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Rede der Niedersächsischen Sozialministerin Cornelia Rundt „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII)“

909. Sitzung des Bundesrats am 03.05.2013, TOP 14


Es gilt das gesprochene Wort!

„Mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch hat der Bundesgesetzgeber zum 01.01.2013 seine Zusage eingelöst, Länder und Kommunen bei den Kosten der Grundsicherung nach dem Vierten Kapitel SGB XII weiterhin zu entlasten.

Die Beteiligung des Bundes an den Nettoausgaben für die Geldleistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ist mit Wirkung ab 01.01.2013 von bisher 45 % auf nunmehr 75 % erhöht worden. Außerdem berechnen sich die jährlichen Erstattungszahlungen des Bundes ab diesem Zeitpunkt nicht mehr aus der Höhe der Nettoausgaben des vorvergangenen Jahres, sondern es wird das laufende Jahr zugrunde gelegt, für das die Erstattung zu zahlen ist

Ab dem 01.01.2014 wird der Bund den Ländern die Nettoausgaben für Geldleistungen nach dem Vierten Kapitel SGB XII zukünftig in voller Höhe erstatten. Die Kommunen und die Bundesländer begrüßen angesichts ständig steigender Sozialleistungsausgaben diesen Schritt zu einer nachhaltigen finanziellen Entlastung ausdrücklich.

Im Rahmen des vorstehenden Gesetzgebungsverfahrens hat der Bundesgesetzgeber allerdings auch Regelungen zur Zuständigkeit für die Leistungserbringung getroffen, die im Zuge eines reibungslosen Verwaltungsvollzugs teilweise der Korrektur bedürfen.


Weil der Bund seit dem Jahr 2013 einen mindestens hälftigen Anteil an den Ausgaben für Geldleistungen erstattet, ist ab diesem Zeitpunkt die Bundesauftragsverwaltung eingetreten. Allerdings bleibt den Ländern die Einrichtung der für die Ausführung der im Rahmen der jeweiligen Bundesauftragsverwaltung zu vollziehenden Gesetze zuständigen Behörden vorbehalten, soweit das entsprechende Bundesgesetz nicht mit Zustimmung des Bundesrats etwas anderes bestimmt.

Vor diesem Hintergrund hatte die Bundesregierung im damaligen Gesetzgebungsverfahren die für die Grundsicherung nach dem Vierten Kapitel SGB XII bisher geltenden bundesrechtlichen Zuständigkeitsregelungen zum 01.01.2013 aufgehoben bzw. für nicht anwendbar erklärt. Gleichzeitig wurde es den Ländern übertragen, die Träger der Grundsicherung zukünftig nach Landesrecht zu bestimmen.

Die Streichung der bisherigen bundesgesetzlichen Zuständigkeitsregelungen in der Grundsicherung wirft nun jedoch Probleme auf, die sich aufgrund mangelnder Regelungskompetenz der Landesgesetzgeber nicht lösen lassen.

Hiervon betroffen sind

Ø bedürftige Menschen mit Behinderungen, die in stationären Einrichtungen fachliche Leistungen der Eingliederungshilfe erhalten ebenso wie

Ø arme ältere Menschen, die Hilfe zur Pflege nach dem Siebten Kapitel SGB XII bekommen

und denen zur Existenzsicherung Leistungen der Grundsicherung gewährt werden.

Dieser Personenkreis hat nach der bis zur Gesetzesänderung geltenden Rechtslage auch bei auswärtiger Unterbringung in einem anderen Bundesland alle Leistungen der Sozialhilfe aus einer Hand erhalten – nämlich von dem Träger der Sozialhilfe, der vor der Aufnahme der leistungsberechtigten Person in die Einrichtung zuständig war. Mit Wegfall der bundesgesetzlichen länderübergreifenden Zuständigkeitsregelung für die Grundsicherung gilt dies nur noch für die Fälle, in denen die Personen im eigenen Bundesland untergebracht sind.

In der nicht unerheblichen Anzahl der Fälle einer auswärtigen Unterbringung in einem anderen Bundesland ist seit dem 01. Januar eine zweigeteilte Zuständigkeit gegeben: Der bisher zuständige Träger der Sozialhilfe aus dem Herkunftsbundesland ist nur noch für die fachlichen stationären Leistungen der Eingliederungshilfe bzw. der Pflege zuständig, während für die Leistungen der den Lebensunterhalt sichernden Grundsicherung nach dem Vierten Kapitel SGB XII erstmalig eine Zuständigkeit des örtlichen Trägers der Sozialhilfe am Sitz der Einrichtung eintritt.

