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"Elterngeld für Selbstständige"

Antwort der Landesregierung auf die Mündliche Anfrage


Niedersachsens Sozialministerin Cornelia Rundt hat namens der Landesregierung auf eine Mündliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Gero Hocker, Sylvia Bruns, Almuth von Below-Neufeldt, Björn Försterling, Christian Dürr, Jan-Christoph Oetjen, Dr. Marco Genthe und Dr. Stefan Birkner (FDP) geantwortet.

Die Abgeordneten Dr. Gero Hocker, Sylvia Bruns, Almuth von Below-Neufeldt, Björn Försterling, Christian Dürr, Jan-Christoph Oetjen, Dr. Marco Genthe und Dr. Stefan Birkner (FDP) hatten gefragt:

Die Beantragung von Elterngeld ist für Selbstständige wesentlich komplizierter und umfangreicher als für Eltern, die nur Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit haben.

Besonders problematisch soll dabei für Selbstständige sein, dass alles, was man durch diese Erwerbstätigkeit verdient, auf das Elterngeld angerechnet wird. Das gilt auch für Einkommen, das einem im Bezugszeitraum zufließt (z. B. dadurch, dass von einem Kunden eine ältere Rechnung beglichen wurde).

1. Trifft es zu, dass Selbstständigen, auch wenn sie während der Eltern(geld)zeit nicht arbeiten, das Elterngeld gemindert wird, wenn „alte Rechnungen“ beglichen werden?

2. Sofern die Aussage zutrifft: Wie bewertet die Landesregierung diese Tatsache?

3. Wie viele Selbstständige haben im vergangenen Jahr in Niedersachsen Elterngeld beantragt?

Ministerin Cornelia Rundt beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung:

Erfasst wird die Ermittlung des Einkommens aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit, zunächst unabhängig davon, ob es um die Zeit vor oder nach der Geburt des Kindes geht. Grundlage ist der Gewinn des letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraums vor der Geburt des Kindes laut Steuerbescheid.

Für die Bezugsdauer des Elterngeldes ist eine gesonderte Einkommensermittlung stets notwendig, weil insoweit noch keine verwendbare steuerliche Veranlagung erfolgt ist (übereinstimmende Zeiträume für das laufende Elterngeld und die steuerliche Veranlagung nur in seltenen Ausnahmefällen). Die Berechnung des Einkommens muss mindestens den Anforderungen des § 4 Absatz 3 Einkommensteuergesetzes (EStG) entsprechen. Möglich ist die Vorlage einer Bilanz mit den erforderlichen zeitlichen Abgrenzungen wie bei der Aufstellung nach § 4 Absatz 3 EStG (Einnahme- Überschussrechnung).

Die zeitliche Zuordnung von Einnahmen und Ausgaben zu dem Elterngeldbezugszeitraum wird gemäß steuerrechtlichen Grundsätzen vorgenommen – je nach Art des gewählten Einkommensnachweises - entweder nach dem „Zuflussprinzip“ oder nach dem „Realitätsprinzip“.

Wird eine Einnahme-Überschussrechnung erstellt, gilt das steuerrechtliche Zuflussprinzip. Danach ist eine Einnahme zum Zeitpunkt ihres Zahlungseingangs zu berücksichtigen. Ohne Bedeutung ist, wann die der Zahlung zugrunde liegende Leistung erbracht wurde. Sind nach der Geburt während des Elterngeldbezugs z.B. Eingänge aus früheren Arbeitsleistungen und früheren Rechnungen zu verzeichnen, ist dieses Einkommen beim Elterngeld zu berücksichtigen.

Soweit Selbstständige über Gewinneinkünfte Buch führen, gilt das Realitätsprinzip. Dies betrifft grundsätzlich die Einkünfte von Gewerbebetreibenden, da diese bilanzierungspflichtig sind, aber auch Einkünfte von Personen, die freiwillig Buch führen. Nach dem Realitätsprinzip ist für die zeitliche Zuordnung einer Einnahme der Zeitpunkt maßgeblich, zu dem der Gewinn entstanden ist, also realisiert wurde. Dies ist bei Lieferungen und anderen Leistungen dann der Fall, wenn der oder die Leistungsverpflichtete die von ihm geschuldete Erfüllungshandlung „wirtschaftlich erbracht“ hat und ihm oder ihr die Forderung auf die Gegenleistung (die Zahlung) grundsätzlich sicher ist.

