Antwort der Landesregierung auf die Mündliche Anfrage „Wie beurteilt die Landesregierung die Situation der freiberuflich tätigen Hebammen?“
Niedersachsens Sozialministerin Cornelia Rundt hat namens der Landesregierung auf eine Mündliche Anfrage der Abgeordneten Norbert Böhlke, Max Matthiesen und Adrian Mohr (CDU) geantwortet.
Die Abgeordneten Norbert Böhlke, Max Matthiesen und Adrian Mohr (CDU) hatten gefragt:
In allen Bundesländern sind die freiberuflich tätigen Hebammen zum Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung verpflichtet. Der Deutsche Hebammenverband geht nach einem Bericht der Ärztezeitung vom 19. November 2013 davon aus, dass die Jahresprämie für eine Berufshaftpflichtversicherung für eine in der Geburtshilfe tätige freiberufliche Hebamme 2014 auf über 5 000 Euro steigen dürfte und in 2015 die Marke von 6 000 Euro überschreiten wird. Bereits in den vergangenen Jahren sind die Berufshaftpflichtprämien für freiberuflich tätige Hebammen stark angestiegen, was dazu führte, dass die finanzielle Situation der Hebammen verstärkt in die öffentliche Diskussion rückte. Etliche freiberufliche Hebammen sollen bereits aus finanziellen Gründen dazu übergegangen
sein, keine Geburtshilfeleistungen mehr anzubieten bzw. ihren Beruf ganz aufzugeben.
Wir fragen die Landesregierung:
- Wie beurteilt die Landesregierung die Versorgung der niedersächsischen Bevölkerung mit freiberuflichen Hebammenleistungen?
- Wie stellt sich die finanzielle Situation der in Niedersachsen freiberuflich tätigen Hebammen dar?
- Gibt es Überlegungen der Landesregierung, die in Niedersachsen tätigen freiberuflichen Hebammen in irgendeiner Weise zu unterstützen?
Ministerin Cornelia Rundt beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung:
Vertragsparteien für die Verhandlung von Hebammenleistungen nach § 134a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) sind der GKV Spitzenverband und der Deutsche Hebammenverband e. V. (DHV) sowie der Berufsverband freiberuflicher Hebammen Deutschland e. V. (BfHD). Verhandlungen zu Vergütungen, Ausgleich für Berufshaftpflicht, Materialpauschalen, Betriebskostenpauschalen in Geburtshäusern, Leistungsumfang und Qualität finden ausschließlich auf Bundesebene statt.
Der deutliche Anstieg der Haftpflichtversicherungsprämien für die in der Geburtshilfe tätigen Hebammen stellt eine nicht unerhebliche finanzielle Belastung dar. Deshalb hat der Bundesgesetzgeber bereits im Rahmen des am 01.01.2012 in Kraft getretenen GKV-Versorgungsstrukturgesetzes durch eine Änderung in § 134a des SGB V klargestellt, dass bei den Vergütungsverhandlungen in der Hebammenhilfe auch die Kosten für die Berufshaftpflichtversicherung zu berücksichtigen sind.
Anfang Dezember 2013 wurde zwischen den Vertragspartnern auf Bundesebene deshalb die Hebammen- und Vergütungsvereinbarung aufgrund der Kostensteigerungen der Berufshaftpflichtversicherung für freiberuflich tätige Hebammen mit Geburtshilfe zum 01.01.2014 und zum 01.07.2014 in einigen Positionen angepasst.
Aus diesem Grund hat es auch bereits zum 01.01.2013 nach einem Schiedsverfahren eine Anhebung der Gebührenpositionen von 15 Prozent gegeben. Weitere 5 Prozent sollen 2015 hinzukommen, wenn eine Leistungsbeschreibung für die Qualitätssicherung zwischen den Vertragsparteien vereinbart wurde. Damit würden sich die festgesetzten 15 Prozent auf 20 Prozent erhöhen - die aktuelle Anhebung zum 01.01.2014 nicht eingerechnet.
