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Antwort auf die mündliche Anfrage: Bekämpfung des Landärztemangels in Gefahr?

Niedersachsen Sozialministerin Cornelia Rundt hat namens der Landesregierung auf eine mündliche Anfrage der Abgeordneten Sylvia Bruns, Almuth von Below-Neufeldt, Björn Försterling, Christian Dürr und Horst Kortlang (FDP) geantwortet.


Die Abgeordneten Bruns, von Below-Neufeldt, Försterling, Dürr und Kortlang (FDP) hatten gefragt:

Bekämpfung des Landärztemangels in Gefahr?

Nachdem die von CDU und FDP getragene Landesregierung in den Jahren 2012 und 2013 jeweils 1 Million Euro für ein Landärzteprogramm bereitgestellt hat, um schnell und unbürokratisch gegen den drohenden Landärztemangel vorzugehen, kürzt die neue Regierung diese Förderung. Das Gesundheitsministerium plant 2014 nicht mehr 1 Million, sondern nur noch 400 000 Euro für die Ansiedlung von Ärzten auszugeben.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Hat sich der drohende Landärztemangel bereits jetzt so weit abgeschwächt, dass weniger Mittel für seine Bekämpfung notwendig sind?

2. Wie wird die gekürzte Förderung für Landärzte in Zukunft aussehen?

3. Aus welchen Gründen ist die Landesregierung der Auffassung, dass die Maßnahmen, die in Zukunft nicht mehr gefördert werden sollen, sich nicht bewährt haben?

Ministerin Cornelia Rundt beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung:

Der Sicherstellung einer wohnortnahen hausärztlichen Versorgung wird allgemein eine hohe Bedeutung beigemessen. Der Hausarzt bzw. die Hausärztin ist bereits heute für viele Menschen bei den verschiedensten medizinischen Fragestellungen erste Ansprechperson – ihm bzw. ihr kommt eine Lotsenfunktion in der ambulanten Gesundheitsversorgung zu.

Insbesondere die hausärztliche Versorgung wird in den nächsten Jahren erhebliche Anforderungen bewältigen müssen. Auf der einen Seite wird im Zuge einer immer älter und vielfältiger werdenden Gesellschaft die Morbiditätsentwicklung bei häufigen Erkrankungen zunehmen. Für den Bereich der Primärversorgung (und damit besonders der hausärztlichen Versorgung) wird teilweise eine um mindestens 20 % erhöhte Arbeitslast erwartet. Auf der anderen Seite deutet sich ein möglicher Nachwuchsmangel bei den in der Patientenversorgung tätigen Medizinerinnen und Medizinern an; insbesondere bei den Hausärztinnen und Hausärzten kann die zunehmende Überalterung bei steigenden Abgangs- und stagnierenden Zugangszahlen in den nächsten 10 – 15 Jahren – regional unterschiedlich ausgeprägt - zu Versorgungsengpässen führen.

Es ist gesetzliche Aufgabe von Kassenärztlichen Vereinigungen die Sicherstellung der vertragsärztlichen und damit auch der hausärztlichen Versorgung zu gewährleisten (vgl. § 75 SGB V). Aufgrund dessen haben sie den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, dass die vertragsärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht. Sofern die Kassenärztlichen Vereinigungen ihrem Sicherstellungsauftrag aus Gründen nicht nachkommen, die sie zu vertreten hat, können die Krankenkassen die in den Gesamtverträgen vereinbarten Vergütungen teilweise zurückbehalten (§ 75 Abs. 1 Satz 5 SGB V).

Bei der Frage, wie die Aufgabe der Sicherstellung am zweckmäßigsten zu lösen ist, haben die Kassenärztlichen Vereinigungen im Rahmen des Selbstverwaltungsrechts Gestaltungsfreiheit. Für die Beseitigung bestimmter Problemlagen hat die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen (KVN) in einer sog. Sicherstellungsrichtlinie verschiedene finanzielle Unterstützungsmöglichkeiten (z. B. Sicherstellungszuschlag im Bereitschaftsdienst, Umsatzgarantie) vorgesehen.

Die Kassenärztlichen Vereinigungen können außerdem zur Finanzierung von Fördermaßnahmen in Gebieten, für die Beschlüsse zur ärztlichen Unterversorgung bzw. für einen zusätzlichen Versorgungsbedarf von den Landesausschüssen für Ärzte und Krankenkassen nach § 100 Abs. 1 und 3 SGB V getroffen wurden, einen Strukturfonds bilden (§ 105 Abs. 1a SGB V). Mittel des Strukturfonds sollen insbesondere für Investitionskosten bei der Neuniederlassung oder der Gründung von Zweigpraxen eingesetzt werden.

