„Wie viele Mediziner gibt es in der Landesverwaltung?“
Antwort der Landesregierung auf die Mündliche Anfrage
Niedersachsens Sozialministerin Cornelia Rundt hat namens der Landesregierung auf eine Mündliche Anfrage des Abgeordneten Otto Deppmeyer (CDU) geantwortet.
Der Abgeordnete Otto Deppmeyer (CDU) hatte gefragt:
In der Antwort von Justizministerin Niewisch-Lennartz vom 8. April 2015 auf eine Kleine Anfrage des Abgeordneten Otto Deppmeyer (CDU) heißt es: „Aufgrund des allgemein bestehenden Ärztemangels, der sehr anspruchsvollen Tätigkeit als Ärztin oder Arzt im Justizvollzug und der finanziellen Rahmenbedingungen sind geeignete Bewerberinnen und Bewerber für die hauptamtliche Tätigkeit im Justizvollzug trotz vielfältiger Bemühungen nicht immer leicht zeitnah zu gewinnen. Um dem entgegenzuwirken, würde u. a. auf Initiative Niedersachsens die Aufnahme der angestellten Ärztinnen und Ärzte in den Tarifvertrag Ärzte und damit eine deutliche finanzielle Besserstellung gegenüber der früheren Eingruppierung im TV-L erreicht.“
1. Für welche Stellen in der Landesverwaltung ist der Studienabschluss der Humanmedizin eine Einstellungsvoraussetzung?
2. Wie viele der Stellen, die ein humanmedizinisches Studium erfordern, sind gegenwärtig unbesetzt (Gliederung nach Behörden)?
3. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um Absolventen des Studiums der Humanmedizin für eine Beschäftigung in der Landesverwaltung zu gewinnen?
Ministerin Cornelia Rundt beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung
Der Fachkräftemangel in medizinischen und pflegerischen Berufen ist längst keine Prognose mehr, sondern Realität. Nach Angaben der Bundesanstalt für Arbeit ist ein Fachkräftemangel bei Humanmedizinerinnen und Humanmedizinern mit Ausnahme der Stadtstaaten in allen Bundesländern mit stetig steigender Tendenz zu verzeichnen. Bereits im Jahr 2013 blieben gemeldete Stellen für Ärztinnen und Ärzte im Bundesdurchschnitt 176 Tage unbesetzt. Die Vakanzzeit lag damit um 122 % über dem Bundesdurchschnitt aller Berufe. Auch die Deutsche Krankenhausgesellschaft erwartet für die Zukunft eine weitere Verschärfung dieser Situation. Einerseits gebe es weniger Nachwuchskräfte, andererseits steige insbesondere bedingt durch den demografischen und epidemiologischen Wandel der Bedarf an medizinischen Leistungen. Insbesondere Standorte im ländlichen Raum und in infrastrukturschwachen Regionen würden die Verlierer im Wettbewerb um qualifizierte Medizinerinnen und Mediziner sein.
Die Auswirkungen des Fachkräftemangels spürt auch das Land Niedersachsen in Teilen u. a. bei der Gewinnung von Ärztinnen und Ärzten. Dabei steht das Land in Konkurrenz zu privaten Krankenhausträgern und anderen Einrichtungen in öffentlicher Trägerschaft. Die Entgelte von Ärztinnen und Ärzten im Landesdienst sind tarifvertraglich geregelt. Monetäre Anreize sind nur in den Grenzen des einschlägigen Tarifrechts möglich. Private Krankenhausträger sind flexibler hinsichtlich variabler Entgeltbestandteile und freier Verhandlungen von Gehältern für Gruppen von Ärztinnen und Ärzten. Im Vergleich dazu hat der öffentliche Dienst aus monetärer Sicht einen deutlichen Wettbewerbsnachteil.
Das Land ist daher gehalten, bei der Personalgewinnung den Fokus vornehmlich auf immaterielle Anreize, wie z. B. familienfreundliche und gesundheitsfördernde Arbeitsbedingungen oder die Ermöglichung von Fort- und Weiterbildungen, zu legen.
Auch die grundsätzlich bestehende Möglichkeit von Verbeamtungen stellt einen Attraktivitätsfaktor dar.
Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:
Zu 1.:
In der Landesverwaltung sind für insgesamt 2.205,45 Stellen der Studienabschluss Humanmedizin Voraussetzung. Im Einzelnen handelt es sich um folgende Stellen (in Vollzeiteinheiten [Medizinische Hochschule Hannover Angaben in Kopfzahlen]):
Behörde |
Stellen |
Tätigkeit |
unbesetzt |
Niedersächsisches Ministerium für Inneres und Sport |
1 |
Referatsteilleiterin oder Referatsteilleiter des Medizinischen Dienstes im Bereich Polizei |
|
1 |
Referatsteilleiterin oder Referatsteilleiter des Medizinischen Dienstes im Bereich Rettungswesen |
||
Zentrale Polizeidirektion |
1 |
Dezernatsleiterin oder Dezernatsleiter des Medizinischen Dienstes im Bereich Polizei |
|
3 |
Leiterinnen oder Leiter des Regionalen Medizinischen Dienstes im Bereich Polizei |
2 |
|
4 |
Polizeiärztinnen oder Polizeiärzte mit Schwerpunktverantwortung |
||
10 |
Polizeiärztinnen oder Polizeiärzte (Erhöhung auf 13 Stellen im Jahr 2016 geplant) |
5 |
|
Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Gesundheit, und Gleichstellung |
2 |
Referatsleiterinnen oder Referatsleiter in der Abteilung Gesundheit und Prävention |
|
5 |
Referatsteilleiterinnen oder Referatsteilleiter in der Abteilung Gesundheit und Prävention |
1 |
|
Maßregelvollzugszentrum Niedersachsen |
10 |
Chefärztinnen oder Chefärzte |
|
22 |
Oberärztinnen oder Oberärzte |
2 |
|
30 |
Ärztinnen oder Ärzte |
4 |
|
Niedersächsisches Landesgesundheitsamt |
1 |
Leiterin oder Leiter der Vertrauensstelle für das Epidemiologische Krebsregister Niedersachsen |
|
8 |
Fachärztinnen oder Fachärzte mit Tätigkeiten im öffentlichen Gesundheitsdienst |
0,5 |
|
Niedersächsisches Landesamt für Soziales, Jugend und Familie |
20,75 |
Ärztliche Sachverständige |
1 |
Niedersächsisches Kultusministerium |
1 |
Fachärztin oder Facharzt für Arbeitsmedizin |
|
Niedersächsische Landessschulbehörde |
4 |
Fachärztinnen oder Fachärzte für Arbeitsmedizin |
2 |
1 |
Ärztin oder einen Arzt für Schulen des Gesundheitswesens, die nicht dem NSchG unterliegen |
||
Niedersächsisches Justizministerium |
|||
Justizvollzugsanstalten |
|||
Celle |
1 |
Anstaltsärztin oder Anstaltsarzt |
|
Hannover |
5 |
Anstaltsärztin oder Anstaltsarzt |
1 |
Lingen (einschließlich Justizvollzugskrankenhaus) |
1 |
Chefärztin oder Chefarzt |
|
Lingen (einschließlich Justizvollzugskrankenhaus) |
10,5 |
Anstaltsärztin oder Anstaltsarzt |
4,5 |
Meppen |
2 |
Anstaltsärztin oder Anstaltsarzt |
1 |
Oldenburg |
3 |
Anstaltsärztin oder Anstaltsarzt |
|
Rosdorf |
1 |
Anstaltsärztin oder Anstaltsarzt |
1 |
Sehnde |
3 |
Anstaltsärztin oder Anstaltsarzt |
2,35 |
Uelzen |
1 |
Anstaltsärztin oder Anstaltsarzt |
0,25 |
Vechta |
1 |
Anstaltsärztin oder Anstaltsarzt |
|
Vechta JVA für Frauen |
1 |
Anstaltsärztin oder Anstaltsarzt |
|
Wolfenbüttel |
2 |
Anstaltsärztin oder Anstaltsarzt |
1 |
Jugendanstalt Hameln |
1,5 |
Anstaltsärztin oder Anstaltsarzt |
|
Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz |
|||
Staatliche Gewerbeaufsichtsverwaltung |
5 |
Gewerbeärztinnen oder Gewerbeärzte |
1 |
Niedersächsisches Ministerium für Wissenschaft und Kultur |
|||
Medizinische Hochschule Hannover |
48 |
Chefärztinnen oder Chefärzte |
|
310 |
Oberärztinnen oder Oberärzte |
||
234 |
Fachärztinnen oder Fachärzte |
||
554 |
Ärztinnen oder Ärzte |
||
Universitätsmedizin Göttingen |
42 |
Chefärztinnen oder Chefärzte |
|
228 |
Oberärztinnen oder Oberärzte |
8 |
|
626,7 |
Fachärztinnen oder Fachärzte sowie Ärztinnen oder Ärzte |
23,7 |
|
Landesverwaltung gesamt |
2.205,45 |
61,3 |
In der staatlichen Gewerbeaufsichtsverwaltung werden auch für die Aufsicht nach dem Arzneimittelrecht und dem Medizinprodukterecht Beschäftigte mit einem humanmedizinischen Studium eingestellt. Diese Aufgaben können jedoch auch von sachverwandten Berufsgruppen (u. a. Veterinärmedizin, Pharmazie) wahrgenommen werden.
