhalten eine Finanzhilfe, die im Grundsatz die Kosten der Lehrkräfte abdeckt. Während an öffentlichen Schulen der kommunale Schulträger die Kosten der Infrastruktur und die Kosten für nichtpädagogisches Personal trägt, erheben Schulen in freier Trägerschaft für diesen Anteil ein Schulgeld. Abhängig vom Träger beträgt das Schulgeld derzeit bis zu 200 Euro monatlich pro Schülerin oder Schüler.
Die Notwendigkeit, an Schulen in freier Trägerschaft ein Schulgeld entrichten zu müssen, ist als ein die Berufswahl negativ beeinflussender Faktor anzusehen. Vor dem Hintergrund des wachsenden Fachkräftebedarfs in der Altenpflege ist deshalb seit dem Schuljahr 2009/2010 das von den Altenpflegeschulen in freier Trägerschaft erhobene Schulgeld über eine entsprechende Landeszuwendung bezuschusst. Seit Inkrafttreten der Förderrichtlinie wurde die Förderung von ursprünglich 50 Euro monatlich sukzessive auf bis zu 200 Euro monatlich angehoben, womit faktische Schulgeldfreiheit hergestellt wurde.
Die Wirksamkeit dieser Förderung ist durch den signifikanten Anstieg der Schülerzahlen in diesem Bereich belegt (von 5.057 Schülerinnen und Schülern zum 15.11.2009 auf 6.817 zum 15.11.2014). Aufgrund der Tatsache, dass sich der absehbare Fachkräftemangel im Bereich der Pflege im Gegensatz zu anderen Bildungsgängen wesentlich auf die Daseinsvorsorge auswirken würde, hat die Landesregierung die Förderung aus dem Bereich der freiwilligen Leistungen herausgehoben und gesetzlich geregelt.
Zu 1:
Ab dem Schuljahr 2009/2010, beginnend mit dem 01.08.2009, betrug der Zuschuss zum Schulgeld 50 Euro monatlich (Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung der Ausbildung in der Altenpflege, Erl. des MS v. 15.06.2010, Nds. MBl. Nr. 25/2010, Seite 615 ff.).
Ab Beginn des Förderhalbjahres vom 01.02.2011 wurde der Zuschuss auf bis zu 100 Euro monatlich angehoben (Erl. d. MS v. 01.08.2011, Nds. MBl. Nr. 30/2011, Seite 560 ff.) und ab Beginn des Förderhalbjahres vom 01.02.2012 auf bis zu 160 Euro monatlich (Erl. d. MS v. 22.06.2012, Nds. MBl. Nr. 24/2012, Seite 512 ff.).
Mit Erlass des MS vom 28.05.2013 (Nds. MBl. Nr. 21/2013, Seite 425 ff.) wurde der Zuschuss ab dem 01.08.2012 auf bis zu 200 Euro monatlich erhöht.
Zu 2:
Vor dem Inkrafttreten der Verordnung gab es noch keine Staffelung.
Die Förderpraxis nach der Richtlinie hatte als Anknüpfungspunkt für die Förderhöhe allein den zivilrechtlichen Vertrag zwischen Schule und Schülerin oder Schüler. Die Validität der Schulgeldkalkulation konnte vom LS nicht überprüft werden. Diese Förderpraxis hat zu dem Fehlanreiz geführt, dass sämtliche neu an den Markt gekommenen Schulen in ihren Schulverträgen die Förderhöchstsumme vereinbart haben, während Schulen, die seit Beginn der Förderung (damals noch mit 50 Euro pro Schülerin oder Schüler und Monat) am Markt waren, ihr Schulgeld gemäß der Richtlinie allein in Höhe des jährlichen Inflationsausgleichs anpassen durften. Diese Ungerechtigkeit war nunmehr mit der neuen Förderung zu korrigieren, auch weil der in § 16a NPflegeG implementierte Rechtsanspruch allein die Kompensation der „für eine qualifizierte Ausbildung erforderlichen Kosten“ vorsieht. Die eingezogene pauschalierte Förderung stellt im Kontext der Schulfinanzierung eine gängige und bewährte Praxis dar. Für sie spricht ferner, dass auch nach dem Entwurf eines Gesetzes zur Reform der Pflegeberufe die Finanzierung der generalistischen Pflegeausbildung nach Pauschalen erfolgen soll. Die Höhe der durchschnittlichen Pauschale orientiert sich an der durchschnittlichen Schulgeldhöhe an niedersächsischen Altenpflegeschulen in freier Trägerschaft unmittelbar vor Inkrafttreten der Verordnung.
Zu 3:
Die Landesregierung geht davon aus, dass sämtliche Kosten der Träger abgegolten werden. Dessen ungeachtet ist nicht auszuschließen, dass in Einzelfällen, insbesondere bei Schulen mit großen Klassen, die ab 01.08.2015 zustehende Fördersumme geringer ausfällt als vorher. Mit der Staffelung der Förderbeträge nach Schülerzahl wird berücksichtigt, dass kleine Klassen dem Grunde nach höhere Pro-Kopf-Aufwendungen voraussetzen als größere Klassen. Durch die Förderung kleiner Klassen wird die Altenpflegeausbildung insbesondere im ländlichen Raum und damit das Angebot einer wohnortnahen Ausbildung gestärkt.
17.12.15
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Ansprechpartner/in:
Uwe Hildebrandt