Gemeinschaftsreisen für Menschen mit Behinderungen
Antwort der Landesregierung auf die Mündliche Anfrage
Niedersachsens Sozialministerin Cornelia Rundt hat namens der Landesregierung auf eine Mündliche Anfrage der Abgeordneten Gudrun Pieper, Dr. Max Matthiesen, Burkhard Jasper, Petra Joumaah, Volker Meyer und Annette Schwarz (CDU) geantwortet.
Die Abgeordneten Gudrun Pieper, Dr. Max Matthiesen, Burkhard Jasper, Petra Joumaah, Volker Meyer und Annette Schwarz (CDU) hatten gefragt:
Gemeinschaftsreisen für Menschen mit Behinderungen sind Leistungen der Eingliederungshilfe und haben einen sozialtherapeutischen und behindertenpädagogischen Ansatz. Ihre Dauer und Bezuschussung regelt das Rundschreiben Nr. 01/2015 des Niedersächsischen Landesamtes für Soziales, Jugend und Familie. Danach werden festgelegte Pauschalen auf der Grundlage für eine mindestens sechstägige, jedoch höchstens achttägige Reisedauer ermittelt. Die Kosten für eine mehr als achttägige Reise können daher grundsätzlich nicht aus Mitteln der Sozialhilfe übernommen werden.
Der Landtag hat mit Entschließung vom 12. November 2015 (Drucksache 17/4597) die Landesregierung aufgefordert, eine Ausnahmeregelung zu schaffen, die eine Bezuschussung von Gemeinschaftsreisen für Menschen mit Behinderungen auch mit einer Dauer von weniger als sechs Tagen ermöglicht, sofern nachvollziehbare Gründe für die kürzere Reisedauer vorliegen.
Aus Sicht der Einrichtungsträger kann es jedoch auch sinnvoll sein, Reisen durchzuführen, die länger als acht Tage dauern.
1. Ist die Landesregierung der Auffassung, dass Gemeinschaftsreisen im Interesse der Menschen mit Behinderungen unabhängig von einer bestimmten Reisemindest- oder Höchstdauer so zu gestalten sind, dass sie deren jeweiligen Bedürfnissen gerecht werden?
2. Wird die Landesregierung im Zuge der Schaffung einer Ausnahmeregelung für kürzere Reisen auch eine Ausnahmeregelung für längere Reisen schaffen?
3. Wie beurteilt die Landesregierung die Tatsache, dass die pauschalen Zuschussbeträge inzwischen seit 14 Jahren in der Höhe unverändert sind?
Ministerin Cornelia Rundt beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung:
Das Rundschreiben des Landesamtes für Soziales, Jugend und Familie gilt ausschließlich für die Gewährung von Gemeinschaftsreisen an Personen, für die der überörtliche Träger der Sozialhilfe in Niedersachsen der örtlich und sachlich zuständige Leistungsträger ist. Die Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe besteht für teilstationäre und stationäre Leistungen der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung nach den §§ 53 bis 60 SGB XII, wenn diese Leistungen wegen der Behinderung oder des Leidens der Leistungsberechtigten in Verbindung mit den Besonderheiten des Einzelfalls erforderlich sind (§ 6 Abs. 2 Nr. 1a Nds. AG SGB XII). Die Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe endet mit dem Beginn des Monats, der auf die Vollendung des 60. Lebensjahres der Leistungsberechtigten folgt.
Für ältere Menschen mit Behinderung sind die örtlichen Träger der Sozialhilfe zuständig. Die Kommunalen Spitzenverbände entscheiden in eigener Zuständigkeit, ob sie den Kommunen eine analoge Anwendung für den sich in der Zuständigkeit des örtlichen Trägers der Sozialhilfe befindenden Personenkreis befinden, empfehlen.
Das in den Vorbemerkungen genannte Rundschreiben Nr. 01/2015 ist inzwischen durch das als Anlage beigefügte Rundschreiben Nr. 01/2016 vom 05.01.2016 ersetzt worden. Mit letzterem ist sowohl eine Anpassung der Pauschalbeträge als auch eine Öffnung der Mindestreisedauer erfolgt.
