„Haushaltsberatungen 2016 - Haushaltsschwerpunkt Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Migration“
Rede der Niedersächsischen Sozialministerin Cornelia Rundt
- Es gilt das gesprochene Wort -
„Ich freue mich über die Gelegenheit, Ihnen ausgewählte Eckpunkte für den Einzelplan 05 des Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung vorzustellen.
Der Sozialhaushalt ist mit einem Ausgabevolumen von rd. 4,6 Mrd. Euro – nach dem Bildungshaushalt – wieder der zweitgrößte Etat aller Niedersächsischen Ministerien.
Bei meiner Vorstellung werde ich politische Handlungsschwerpunkte hervorheben. Dabei handelt es sich um:
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Wohnraumförderung,
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Gesundheit,
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Gleichstellung,
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Inklusion und
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Migration und Teilhabe.
Zunächst möchte ich jedoch eine grundsätzliche Anmerkung zur derzeitigen Flüchtlingsbewegung vorwegschicken. Wir erleben, dass eine hohe Zahl Schutzsuchender aus den Krisenregionen der Welt zu uns nach Deutschland und nach Niedersachsen kommt. Wir nehmen diese Menschen gerne bei uns auf und organisieren ihre Versorgung. Dank der vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern vor Ort und den engagierten Kolleginnen und Kollegen in den Ministerien gelingt uns diese Herausforderung gut.
Die meisten der Menschen, die heute als Flüchtlinge zu uns kommen, werden bei uns bleiben und unsere neuen Mitbürgerinnen und Mitbürger sein. Deshalb arbeiten wir heute daran, diese in unsere Bildungssysteme und den Arbeitsmarkt zu integrieren, ihnen das Lernen unserer Sprache und eine dauerhafte Teilhabe an unserer Gesellschaft zu ermöglichen.
Sorgen macht mir hingegen, dass politische Kräfte – außerhalb dieses Hauses - den Versuch unternehmen, diese Menschen, die unseren Schutz benötigen, gegen andere Bürgerinnen und Bürger auszuspielen, in dem sie Neid, Missgunst und Angst schüren. Unser Haushalt für das Jahr 2016 zeigt ganz klar, wir kümmern uns um alle Menschen, die unsere Unterstützung aus welchem Grund auch immer benötigen.
Mit unserem Wohnraumförderprogramm schaffen wir Mietwohnungen für Haushalte mit kleinen und mittleren Einkommen, für ältere Menschen, Menschen mit Behinderungen und pflegebedürftige Menschen und auch für Flüchtlinge. Hierfür stellen wir weitere 400 Millionen Euro bereit und können so rd. 5000 neue Wohnungen bauen.
Daneben stehen in den Jahren 2016 bis 2019 natürlich auch weiterhin die jährlichen Kompensationsmittel von jeweils rund 40 Millionen Euro zur Verfügung. Erfreulich ist in diesem Zusammenhang, dass sich der Bund auf dem Flüchtlingsgipfel bereiterklärt hat, die Kompensationsmittel in den Jahren 2016 bis 2019 jeweils um 500 Millionen Euro zu erhöhen. Davon entfällt auf Niedersachsen ein Anteil von rund 38,5 Millionen Euro jährlich. Diese Mittel stehen zusätzlich zur Verfügung und werden ebenfalls im Wohnraumförderprogramm des Landes für den Bau von bezahlbarem Wohnraum eingesetzt.
Es ist auch erfreulich, dass auf dem hohen Niveau des Vorjahres auch im Haushalt 2016 Städtebauförderungsmittel zur vollen Gegenfinanzierung der vom Bund avisierten Bundesfinanzhilfen veranschlagt werden konnten. Danach wird das Städtebauförderungsprogramm 2016 mit einem Gesamtvolumen von 95,612 Mio. Euro ausgestattet sein.
Die gesundheitliche Versorgung insbesondere mit Blick auf die unterschiedliche demografische Entwicklung in den Regionen Niedersachsens muss auch in Zukunft sichergestellt werden. Eine gute und gesicherte Pflege ist ein unverzichtbarer Teil der Daseinsvorsorge.
