Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung Niedersachsen klar Logo

"Mietpreisbremse für Niedersachsen"

Antwort der Landesregierung auf die Mündliche Anfrage


Niedersachsens Sozialministerin Cornelia Rundt hat namens der Landesregierung auf eine Mündliche Anfrage der Abgeordneten Marco Brunotte, Uwe Schwarz, Dr. Thela Wernstedt, Immacolata Glosemeyer, Holger Ansmann und Christos Pantazis (SPD) geantwortet.

Die Abgeordneten Marco Brunotte, Uwe Schwarz, Dr. Thela Wernstedt, Immacolata Glosemeyer, Holger Ansmann und Christos Pantazis (SPD) hatten gefragt:

Der Bund hat den Ländern die Möglichkeit gegeben, in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten die Mietpreisbremse einzuführen. Bei Einführung darf die Miete bei Neubelegung einer Wohnung nicht mehr höher als 10 % über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen.

Die Niedersächsische Landesregierung hat die NBank beauftragt, die Wohnungsmärkte in Niedersachsen zu analysieren und die Einführung der Mietpreisbremse zu prüfen. In dem Gutachten kommt die NBank zu dem Ergebnis, dass in zwölf Kommunen und sämtlichen niedersächsischen Inselgemeinden die Preisbremse eingeführt werden sollte: Braunschweig, Buchholz in der Nordheide, Buxtehude, Göttingen, Hannover, Langenhagen, Leer, Lüneburg, Oldenburg, Osnabrück, Vechta, Wolfsburg sowie Wangerooge, Spiekeroog, Langeoog, Baltrum, Norderney, Juist und Borkum.

Die Niedersächsische Landesregierung hat die betroffenen Kommunen angehört und ihnen die Möglichkeit zur Stellungnahme zur Einführung der Mietpreisbremse bis Anfang März 2016 gegeben.

1. Wie bewertet die Landesregierung die Stellungnahmen der Kommunen zur Einführung der Mietpreisbremse?

2. Wie werden die nächsten Schritte der Landesregierung zur Einführung der Mietpreisbremse aussehen, und wann werden diese jeweils folgen?

3. Mit welchen weiteren Maßnahmen begegnet die Landesregierung steigenden Mieten sowie angespannten Wohnungsmärkten, und wie schätzt sie deren Wirkung ein?

Ministerin Cornelia Rundt beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung:

Der Bundesgesetzgeber hat die Landesregierungen im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) ermächtigt, durch drei verschiedene Rechtsverordnungen befristet in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt regelnd einzugreifen. Dadurch soll der Mieterschutz in diesen Gebieten verbessert werden. Die Landesregierungen können mit diesen Rechtsverordnungen Gebiete festlegen, in denen die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist. Nur in diesen ausgewiesenen Gebieten gelten bestimmte bundesrechtliche Mieterschutzvorschriften. Im Einzelnen handelt es sich dabei um folgende Regelungen:

  1. Mietpreisverordnung nach § 556d Abs. 2 BGB (so genannte „Mietpreisbremse“),

  2. Kappungsgrenzenverordnung nach § 558 Abs. 3 S. 3 BGB und

  3. Kündigungssperrfristverordnung nach § 577a Abs. 2 S. 2 BGB.

    Nachdem die Wohnungsmarktbeobachtung der NBank in den vergangenen Jahren stets von einem im Wesentlichen ausgeglichenen und entspannten Wohnungsmarkt in Niedersachsen berichtet hatte, weist der im Sommer 2015 vorgestellte aktuelle Wohnungsmarktbericht erstmals darauf hin, dass auch in Niedersachsen in einzelnen Regionen mittlerweile von einer angespannten Wohnungsmarktlage gesprochen werden muss. Zur Identifizierung dieser Regionen hat die Landesregierung unverzüglich die NBank mit einer Analyse beauftragt. Aus dieser ergibt sich, dass in zwölf Städten die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist. Dies muss auch für die sieben Inselgemeinden wegen der besonderen geographischen Lage angenommen werden.

    Der Landesregierung ist bewusst, dass eine nachhaltige Marktentspannung letztlich nur durch eine Angebotsausweitung, also durch verstärkten Wohnungsneubau eintreten kann. Von der Bauidee über die Finanzierung und Genehmigung bis zur Bezugsfertigkeit können jedoch mitunter mehrere Monate oder gar Jahre vergehen. Gleichzeitig nimmt der Nachfragedruck insbesondere in den Ballungsräumen weiter zu, wobei es teilweise auch einen Mangel an bebaubaren Grundstücken gibt.