Die AOK Niedersachsen hat darüber hinaus auf Landesebene einen Zusatzvertrag mit den Hebammenverbänden für Rufbereitschaftspauschale und individuelle Präventionsberatung während und nach der Schwangerschaft geschlossen. Dieser Vertrag, der allen freiberuflichen Hebammen die Möglichkeit gibt, für Beratung und Rufbereitschaft bis zu 370 € zusätzlich abzurechnen, sollte die finanzielle Situation der freiberuflichen Hebammen in Niedersachsen zusätzlich entschärfen und dabei gleichzeitig die Kompetenz und Eigenverantwortung der werdenden Mütter stärken.
Nach Informationen des BfHD werde derzeit eine neue Versicherungslösung zur Absicherung der Berufshaftpflicht für Hebammen angestrebt. Danach wäre eine Versicherungsprämie gestaffelt nach der Anzahl der Geburten möglich. Zur Realisierung dieser Lösung führe der Berufsverband zurzeit eine Interessensabfrage unter seinen Mitgliedern durch. Ergebnisse werden für Ende Februar 2014 in Aussicht gestellt.
Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:
zu 1. :
Der Niedersächsischen Landesregierung obliegt kein „Sicherstellungsauftrag“ für eine flächendeckende und wohnortnahe Versorgung mit freiberuflichen Hebammen in Niedersachsen. Es gibt keine Vorschriften, die die Anzahl der Hebammen an einem Ort beschränken oder die vorsehen, dass eine Leistungserbringerin nur in einem bestimmten Bereich tätig werden darf.
Nur diejenigen freiberuflich tätigen Hebammen sind zur Leistungserbringung zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung zugelassen, für die die Verträge (§ 134a Abs. 2 SGB V) kraft Mitgliedschaft in einem vertragsschließenden Verband oder kraft Beitritt zu den Verträgen gelten.
Nach Informationen der AOK Niedersachsen und der vdek Landesvertretung liegen dort keine Hinweise zu Versorgungslücken vor.
zu 2.:
Eigene Informationen zur finanziellen Situation der in Niedersachsen freiberuflich tätigen Hebammen liegen der Niedersächsischen Landesregierung nicht vor.
Unter dem Titel „Versorgungs- und Vergütungssituation in der außerklinischen Hebammenhilfe. Ergebnisbericht für das Bundesministerium für Gesundheit“ hat das IGES Institut am 19.03.2012 ein umfangreiches Gutachten veröffentlicht. Das Gutachten stützt sich auf eine Befragung von ca. 3.600 Hebammen zur Entwicklung des Leistungsangebots, der Arbeitsbelastung und der Einkünfte in der Hebammenhilfe.
zu 3.:
Die Leistungen der freiberuflichen Hebammen vor, während und nach der Geburt genießen im System der flächendeckenden Betreuung und Beratung werdender Mütter und Väter einen hohen Stellenwert.
Auf Bundesebene befasst sich derzeit eine interministerielle Arbeitsgruppe „Versorgung mit Hebammenhilfe“ mit Fragestellungen der Versorgung mit Hebammenleistungen. Die Arbeitsgruppe diskutiert Fragestellungen nicht nur aus dem Themenbereich Berufshaftpflicht, sondern auch zu den Themen Sicherstellung einer flächendeckenden Versorgung (inklusive Vergütung), Tätigkeitsspektrum und berufliche Kompetenzen der Hebammen, Qualitäts- und Ausbildungsfragen, Öffentlichkeitsarbeit sowie Daten- und Informationsgrundlagen. Ein Ergebnisbericht liegt nach Informationen des GKV-Spitzenverbandes noch nicht vor.
Der Koalitionsvertrag auf Bundesebene zwischen CDU, CSU und SPD nimmt die Situation der Geburtshilfe und der Hebammen in den Blick und sieht vor, dass eine angemessene Vergütung in diesem Bereich erfolgen soll; diese Absicht der Koalitionspartner wird ausdrücklich begrüßt.
Da im Wesentlichen Bundesrecht betroffen ist, bleibt nach Auffassung der Niedersächsischen Landesregierung die Entwicklung auf Bundesebene zunächst abzuwarten.
Artikel-Informationen
erstellt am:
24.01.2014
Ansprechpartner/in:
Frau Heinke Traeger