Aus Sicht der Landesregierung ist neben der Bekämpfung des Fachkräftemangels die Stärkung der ambulanten Pflege eine der größten pflegepolitischen Herausforderungen, für die heute die Weichen gestellt werden müssen.
Um dieses zu unterstützen, stellt das Land ab 2016 für die Stärkung der ambulanten Pflege im ländlichen Raum zusätzlich zu den Mitteln in Höhe von insgesamt rd. 44,1 Mio. Euro noch einen Betrag in Höhe von rd. 6,3 Mio. Euro zur Verfügung. Dieser ist für die Umsetzung des Schwerpunktes „Stärkung der ambulanten Pflege im ländlichen Raum“ vorgesehen.
Die Krankenhausversorgung ist für die Landesregierung ein weiterer zentraler Bestandteil der Daseinsvorsorge.
Deshalb werden wir uns weiter gezielt für die Förderung von Krankenhausprojekten einsetzen und eine zukunftsfeste, hochwertige und wohnortnahe medizinische Versorgung der Menschen in Niedersachsen sicherstellen.
Das Land hat einen Verpflichtungsrahmen in Höhe von 360 Mio. Euro für die Jahre 2014 bis 2016 für Krankenhaus-Investitionsprogramme aufgelegt.
Zusätzlich zu der jährlichen Krankenhaus-Investitionsförderung von 120 Mio. Euro werden weitere Finanzierungsmittel für Strukturmaßnahmen benötigt, um die Lage in den niedersächsischen Krankenhäusern nachhaltig zu verbessern. Vor diesem Hintergrund ist der Strukturfonds zu begrüßen, der zusätzlich 47 Mio. Euro vom Bund bereitstellt. Das Land wird in gleicher Höhe kofinanzieren, so dass sich insgesamt 94 Mio. Euro ergeben.
Für die Förderung und Wiederbeschaffung kurzfristiger Anlagegüter und kleiner baulicher Maßnahmen stellt die Landesregierung zusätzlich 115,7 Mio. Euro in 2016 für unsere Krankenhäuser bereit.
Im kommenden Jahr wird Niedersachsen den Vorsitz der 26. Konferenz der Gleichstellungs- und Frauenministerinnen und (GFMK) übernehmen. Mit dem Vorsitz ist Niedersachsen nicht nur Gastgeber der Konferenz, sondern hat auch die Aufgabe, ein Schwerpunktthema zu setzen.
Inhaltlich habe ich mich dazu entschieden den Blick stark auf die Zukunft zu fokussieren und die Haltung junger Frauen und Männer zur Gleichstellungspolitik in den Mittelpunkt zu stellen. Außerdem werden wir uns selbstverständlich auch mit den vielfältigen Herausforderungen, die die aktuelle Zuwanderung auch für unsere Frauen- und Gleichstellungspolitik mit sich bringt, auseinandersetzen.
Im politischen Alltag ist es unser Ziel, im Rahmen der Kommunalwahlen 2016 in Niedersachsen die deutliche Unterrepräsentanz von Frauen in der kommunalpolitischen Arbeit abzubauen. Der Anteil von Frauen in Niedersachsen belief sich vor der letzten Kommunalwahl in den Kreistagen auf 26,8 %, in den Stadt- und Gemeinderäten sogar nur auf 22,6 %.
Anfang nächsten Jahres wird zudem das Nds. Kommunalverfassungs-Gesetz (NKomVG) novelliert, womit künftig alle Kommunen ab 20.000 Einwohnerinnen und Einwohnern die Gleichstellungsbeauftragte hauptberuflich mit mindestens hälftiger Wochenarbeitszeit zu beschäftigen haben.
Wir wollen Inklusion in Niedersachsen verwirklichen. Dazu begleiten wir die Entwicklungen auf Bundesebene und hier insbesondere das angekündigte Bundesteilhabegesetz. Dieses wird unser Quotales System in Niedersachsen maßgeblich beeinflussen.
