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Wohnungslose Menschen in Niedersachsen unterstützen und das Prinzip Housing First landesweit umsetzen

REDE DER NIEDERSÄCHSISCHEN SOZIALMINISTERIN DANIELA BEHRENS


Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 23.02.2022, TOP 10b


– Es gilt das gesprochene Wort –

„Housing First ist eine Strategie zur Überwindung von Wohnungslosigkeit. Die dahinterliegenden Konzepte sind vielfältig, haben aber eine wesentliche

Grundvoraussetzung: Ausreichende Wohnungen.

Bezahlbarer Wohnraum ist knapp und muss geschaffen werden. Dies ist eine wichtige Aufgabe, gleichzeitig auch eine große Herausforderung für die Kommunen vor Ort.

Das ist die Grundvoraussetzung, aber für die Bekämpfung von Wohnungslosigkeit braucht es mehr. Menschen, die ihre Wohnung verlieren oder von Wohnungslosigkeit bedroht sind, brauchen ein breites Netz der Unterstützung. Das ist eine gemeinsame Aufgabe für alle Akteurinnen und Akteure. Wir müssen die Rahmenbedingungen im Blick behalten und an der eigentlichen Ursache ansetzen: Daher setzt unsere Arbeit schon an, bevor es zum Wohnungsverlust kommt. Auskömmliche Arbeit, aber auch stützende und präventive Angebote sind dieses Netz, mit dem wir Menschen bewahren und auffangen.

Der Hauptgrund für Wohnungslosigkeit ist Armut. Hier wollen wir gegensteuern. Menschen müssen die Möglichkeit haben, ihre Existenz selbst durch einen guten Job abzusichern. Hierzu gehört eine gute Ausbildung, aber auch die Kompetenz, diese Arbeit zu erhalten.

Nicht jeder Mensch, der in Not gerät, ist von vornherein arm gewesen. Es kann viele Gründe geben, warum das Leben in die Schieflage gerät. Eine Alleinstehende, die arbeitslos wird und die Wohnung nicht mehr halten kann, ein Selbständiger, der an Krebs erkrankt, seinen gut gehenden Geschäften nicht mehr nachgehen kann und immer tiefer im Strudel der Verbindlichkeiten versinkt, ein Mensch der seine Familie durch ein Unglück verliert und damit auch den Boden unter den Füßen: Das sind nur einige Einzelschicksale, die mir dazu einfallen.

Oft merken wir erst in solchen Situationen, wer unsere wahren Freunde sind – oder dass manche es leider auch nicht sind. Hier können ganz normale Menschen an eine Grenze kommen, die sie in Armut und Hoffnungslosigkeit treibt – allzu oft ohne jede eigene Schuld.

Wenn das eigene soziale Netzwerk der Menschen nicht ausreicht, setzen wir breit an, um in allen Lebenslagen zu unterstützen. Wir sichern Beratung und Halt mit unserem gut ausgebauten flächendeckenden Hilfesystem auf allen Gebieten – sei es Suchthilfe, Schuldnerberatung, Gewaltschutz und vieles mehr.

Niedersachsen ist hier in vielen Bereichen Vorreiter. Wenn alle Stricke reißen: Das niedrigstschwellige Auffangsystem sind die Hilfen für Personen, bei denen besondere Lebensverhältnisse mit sozialen Schwierigkeiten verbunden sind – oftmals sehr verkürzt Wohnungslosenhilfe genannt.

Hier übernimmt das Land seit diesem Jahr 90 % aller Kosten. Land, Kommunen und Träger der Freien Wohlfahrtspflege arbeiten in diesem System seit Jahren in guter und bewährter Weise zusammen. Gemeinsam werden wir immer besser. Es gibt eine Reihe von Pilotprojekten, mit denen wir neue Ansätze erproben. Was gut ist, wird übernommen.

Es ist mir ein besonderes Anliegen, dass niemand auf dem Weg zurückgelassen wird. Frauen in Obdachlosigkeit sind häufig nicht sichtbar. Aber es gibt sie. Sie brauchen andere Konzepte als die häufig auf Männer ausgerichteten – einen besonders geschützten Raum, manchmal auch eine andere Form der Ansprache und Unterstützung. Häufig gelingt ihnen mit dieser Hilfe aber auch eine sehr schnelle Verbesserung ihrer persönlichen Lebensverhältnisse. Ein speziell auf Frauen ausgerichtetes Angebot in Braunschweig wurde gerade ins Regelsystem überführt.

Weitere frauenspezifische Angebote in Hannover sind bereits seit Jahren erfolgreich und ebenfalls ein gutes Beispiel.

Neben all diesen Ansätzen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen und Differenzierung der Angebote ist eine gute gesundheitliche Versorgung der Betroffenen wichtig, und zwar zielgruppengerecht und bedarfsangemessen. Hier sehe ich alle Akteure im Gesundheitswesen besonders gefordert. Clearingstellen können Wegweiser sein, es muss aber auch eine Unterstützung im System selbst geben.

Machen wir uns also gemeinsam auf den Weg, um den Ärmsten unserer Gesellschaft zu helfen. Es ist eine gemeinsame öffentliche Aufgabe des Sozialstaats – auf allen Ebenen der Verwaltung und in allen Institutionen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.“


Presseinformationen

Artikel-Informationen

erstellt am:
23.02.2022

Ansprechpartner/in:
Oliver Grimm

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