Rechtliche Regelungen für Migrantinntn bei häuslicher Gewalt
Neben den für alle geltenden allgemeinen Rechtsfragen, gelten für Migrantinnen besondere Regelungen wegen ihres aufenthaltsrechtlichen Status. Unabhängig vom Heimatland stellt das Gewaltschutzgesetz aber sicher, dass in jedem Fall deutsches Recht anzuwenden ist.
Für Nicht-EU-Bürgerinnen kann die Trennung von ihrem Mann wegen häuslicher Gewalt besondere Probleme bedeuten, denn häufig haben sie kein eigenständiges Aufenthaltsrecht. Hat jedoch ihre eheliche Lebensgemeinschaft mindestens zwei Jahre lang rechtmäßig in Deutschland bestanden, wird ein eigenständiges, von den Voraussetzungen des Familiennachzuges unabhängiges Aufenthaltsrecht anerkannt bzw. verlängert (§ 19 AuslG).
Der weitere Aufenthalt in Deutschland kann auch schon vor Ablauf dieser zwei Jahre ermöglicht werden, wenn dies zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist (§ 19 AuslG). Ein solcher Härtefall wird angenommen, wenn durch die Rückkehr ins Heimatland schutzwürdige Belange der Frau (Leben, Gesundheit, Freiheit) erheblich bedroht sind oder wenn ihr wegen dieser schutzwürdigen Belange ein Festhalten am ehelichen Zusammenleben nicht zumutbar ist – sie sich also wegen körperlicher, sexueller oder psychischer Misshandlung trennt. Je länger der Aufenthalt einer Ehefrau in Deutschland gedauert hat, desto geringer sind die Anforderungen an die besondere Härte und umgekehrt. Je kürzer sie sich hier aufgehalten hat, desto stärker müssen ihre schutzwürdigen Belange hier oder im Heimatland bedroht sein. Denn es wird davon ausgegangen, dass eine Frau nach wenigen Wochen oder Monaten hier noch so wenig integriert ist, dass ihr eine Rückkehr ins Heimatland eher zuzumuten ist als z.B. nach 20 Monaten.
Diese Überlegungen brauchen keine Migrantin davon abzuhalten, die Polizei zu rufen, wenn ihr Mann gewalttätig gegen sie oder die Kinder wird. Weder ein polizeilicher Platzverweis des Täters aus der Wohnung für sieben Tage noch eine Flucht ins Frauenhaus lösen die familiäre Lebensgemeinschaft dauerhaft auf; sie wirken sich also auf ihren Aufenthaltsstatus nicht aus.
Gleiches gilt für einen Antrag nach dem Gewaltschutzgesetz auf vorübergehende Zuweisung der (ehemals) gemeinsam genutzten Wohnung. Während ein Antrag nach § 1361b BGB Trennungs- bzw. Scheidungsabsicht verlangt, wird dies bei einem Antrag nach § 2 Gewaltschutzgesetz gerade nicht vorausgesetzt. Eine Wohnungszuweisung nach dem Gewaltschutzgesetz führt also nicht zu einer Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft und damit auch nicht zu einer Veränderung der aufenthaltsrechtlichen Beurteilung der Lebensgemeinschaft. Der Antrag erhält allerdings dann rechtliche Bedeutsamkeit, wenn die eheliche Lebensgemeinschaft endgültig nicht fortgesetzt und die Ehe geschieden wird. Für die ausländerrechtlich zu prüfende Frage, wann die eheliche Lebensgemeinschaft aufgehoben wurde, ist bei einer Antragstellung gem. § 2 Gewaltschutzgesetz der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung maßgebend. Etwas anderes gilt nur dann, wenn während der Dauer der Zuweisung der Wohnung der Täter zumindest kurzfristig wieder in die Wohnung aufgenommen wurde, um die eheliche Lebensgemeinschaft fortzusetzen.
Der Bezug von Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) löst zunächst ebenfalls noch keine aufenthaltsrechtlichen Folgemaßnahmen aus. Erhält die Migrantin ein vom Bestand der Ehe unabhängiges Aufenthaltsrecht ist der Bezug von Sozialhilfe für längstens ein Jahr unschädlich. Danach kann die Aufenthaltserlaubnis bei Fortdauer von Sozialhilfebezug verlängert werden; die Ausländerbehörde muss allerdings keine Verlängerung aussprechen.
Darüber hinaus ist die gerichtliche Feststellung des Vorliegens einer Gewalttat als Voraussetzung für eine Wohnungszuweisung ein wichtiges Indiz bei der ausländerrechtlichen Prüfung der Voraussetzungen des § 19 AuslG falls doch eine langfristige Trennung angestrebt wird.
Weitere Informationen
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