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Rettet die 112 – Reform der Notfallversorgung nicht gegen Land und Kommunen

Rede der Niedersächsischen Sozialministerin Dr. Carola Reimann


Aktuelle Stunde des Niedersächsischen Landtages am 26.02.2020, TOP 16


– Es gilt das gesprochene Wort –

„Das Bundesgesundheitsministerium hat den Referentenentwurf zur Reform der Notfallversorgung vorgelegt. Dieser Entwurf beinhaltet massive Eingriffe in die Organisationshoheit und Finanzverpflichtungen der Länder. In der jetzigen Fassung können wir den Entwurf auf keinen Fall mittragen.

Der Rettungsdienst soll demnach nicht mehr eine Aufgabe der Gefahrenabwehr sein, sondern in das System der gesetzlichen Krankenversicherung überführt werden. Das bedeutet, dass es zu zentralen Vorgaben des Bundes kommt und wir keine differenzierten örtlichen Lösungen entwickeln können. Laut Grundgesetz sind aber die Länder für den Rettungsdienst zuständig. Und das ist so auch sinnvoll und richtig: Den Anforderungen vom Harz bis zur Küste wird man mit der Landesgesetzgebung nun mal am besten gerecht. Denn die örtlichen Gegebenheiten sind weder in Deutschland noch in Niedersachsen einheitlich.

Gleiches gilt für den Bereich der Krankenhausplanung. Die Pläne des Bundes für die Errichtung von Integrierten Notfallzentren würden es den Krankenkassen und Kassenärztlichen Vereinigungen erlauben, ohne die Länder Standorte festzulegen, am örtlichen Bedarf vorbei und am Bedarf der Länder vorbei. Das ist nicht hinnehmbar!

Ein integriertes Notfallzentrum ist integraler Teil eines Krankenhauses und muss deshalb integraler Teil der Krankenhausplanung sein. Krankenhäuser ohne integriertes Notfallzentrum sollen erhebliche Vergütungsabschläge erhalten. Das ist auch deshalb nicht hinnehmbar, weil die derzeit geplante Regelung nach unseren Prognosen eine Schließung von Notaufnahmen gerade für kleinere Krankenhäuser im ländlichen Raum zur Folge hätte.

Die Landesregierung ist der festen Überzeugung, dass die wohnortnahe Versorgung, insbesondere bei Notfällen für Patientinnen und Patienten, eine ausgesprochen hohe Bedeutung hat.

Grundsätzlich richtig finde ich die Einsicht, dass bei der Behandlung von Notfallpatientinnen und Notfallpatienten mehr und bessere Zusammenarbeit und Kooperation erforderlich sind.Aber nicht so.

In Niedersachsen haben wir bereits große Anstrengungen unternommen, um zu Fortschritten in der Zusammenarbeit von Rettungsdienst und Krankenhaus zu kommen. Das nahezu flächendeckend verwendete digitale Notfallmanagementsystem „Ivena“ verbindet Rettungsleitstellen, Rettungsdienste und Krankenhäuser und beschleunigt und verbessert die Notfallversorgung.

Auch die geplante neue Kostenverteilung auf die Länder, insbesondere im Bereich des Rettungswesens, ist nicht tragbar. Allein Niedersachsen müsste jährlich einen mittleren dreistelligen Millionenbetrag neu zahlen, um die Anforderungen des Gesetzentwurfes zu erfüllen.

Der Bund muss endlich in einen ernsthaften und vernünftigen Dialog mit Ländern und Kommunen treten und dabei zuallererst einsehen, dass dieses Gesetz im Bundesrat zustimmungspflichtig ist.

Darüber hinaus fordern wir, dass die geplanten Eingriffe in die Krankenhausplanungshoheit der Länder unterlassen werden und der Rettungsdienst in der Verantwortung der Landkreise und kreisfreien Städte verbleibt. Wir werden den weiteren Gesetzgebungsprozess kritisch und konstruktiv begleiten.“


Schmuckgrafik (zum Artikel: Pressemitteilungen) Bildrechte: LGLN

Artikel-Informationen

erstellt am:
26.02.2020

Ansprechpartner/in:
Oliver Grimm

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