    Für einen Übergangszeitraum von fünf Jahren soll in den 19 identifizierten Kommunen von allen drei Verordnungsermächtigungen des BGB Gebrauch gemacht werden. Dadurch sollen die Rechte der Mieterinnen und Mieter in einem für sie nachteiligen Marktumfeld gestärkt werden. Gleichzeitig soll das Wohnungsangebot dank umfangreicher Fördermaßnahmen der Kommunen und insbesondere des Landes steigen. Um eine enge Abstimmung mit den betroffenen Städten und Gemeinden zu gewährleisten, hat sich die Landesregierung dazu entschieden, den Kommunen noch vor dem förmlichen Verordnungsverfahren Gelegenheit zur mündlichen und schriftlichen Stellungnahme zu geben. Die kommunalen Spitzenverbände waren eingebunden.

Zu 1.:

In den eingegangenen Stellungnahmen wird – trotz einiger kritischer Anmerkungen – die Einführung der Instrumente für den Mieterschutz in den von der NBank genannten Städten und Gemeinden befürwortet.

Zu 2.:

Im Sozialministerium wird derzeit ein Verordnungsentwurf erarbeitet. Nach Abstimmung innerhalb der Landesregierung werden die zu beteiligenden Verbände angehört. Die Stellungnahmen der Verbände werden ausgewertet und die Verordnung sodann der Landesregierung zur abschließenden Entscheidung vorgelegt. Es wird angestrebt, dass die Verordnung im Herbst dieses Jahres veröffentlicht werden und in Kraft treten kann.

Zu 3.:

Neben der so genannten Mietpreisbremse sollen in derselben Verordnung in allen 19 identifizierten Kommunen zusätzlich die Kappungsgrenze abgesenkt und die Kündigungssperrfrist verlängert werden. Insoweit wird auf die Vorbemerkung verwiesen.

Mit der Kappungsgrenzenverordnung werden Mieterhöhungen in bestehenden Mietverhältnissen nur noch um höchstens 15 statt 20 Prozent innerhalb von drei Jahren bis zur Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete möglich sein. Dadurch wird verhindert, dass vor allem langjährige Mieterinnen und Mieter mit geringem Einkommen wegen stark steigender Mieten aus attraktiven Wohnquartieren wegziehen müssen und in Randgebiete verdrängt werden. Insbesondere bei öffentlich geförderten Mietwohnungen, die aus der Sozialbindung herausgefallen sind, wird der Mietanstieg so wirksam gedämpft. Die gesenkte Kappungsgrenze dient somit nicht nur dem Mieterschutz, sondern erfüllt auch eine wichtige städtebauliche Funktion, indem sie gewachsene Sozialstrukturen schützt und Gentrifizierungstendenzen entgegenwirkt.

Mit der Kündigungssperrfristverordnung kann die gesetzliche Kündigungssperrfrist bei Umwandlung und Verkauf von Miet- zu Eigentumswohnungen von drei Jahren auf bis zu zehn Jahre verlängert werden. Eine verlängerte Kündigungssperrfrist dämmt die Umwandlungsspekulation in begehrten Wohnlagen ein und schützt Mieterinnen und Mieter vor frühzeitigen Eigenbedarfskündigungen. Der Verlust von preisgünstigem Mietwohnraum wird verlangsamt. Somit dient die verlängerte Kündigungssperrfrist neben dem Mieterschutz auch dazu, gewachsene Sozialstrukturen zu bewahren und die Gentrifizierung zu verlangsamen.

Zudem soll die Verordnung über die Überlassung von Sozialwohnungen vom 20. März 1991 (Nds. GVBl. 1991, 151) an die geänderte Wohnungsmarktsituation angepasst werden. Mit dieser Verordnung können Kommunen mit erhöhtem Wohnungsbedarf ein Benennungsrecht gegenüber Vermieterinnen und Vermietern von öffentlich geförderten Mietwohnungen ausüben. Dabei muss die Vermieterin oder der Vermieter aus mindestens drei von der Kommune vorgeschlagenen wohnberechtigten Personen eine Person auswählen. Zurzeit darf dieses Benennungsrecht lediglich in acht Kommunen ausgeübt werden. Dort hat sich dieses Instrument sehr gut bewährt, um Personen mit besonderen Zugangsschwierigkeiten zum Wohnungsmarkt mit angemessenem Wohnraum versorgen zu können. Die Landesregierung geht davon aus, dass die Gebietskulisse deutlich ausgeweitet werden kann. Die NBank ist mit einer diesbezüglichen Analyse beauftragt.