Entgegen der Annahme des Bundes kann dieses Dilemma auch nicht durch den jeweiligen Landesgesetzgeber aufgelöst werden. Denn mangels Regelungskompetenz kann beispielsweise der niedersächsische Landesgesetzgeber nicht über das eigene Land hinaus für die Leistungen der Grundsicherung nach dem Vierten Kapitel SGB XII bestimmen, dass der bisher zuständige Träger der Sozialhilfe aus dem Bundesland Schleswig-Holstein auch weiterhin für die Grundsicherung zuständig ist. Er kann allenfalls die Zuständigkeit eines niedersächsischen Trägers der Sozialhilfe regeln. Eine länderübergreifende Regelungskompetenz steht ausschließlich dem Bundesgesetzgeber zu.

In der Folge müssten die Leistungen für die einschlägigen Fälle nunmehr von zwei örtlichen Trägern der Sozialhilfe in zwei Bundesländern bearbeitet werden. Diese zweigeteilte Zuständigkeit widerspricht nicht nur dem in der Sozialhilfe geltenden Gesamtfallgrundsatz. Er sieht vor, dass der bzw. die Leistungsberechtigte schon aus verwaltungspragmatischen Gründen alle Leistungen weitestgehend aus einer Hand bekommen soll, anstatt bei verschiedenen Trägern verschiedene Leistungen beantragen zu müssen.

Die jetzige Regelung führt auch zu einem erheblichen Verwaltungsaufwand. Dies gilt sowohl für die Sozialämter als auch für die Träger der Einrichtungen.

Sie ist auch dem betroffenen Personenkreis - wir reden hier über in der Regel

Ø pflegebedürftige ältere Menschen und

Ø voll erwerbsgeminderte Menschen mit erheblich geistigen, körperlichen oder seelischen Einschränkungen

- und ihren Angehörigen weder zu vermitteln noch zuzumuten.

Bereits im Gesetzgebungsverfahren zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch hatte der Bundesrat mit den Stimmen aller Bundesländer die Aufhebung der bewährten bundesgesetzlichen Zuständigkeitsregelung für die Grundsicherung nach dem Vierten Kapitel SGB XII abgelehnt. Der Bundesrat hatte die entstehenden Schwierigkeiten bereits eingehend dargelegt.

Die Bundesregierung hatte diese berechtigten Bedenken auch zunächst aufgegriffen und im Zuge ihrer Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrats eine Prüfung von Alternativen zugesagt.

Letztendlich ist der Gesetzentwurf in diesem Punkt aber unverändert verabschiedet worden. Der Bund wollte vermeiden, dass das Gesetz bei Fortbestehen der bundesgesetzlichen Zuständigkeitsregelungen für das Vierte Kapitel SGB XII andernfalls gem. Art. 85 Abs. 1 GG zustimmungspflichtig wird.

Die Bundesländer haben zur Vermeidung der vorstehenden Konsequenzen im Rahmen ihrer Regelungskompetenz zwar mit Wirkung ab 01.01.2013 landesgesetzliche Regelungen getroffen und die örtlichen Träger der Sozialhilfe gebeten, die Leistungen entsprechend der bis zum 31.12.2012 geltenden bundesgesetzlichen Regelungen zu erbringen. Mit Blick auf die geänderten bundesgesetzlichen Vorschriften lässt sich eine solche Verfahrensweise aber nicht mehr dauerhaft rechtssicher beibehalten.

Durch die Wiederherstellung der bisherigen bundesgesetzlichen Zuständigkeitsregelungen für die Leistungen nach dem Vierten Kapitel SGB XII wird die örtliche Zuständigkeit eines Trägers der Sozialhilfe für in der Regel alle in Betracht kommenden Leistungen begründet. Hierdurch wird der Verwaltungsvollzug vereinfacht und die Rechtssicherheit erhöht. Zuständigkeitsstreitigkeiten und Doppelzuständigkeiten werden vermieden, was auch mit entsprechenden Entlastungseffekten im Verwaltungsvollzug einhergeht.

Die bundesgesetzliche Normsetzung bedarf außerdem nicht zuletzt im Interesse der Leistungsberechtigten der umgehenden Korrektur.

Die mit der Gesetzesinitiative Niedersachsens vorgenommen weiteren Änderungen sind redaktioneller Natur und dienen wie die in Art 1 Nr. 3 vorgenommene Änderung der statistischen Erhebungsmerkmale der Anpassung des Gesetzesvollzugs an das in der Praxis Mögliche.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und bitte um Ihre Unterstützung für dieses Gesetzgebungsvorhaben.“

Presse

Artikel-Informationen

erstellt am:
03.05.2013

Ansprechpartner/in:
Frau Heinke Traeger

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