Zu 1.:
Gemeinschaftsreisen sind Bestandteil eines Maßnahmenbündels, das die Wohneinrichtungen zum Erreichen der vereinbarten Eingliederungsziele einsetzen. Die zuständigen herangezogenen kommunalen Körperschaften prüfen im Rahmen einer individuellen Hilfeplanung (in Niedersachsen als Zielplanung bezeichnet), ob eine beantragte Gemeinschaftsreise im Einzelfall bedarfsgerecht ist. Zudem werden die Gemeinschaftsreisen von den Wohneinrichtungen in Eigenregie oder unter Hinzuziehung geeigneter Reiseveranstalter durchgeführt. Daher kann davon ausgegangen werden, dass diese Reisen geeignet sind, den Bedürfnissen der Reiseteilnehmer - insbesondere nach Begegnung und Umgang mit Menschen ohne Behinderung - gerecht zu werden.
Zu 2.:
Die Praxis der vergangenen Jahre hat gezeigt, dass ein festgestellter Bedarf an einer sozialtherapeutischen Gemeinschaftsreise in der Regel durch 6- bis 8-tägige Reisen gedeckt werden kann. Wird im Einzelfall im Rahmen der individuellen Zielplanung ein höherer Bedarf (z. B. längere Reisedauer als 8 Tage) nachgewiesen, ist bereits nach dem bisher geltenden Rundschreiben Nr. 01/2015 eine längere Reisedauer möglich.
Mit Rundschreiben Nr. 01/2016 vom 05.01.2016 wurde ergänzend geregelt, dass ausnahmsweise eine Verkürzung der Reisezeit auf 5 Tage, im begründeten Einzelfall auch darüber hinaus, möglich ist, wenn im Rahmen der individuellen Zielplanung der Bedarf an einer sozialtherapeutischen Gemeinschaftsreise festgestellt wird und aufgrund von nachzuweisenden behinderungsbedingten Besonderheiten eine mindestens 6-tägige Reise abträglich wäre. Die mit der Gemeinschaftsreise bezweckten und in der Zielplanung festgestellten individuellen Ziele dürfen durch die Verkürzung der Reisezeit jedoch nicht gefährdet werden.
Zu 3.:
Mit Rundschreiben Nr. 01/2016 vom 05.01.2016 wurden die Pauschalbeträge signifikant angehoben. Seither wird für die Gemeinschaftsreisen pro Reisetag je leistungsberechtigter Person ein Pauschalbetrag gewährt
a) in Höhe von 37,07 € (vorher 30,68 €) bei
geistig oder körperlich behinderten leistungsberechtigten Personen der Leistungsberechtigtengruppen (LBGR) 1 bis 3 nach HMB-W in der in der Vereinbarung zur Fortführung der Inhalte und Regelungen des Nieders. Landesrahmenvertrages nach § 93 d Abs. 2 BSHG und des Niedersächsischen Landesrahmenvertrags zur Vergleichbarkeit (FFV LRV) genannten Version;
seelisch behinderten leistungsberechtigten Personen der LBGR 1 bis 2 nach dem „Schlichthorster Modell“ in der in der FFV LRV genannten Version,
leistungsberechtigten Personen, die keiner Leistungsberechtigtengruppe weder nach HMB-W noch nach dem „Schlichthorster Modell“ zugeordnet sind.
b) in Höhe von 46,33 € (vorher 38,34 €) bei
geistig und/oder körperlich behinderten leistungsberechtigten Personen der LBGR 4 oder 5 nach HMB-W in der in der FFV LRV genannten Version;
seelisch behinderten leistungsberechtigten Personen der LBGR 3 nach dem „Schlichthorster Modell“ in der FFV LRV genannten Version.
Artikel-Informationen
erstellt am:
19.02.2016
Ansprechpartner/in:
Frau Heinke Traeger