Steigenden Mieten und angespannten Wohnungsmärkten kann vor allem dadurch begegnet werden, dass das Angebot an Wohnungen zu erschwinglichen Preisen entsprechend ausgeweitet wird. Ein wichtiges Instrument, um dies zu erreichen, sieht die Landesregierung weiterhin in der sozialen Wohnraumförderung. Aus diesem Grund hat sie den sozialen Wohnungsbau gestärkt und für die Förderung von nachhaltig nutzbarem Mietwohnraum zusätzlich 400 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Ziel ist, neben bezahlbaren Wohnungen für Haushalte mit kleinen und mittleren Einkommen speziell auch altersgerechten und barrierefreien Wohnraum sowie Wohnraum für Flüchtlinge zu schaffen. Es wird geschätzt, dass mit den zusätzlichen Mitteln rund 5.000 Mietwohnungen gefördert werden können.

Mit der Aufstockung des Programmvolumens wurden gleichzeitig die Fördermodalitäten angepasst und verbessert, um die Investitionstätigkeit weiter zu erhöhen. So wurden insbesondere gestiegene Baukosten berücksichtigt, die etwa durch erhöhte Anforderungen der Energieeinsparverordnung entstehen können. Seit dem 1. Januar 2016 kann auch der ländliche Raum von der sozialen Wohnraumförderung profitieren. Bisher war die Förderung im allgemeinen Mietwohnungsbau auf städtische Gebiete beschränkt. Neben den 400 Millionen Euro stehen bis 2019 jährlich weitere 78,32 Millionen Euro für die soziale Wohnraumförderung zur Verfügung.

Die Landesregierung hält es ungeachtet ihrer Maßnahmen zur Stärkung des geförderten Wohnungsbaus für dringend erforderlich, dass sich private Investoren ebenfalls verstärkt im preiswerten Wohnungsneubau engagieren, um die erhöhte Wohnungsnachfrage zu decken. Insoweit begrüßt und unterstützt sie grundsätzlich auch die Maßnahmen des Bundes, um den Mietwohnungsbau in Gebieten mit angespannter Wohnungslage weiter anzukurbeln. Dies gilt etwa für den von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungsneubaus (BR-Drs. 67/16), der aktuell im Bundestag beraten wird. Mit der darin vorgesehenen steuerlichen Förderung sollen die Maßnahmen der Länder im Mietwohnungsneubau unterstützt werden, um möglichst zeitnah insbesondere private Investoren zum Bau preiswerten Wohnraumes in besonders angespannten Gebieten anzuregen. In Niedersachsen kämen voraussichtlich 59 Kommunen aufgrund ihrer Zuordnung zu einer hohen Mietenstufe als Fördergebiet in Betracht, darunter die Städte Hannover, Braunschweig und Wolfsburg sowie sämtliche 42 Gemeinden des Landkreises Harburg. Die Städte Leer, Osnabrück und Vechta sowie alle sieben Inselgemeinden würden nach Einführung der so genannten Mietpreisbremse voraussichtlich ebenfalls dem Fördergebiet angehören.

Die Wirkung dieser Maßnahmen auf das Wohnraumangebot hängt von verschiedenen Faktoren ab. Ungeachtet allgemeiner zyklischer Einflüsse auf die Wohnungsbauinvestitionen können im Wohnungsneubau längere Vorlaufzeiten bestehen, die durch die notwendige Ausweisung und Erschließung von Bauland, das Schaffen von Baurecht, die Planung und schließlich die Baumaßnahme selbst bedingt sind. Darüber hinaus sind unterschiedliche Akteure in den Gesamtprozess eingebunden, etwa private Investoren, die Kommunen sowie Bauunternehmen, die über die entsprechenden Kapazitäten verfügen müssten.

Presseinformationen Bildrechte: Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

erstellt am:
15.04.2016

Ansprechpartner/in:
Frau Heinke Traeger

zum Seitenanfang
zur mobilen Ansicht wechseln