Zu 2.:
Von den in der Antwort zu Frage 1 genannten Stellen sind gegenwärtig 61,3 Stellen (in Vollzeiteinheiten) unbesetzt. Im Einzelnen sind die unbesetzten Stellen in der Tabelle zu Frage 1 aufgeführt.
Zu 3.:
Das Land Niedersachsen schreibt zu besetzende Stellen behördenintern, ressortweit, landesweit, aber auch bundesweit in Fachzeitschriften, der Tagespresse und in Internetjobbörsen aus. Teilweise beauftragt es auch Vermittlungsagenturen.
Auf die Arbeitsverhältnisse der im Justizvollzug beschäftigten Ärztinnen und Ärzte findet der TV-Ärzte (TdL) Anwendung; auf die Arbeitsverhältnisse der im Maßregelvollzug beschäftigten Ärztinnen und Ärzte finden die Sonderregelungen nach § 41 TV-L (Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken) Anwendung. Hierdurch konnte eine finanzielle Besserstellung gegenüber der Eingruppierung nach den allgemeinen Bestimmungen des TV-L erreicht werden.
Die Behörden der Landesverwaltung gestalten ihre Arbeitsbedingungen attraktiv unter Berücksichtigung der dienstlichen Erfordernisse. Sie weisen in Ausschreibungen auf die jeweiligen Arbeitsbedingungen hin. Beispielhaft sind zu nennen: Flexible Arbeitszeitgestaltung, Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie, ein ganzheitliches Gesundheitsmanagement sowie die Teilnahme an berufsbegleitenden Fort- und Weiterbildungen. Soweit die dienstlichen Erfordernisse es zulassen, ermöglicht das Land auch Telearbeit, z. B. für ärztliche Sachverständige.
Nebentätigkeiten können im Rahmen der geltenden Bestimmungen ausgeübt werden.
Das Land Niedersachsen betreibt Nachwuchskräftemarketing auch durch Präsenz auf studentischen Berufsbörsen und bietet Studentinnen und Studenten z. B. durch Hospitationen und Exkursionen im Rahmen von Wahlfächern die Möglichkeit, Landeseinrichtungen kennenzulernen.
Ärztinnen und Ärzte im Landesdienst werben auf Kongressen, Fachtagungen und Fortbildungen für eine Tätigkeit in der Landesverwaltung. Ebenso referieren beim Land Niedersachsen beschäftigte Medizinerinnen und Mediziner auf Veranstaltungen und veröffentlichen Beiträge in einschlägigen Fachzeitschriften, um den Bekanntheitsgrad des Landes auch als Arbeitgeber für Ärztinnen und Ärzte zu steigern.
Zur Gewinnung von Nachwuchskräften und Bindung qualifizierten ärztlichen Personals ermöglicht das Land ärztliche Weiterbildungen. Das Maßregelvollzugszentrum Niedersachsen bietet z. B. die Weiterbildung im Schwerpunkt Forensische Psychiatrie an. Das Niedersächsische Landesgesundheitsamt bietet die Möglichkeit, die Facharztqualifikation für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie sowie für Hygiene und Umweltmedizin zu erwerben. Im Niedersächsischen Landesamt für Soziales, Jugend und Familie kann die Zusatzbezeichnung Sozialmedizin erworben werden.
Im Niedersächsischen Landesgesundheitsamt besteht seit einigen Monaten auch die Möglichkeit, die in § 7 der Approbationsordnung für Ärzte geregelte Famulatur auch im Öffentlichen Gesundheitsdienst abzuleisten.
Artikel-Informationen
erstellt am:
15.10.2015
Ansprechpartner/in:
Uwe Hildebrandt