Das Problem der Anrechnung soll das für Geburten ab 01.Juli 2015 eingeführte Elterngeld Plus beheben, das den beruflichen Wiedereinstieg in Teilzeit fördert. Es handelt sich um eine lösungsorientierte Gestaltungskomponente im Elterngeldrecht. Das Elterngeld Plus ermöglicht nämlich Eltern, die nach der Geburt eines Kindes Teilzeit arbeiten, doppelt so lange Elterngeld (bis zur halben Höhe des Gesamtelterngeldes) wie bisher zu bekommen. Ein Elterngeldmonat sind zwei Elterngeld Plus-Monate. Außerdem ist das Elterngeld um einen Partnerschaftsbonus ergänzt worden, der die partnerschaftliche Aufteilung von familiären und beruflichen Aufgaben fördert. Wenn sowohl Mutter als auch Vater gleichzeitig zwischen 25 und 30 Stunden pro Woche Teilzeit arbeiten, erhalten sie je Elternteil vier weitere Elterngeld Plus-Monate.

Zu 1.:

Da sowohl abhängig Beschäftigte als auch Selbstständige einen Anspruch auf Elterngeld haben, hat der Gesetzgeber einen steuerlichen Einkommensbegriff gewählt, der für beide Einkommensarten die erforderlichen Anknüpfungspunkte bietet. Der Gesetzgeber hat durch diese Entscheidung für den steuerlichen Einkommensbegriff auch das Zuflussprinzip als umfassend anwendbar erklärt. Auch bei Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit während des Elterngeldbezugs – wobei eine aktive ausgeübte Erwerbstätigkeit nicht Voraussetzung ist – richtet sich die Höhe des Elterngeldes nach der Differenz zwischen dem Durchschnittseinkommen vor der Geburt (höchstens 2.770 Euro) und dem monatlichen Durchschnittseinkommen während des Elterngeldbezugs.

Zu 2.:

Mit dem Elterngeld ist eine Familienleistung eingeführt worden, die wegfallendes Erwerbseinkommen ersetzen soll. Hierfür musste ein Einkommensbegriff gefunden werden, der sowohl den unterschiedlichen Einkommenssituationen der Berechtigten angemessen als auch für die Verwaltung handhabbar ist. Der systemische Grundgedanke des Elterngeldes besteht darin, nur diejenigen Einkommen zu ersetzen, die voraussichtlich - ohne die Geburt des Kindes - verdient worden wären. Die Berechnung des Elterngeldes nach dem im Bezugszeitraum wegfallenden Erwerbseinkommen ist eine Leitentscheidung dieses Gesetzes. Maßgeblich ist die Differenz zwischen dem monatlichen Durchschnittseinkommen vor der Geburt und dem monatlichen Durchschnittseinkommen nach der Geburt. Diese Regelung ist aus Sicht der Landesregierung sachgerecht, angemessen und zielführend. Das Elterngeld soll die Betreuung des Kindes in der ersten Zeit nach der Geburt ohne Einkommenseinbruch ermöglichen.

Zu 3.:

Was die Zahl der Selbstständigen betrifft, liegen keine statistischen Daten vor. Sollte mit der Fragestellung die Berechtigten mit Gewinneinkünften gemeint sein, die für die Elterngeldberechnung relevant sind (Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit), liegt eine gesonderte Auswertung der Bundesstatistik für Niedersachsen ebenfalls liegt nicht vor. Die Bundesstatistik ist unter www.destatis.de (Item „Elterngeld“) einsehbar.

Nach dem Ergebnis des Statistischen Bundesamtes für im Jahr 2013 geborene Kinder, bezogen bundesweit 24.176 Berechtigte mit ausschließlich Gewinneinkünften vor der Geburt Elterngeld sowie 22.508 mit Einkommen aus Gewinneinkünften und nicht selbstständiger Arbeit vor der Geburt („Mischeinkünfte). Für 2014 liegen noch keine Daten vor.

17.12.15

Presseinformationen Bildrechte: Land Niedersachsen

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Ansprechpartner/in:
Uwe Hildebrandt

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