Die Planungen sehen eine Personenzentrierung der Hilfe und eine Aufgabe der bisherigen Unterscheidung zwischen ambulanten und stationären Leistungen vor. Damit müssen wir die sachlichen Zuständigkeiten und somit auch die „Finanzströme“ zwischen Land und Kommunen neu regeln.
Der Ansatz für die Zuweisungen an Gemeinden im Quotalen System beträgt für das Jahr 2016 rund 1,8 Mrd. EURO. Er stellt – wie in den Vorjahren auch – den größten Einzelposten im Einzelplan 05 dar. Der Haushaltsansatz berücksichtigt sowohl die voraussichtlich anzunehmende Steigerung der Anzahl der Leistungsberechtigten, als auch die Umsetzung des im Rahmenvertrag vereinbarten Vorgabewertes als Ausgleich für die Personal- und Sachkostensteigerungen in den Einrichtungen der Behindertenhilfe.
Aktuell wird eine Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen für die Förderung von Inklusionsprojekten auf der kommunalen Ebene erarbeitet. Sie soll die Grundlage dafür sein, in den nächsten Jahren modellhafte Projekte zu fördern, die dazu beitragen, die Inklusion auf der kommunalen Ebene voranzutreiben. Dabei beträgt der Haushaltsansatz 1.75 Mio. Euro.
Zuletzt möchte ich zu dem Thema Migration und Teilhabe kommen. Unser festes Ziel ist es, die Versorgung der ankommenden Menschen sicher zu stellen und diejenigen, die bei uns bleiben, von Anfang an bei der Integration in unsere Gesellschaft zu unterstützen.
Dies erreichen wir durch nochmals zusätzlich rd. 4,2 Mio. Euro insbesondere für die Flüchtlingssozialarbeit und rd. 1,7 Mio. Euro zur Förderung des Bürgerschaftlichen Engagements. Hier zeigt sich ein wunderbares bürgerschaftliches Engagement: seien es die Kirche inkl. Muslime, die Freie Wohlfahrtspflege oder die Vereine, die Angebote für Flüchtlinge anbieten, oder private Initiativen, die mit niedrigschwelligen Maßnahmen beim Deutschlernen oder beim Ausfüllen von Formularen helfen.
Auch die fortgesetzte Förderung der Integrationslotsinnen und Integrationslotsen leistet hier einen wichtigen Beitrag. Das Programm ermöglicht die Professionalisierung der freiwilligen Migrationsarbeit, es fördert gezielt das ehrenamtliche Engagement.
Über eine Richtlinie fördern wir außerdem seit 2014 landesweit Koordinierungsstellen für Migration und Teilhabe im Umfang von 1,44 Mio. Euro jährlich. Von 48 antragsberechtigten Gebietskörperschaften haben 47 eine solche Koordinierungsstelle eingerichtet.
Für unbegleitete Minderjährige haben die Länder den Kommunen die Jugendhilfekosten zu erstatten. Für die Betreuung unbegleiteter minderjähriger Ausländer (UMA) habe ich im Haushalt 2016 nun insgesamt rd. 137 Mio. Euro angemeldet. Das ist eine beachtliche Steigerung. Der Grund dafür ist die außerordentliche Zunahme der Anzahl der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge in der Bundesrepublik. Allein schon am Stichtag 26.11.2015 gab es bundesweit bereits 59.653 UMA, in Niedersachsen 3.469 in Inobhutmaßnahmen.
Zur Teilhabe von ausländischen Erwachsenen gehört auch die Chance auf einen qualifikationsadäquaten Zugang zum Arbeitsmarkt.
Das Land Niedersachsen ist daher 2015 mit jährlich bis zu 480.000 Euro in die Kofinanzierung des IQ Netzwerkes Niedersachsen eingestiegen. Wegen der großen Nachfrage nach Beratungsleistungen, die auch auf die stark angestiegenen Flüchtlingszahlen und den angestrebten frühen Arbeitsmarktzugang für diesen Personenkreis zurückzuführen ist, verdoppeln wir den Ansatz noch einmal auf 960.000 Euro.
Sie sehen, der Haushalt des MS ist für 2016 gut aufgestellt und ich freue mich auf die Aufgaben, die im nächsten Jahr vor uns liegen.“