Produktsicherheit
Eines der zentralen Ziele der Europäischen Union ist die Schaffung und Erhaltung eines einheitlichen gemeinsamen Binnenmarktes ohne Handelsschranken, der alle Mitgliedstaaten umfasst. Dies bedingt insbesondere einen Markt, in dem unterschiedliche nationale technische Produktanforderungen harmonisiert werden.
Zentrale Rechtsvorschrift für die Sicherheit von Produkten ist das Gesetz über die Bereitstellung von Produkten auf dem Markt (Produktsicherheitsgesetz - ProdSG), das am 01. Dezember 2011 in Kraft getreten ist (BGBl. I, S. 2178).
Viele der auf Artikel 114 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union gestützten Richtlinien, bei denen sicherheitstechnische Aspekte im Vordergrund stehen, werden in Deutschland auf Grundlage des Produktsicherheitsgesetzes in nationales Recht umgesetzt. Beispielhaft sind hier die Verordnungen über das Bereitstellen auf dem Markt von elektrischen Betriebsmitteln, Spielzeug, Maschinen und Aufzügen zu benennen.
Das heißt, egal in welchem Mitgliedstaat der Europäischen Union bspw. ein Spielzeug oder eine Maschine auf dem Markt bereitgestellt wird, es gelten überall dieselben sicherheitstechnischen Produktanforderungen. In diesen Fällen wird auch vom so genannten „harmonisierten Bereich“ bzw. von „harmonisierten Produkten“ gesprochen.
Darüber hinaus gibt es aber auch EU-Verordnungen, die die Voraussetzungen für das Bereitstellen von Produkten auf dem Markt der Europäischen Union unmittelbar bestimmen. Eine nationale Umsetzung auf Grundlage des Produktsicherheitsgesetzes entfällt. Es sind lediglich nationale Durchführungsbestimmungen notwendig, mit denen z. B. die Sprache von Bedienungsanleitungen oder Sanktionen bei Verstößen festzulegen sind. Die Verordnung (EU) 2016/425 über persönliche Schutzausrüstungen und die Verordnung (EU) 2016/426 über Geräte zur Verbrennung gasförmiger Brennstoffe sind solche unmittelbar wirkenden Vorschriften.
Die hierzu erlassenen Durchführungsbestimmungen sind das Gasgerätedurchführungsgesetz und das PSA-Durchführungsgesetz, die beide am 26. April 2019 in Kraft getreten sind.
Unterliegt ein Produkt dem harmonisierten Bereich des Produktsicherheitsgesetzes, darf es nur auf dem Markt bereitgestellt werden, wenn das Produkt
- die grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen der einschlägigen Richtlinie(n) einhält und das vorgeschriebene Konformitätsbewertungsverfahren durchgeführt worden ist,
- die Sicherheit und Gesundheit von Personen oder festgelegte Rechtsgüter bei der Verwendung nicht gefährdet.
Das in den EU-Richtlinien bestimmte Sicherheitsniveau darf hierbei keinesfalls unterschritten werden.
Entsprechendes gilt für Produkte, die mit EU-Verordnungen geregelt werden. Auch diese Produkte dürfen nur dann auf dem Markt bereitgestellt oder in Betrieb genommen werden, wenn sie die Gesundheit oder Sicherheit von u. a. Personen nicht gefährden.
Produkte, die nicht unter den harmonisierten Bereich fallen, unterliegen den allgemeinen Anforderungen des Produktsicherheitsgesetzes (§ 3 Abs. 2 ProdSG). Auch diese Produkte dürfen bei der Verwendung die Sicherheit und Gesundheit von Personen nicht gefährden. Im Gegensatz zu harmonisierten Produkten bestehen für diese Produkte keine individuellen Vorgaben zur Konformitätsbewertung - Nachweis, dass spezifische Anforderungen erfüllt sind - oder zur Kennzeichnung.
Die Verantwortung für die Einhaltung der beschriebenen Anforderungen an Produkte obliegt dem Hersteller bzw. seinem Bevollmächtigten, aber auch Einführer und Händler haben bestimmte Aufgaben zu erfüllen, damit sich nur konforme, also sichere, Produkte auf dem Markt befinden.
Mit einer für den Gemeinschaftsmarkt der Europäischen Union geltenden Verordnung werden für den harmonisierten Bereich Bestimmungen für eine grenzüberschreitende Marktüberwachung festgelegt. Hier sind die Vorgaben zur Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen den Marktüberwachungsbehörden und den für die Kontrolle der Außengrenzen zuständigen Behörden (in Deutschland der Zoll) von besonderer Bedeutung. Gefährliche Produkte sollen hierdurch möglichst frühzeitig aufgespürt und angehalten werden.
Die Bestimmungen zur Marktüberwachung sorgen für ein hohes Sicherheitsniveau der auf dem Markt bereitgestellten Produkte und tragen zugleich zum fairen Wettbewerb zwischen den Wirtschaftsakteuren bei.
Mit der Einführung eines einheitlichen Richtwertes von 0,5 Stichproben je 1000 Einwohner in Deutschland wird zudem sichergestellt, dass der Marktüberwachung eine einheitliche Kontrolldichte zu Grunde liegt.
Dabei wird auch dem Fernabsatz Rechnung getragen. Insbesondere bei Produkten, die dem Endnutzer online zum Kauf angeboten werden, ist eine nachhaltige Marktüberwachung wichtig. Allerdings steht diese Marktüberwachung im Vergleich zur Marktüberwachung im stationären Handel vor Herausforderungen, da beispielsweise die Feststellung von verantwortlichen Wirtschaftsakteuren oder die Rückverfolgbarkeit mitunter schwierig ist.
Ein wichtiger Baustein für eine EU-weite Marktüberwachung ist ein schneller Informationsaustausch der Marktüberwachungsbehörden untereinander. Mit dem internetgestützten Informations- und Kommunikationssystem für die pan-europäische Marktüberwachung (ICSMS) ist ein Instrument für eine effektive und effiziente Zusammenarbeit der Marktüberwachungsbehörden in der Europäischen Union geschaffen worden. Es ermöglicht einen schnellen und grenzüberschreitenden Informationsaustausch zwischen allen Marktüberwachungsbehörden der Europäischen Union.
Es besteht aus einem öffentlichen und einem nicht öffentlichen Bereich. Verbraucher können im öffentlichen Bereich Informationen zu bestimmten Produkten abrufen und der zuständigen Behörde gefährliche Produkte melden. Hierzu kann die z. B. für den Wohnort zuständige Behörde zunächst gesucht und anschließend über ein Formular oder per E-Mail benachrichtigt werden. Der nicht öffentliche Bereich dient den Marktüberwachungsbehörden zur gegenseitigen Information und Kommunikation.
In Niedersachsen überwachen die Staatlichen Gewerbeaufsichtsämter die Einhaltung der Anforderungen des Produktsicherheitsgesetzes und der EU-Verordnungen. Die Internetseiten der Staatlichen Gewerbeaufsicht Niedersachsen sowie des ICSMS (öffentlicher Bereich) sind über die Links unter „Weitere Informationen“ erreichbar.
Foto: Prüfung einer Mehrfachsteckdose (Entflammbarkeitsprüfung)