„Der Betrug durch russische Pflegedienste grassiert“ (Teil 1)
Antwort der Landesregierung auf die Mündliche Anfrage
Niedersachsens Sozialministerin Cornelia Rundt hat namens der Landesregierung auf eine Mündliche Anfrage der Abgeordneten Sylvia Bruns, Almuth von Below-Neufeldt, Björn Försterling und Christian Dürr (FDP) geantwortet.
Die Abgeordneten Sylvia Bruns, Almuth von Below-Neufeldt, Björn Försterling und Christian Dürr (FDP) hatten gefragt:
So lautete die Überschrift eines Artikels der Welt vom 16. April 2016 (http://www.welt.de/
wirtschaft/article154415616/Betrug-durch-russische-Pflegedienste-grassiert.html). Hierzu wurde u. a. ausgeführt:
„Der Betrug russischer Pflegedienste hat nach Informationen der Welt am Sonntag und des Rechercheteams des Bayerischen Rundfunks (BR Recherche) bundesweit eine neue Dimension erreicht. Das Bundeskriminalamt (BKA) hat inzwischen Hinweise auf Strukturen organisierter Kriminalität. Den Sozialkassen entsteht offenbar ein jährlicher Schaden von mindestens einer Milliarde Euro.“
Darüber hinaus soll es so sein, dass es sich um ein bundesweites Phänomen handelt, das insbesondere dort auftritt, wo sich durch Sprachgruppen geschlossene Systeme bilden.
Regionale Schwerpunkte existieren dem Bericht zufolge in Berlin, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. In Niedersachsen soll alleine die AOK in den vergangenen Jahren rund 100 Fälle zur Anzeige gebracht haben.
1. Wie viele Fälle wurden insgesamt in den letzten drei Jahren von den 20 größten Kassen in Niedersachsen gemeldet?
2. Wie hoch war der Schaden jeweils in den einzelnen Jahren?
3. Wie groß ist der Anteil individueller Fehler bzw. individuellen Fehlverhaltens an der Schadenssumme, und wie hoch ist der Anteil an Fällen, der auf organisierte Kriminalität zurückzuführen ist?
Ministerin Cornelia Rundt beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung:
Die Landesregierung ist der Ansicht, dass in Folge des bekannt gewordenen Skandals nicht eine ganze Branche in Verruf geraten darf. Eine Herabsetzung der Pflege insgesamt oder der ambulanten Pflege im Besonderen ist nicht gerechtfertigt. Die weitaus meisten Pflegedienste arbeiten redlich und auf einem guten Niveau. Um die Branche aber auch die Pflegebedürftigen zu schützen, darf Kriminalität auf keinen Fall geduldet werden.
Außerhalb der Landesregierung wurden die drei landesunmittelbaren Pflegekassen - die AOK Niedersachsen und die beiden kleineren Betriebskrankenkassen BKK EWE und BKK Public - sowie der Verband der Ersatzkassen (vdek) an der Beantwortung der Fragen beteiligt.
Zu 1.:
Eine Meldepflicht hinsichtlich der in der Vorbemerkung der Abgeordneten angesprochenen Fälle gibt es nicht. Eine Sprecherin des Landeskriminalamtes Niedersachsen hat am 18.04.2016 öffentlich darauf hingewiesen, dass es Abrechnungsbetrug im Pflegebereich in den vergangenen Jahren auch in Niedersachsen gegeben habe. Die Einschätzung, dass Niedersachsen zu den mit am stärksten betroffenen Bundesländern zähle, könne jedoch nicht bestätigt werden.
Justizielle Statistiken zu bestimmten Anzeigeerstattern oder mutmaßlich Geschädigten werden jedoch nicht geführt. Eine Anzeige dazu, in wie vielen Fällen die 20 größten Krankenkassen in Niedersachsen in den letzten drei Jahren eine Strafanzeige wegen Betrugs erstattet haben, kann daher nicht getroffen werden. Der Landesregierung ist allerdings bekannt, dass im Bereich der AOK Niedersachsen landesweit aktuell etwa 14 Strafverfahren bei den zuständigen Ermittlungsbehörden anhängig sind. Soweit die AOK nach aktueller Presseberichterstattung in den vergangenen Jahren rund 100 Fälle zur Anzeige gebracht haben soll, beruht die genannte Fallzahl auf einem Zeitraum von etwa neun Jahren.
Dem vdek sind in Niedersachsen insgesamt 27 Fälle von systematischer Abrechnungsmanipulation aus den Jahren 2013 bis 2015 sowie 13 Fälle aus dem Jahr 2016 bekannt.
Zu 2.:
Erkenntnisse zur Höhe des in den letzten drei Jahren entstandenen Schadens liegen der Landesregierung nicht vor.
Zu 3.:
Der Landesregierung liegen zu den Anteilen individueller Fehler bzw. Fehlverhaltens keine Erkenntnisse vor.
Bezogen auf Niedersachsen gibt es in dem erfragten Zeitraum kein Ermittlungsverfahren im Deliktsbereich Abrechnungsbetrug durch Pflegedienste, welches der organisierten Kriminalität zuzuordnen ist.
Artikel-Informationen
erstellt am:
06.05.2016
Ansprechpartner/in:
Uwe Hildebrandt