In der mittelfristigen Planung (2012-2016) hat die vormalige Landesregierung die Förderung der hausärztlichen Versorgung ab den Jahren 2014 ff. auf Null gesetzt.

Die aktuelle Landesregierung hat für die Förderung der hausärztlichen Versorgung und die Unterstützung beim Auf- und Ausbau von Gesundheitsregionen und – konferenzen in den Entwurf des Haushaltsplanes 2014 insgesamt 1 Mio. Euro neu eingestellt (400.000 Euro bzw. 600.000 Euro). In der Mittelfristigen Finanzplanung bis 2017 werden die jeweiligen Beträge fortgeschrieben.

Die Landesregierung führt mit der KVN derzeit Gespräche über eine Beteiligung an der ab 2014 beabsichtigten Neuauflage der Förderung der ambulanten Versorgung im ländlichen Raum.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:

Mit der auf die Jahre 2012 und 2013 begrenzten Förderung der ambulanten ärztlichen Versorgung wurden insgesamt 43 Maßnahmen (Stand: Oktober 2013) unterstützt. Insoweit ist auch von einer Abschwächung des sog. „Landärztemangels“ auszugehen.

Nach der aktuellen Bedarfsplanung der KVN (Fortschreibung 2/2013, Stand 31. März 2013) gibt es niedersachsenweit 390,5 Zulassungsmöglichkeiten für Hausärzte und Hausärztinnen. Nach der Bedarfsplanung im März 2012 (Fortschreibung 01/2012) lag die Zahl der freien Zulassungen bei 438.

Der zuständige Landesausschuss nach § 90 SGB V hat für den Mittelbereich

Munster, also für einen von 97 hausärztlichen Planungsbereichen in Niedersachsen, im August 2013 eine drohende Unterversorgung festgestellt. Der KVN ist insoweit gem. § 100 Abs. 1 S. 2 SGB V vom Landesausschuss eine Frist zur Abwendung der Unterversorgung eingeräumt worden. Zudem hat der Landesausschuss angekündigt, weitere unterdurchschnittlich versorgte Planungsbereiche im Hinblick auf eine drohende Unterversorgung zu prüfen. Im Fall einer entsprechenden Feststellung ist wiederum die KVN aufgefordert, diesen Mangel zu beseitigen.

Es ist grundsätzlich Aufgabe der KVN (Sicherstellungsauftrag gemäß § 75 SGB V, s. o.) tatsächliche Mängel in der ärztlichen Versorgung zu beseitigen – erforderlichenfalls auch mit finanziellen Mitteln, die über die Maßnahmen der o. g. Sicherstellungsrichtlinie hinausgehen. Unter bestimmten Voraussetzungen (Einrichtung eines Strukturfonds nach § 105 Abs. 1 a SGB V) haben sich die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen sogar mit eigenen Mitteln an der Förderung der vertragsärztlichen Versorgung zu beteiligen. Auf die Vorbemerkung wird verwiesen.

Zudem ist zu berücksichtigen, dass sich wegen der Anfang 2013 überarbeiteten Bedarfsplanungsrichtlinie (Bpl.-Rtl.) – als Stichworte seien hier nur die Mittelbereiche als neue hausärztlichen Planungsbereiche sowie das Abweichungsrecht auf Landesebene nach § 2 Bpl.Rtl. genannt – wesentliche Rahmenbedingungen geändert haben, deren Auswirkungen sich erst zeigen werden.

Ziel der Überarbeitung der Bpl.-Rtl. war es gerade, zukünftig eine bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung zu ermöglichen. In diesem Sinn ist die Förderung in den Jahren 2012 und 2013 im Kern eine Übergangslösung bis zum Greifen der Neuregelungen der Bedarfsplanung.

Die Landesregierung ist sich allerdings darüber im Klaren, dass die Reform der Bedarfsplanung die aktuellen und zukünftigen Versorgungsprobleme gerade im Bereich der sog. Landärzte ohne flankierende Maßnahmen nicht vollständig lösen können wird. Sie hat sich daher - vorbehaltlich der Entscheidung des Landtages über den Haushalt - entschlossen, die zunächst die von der Vorgängerregierung auf Null gesetzte Förderung der ambulanten ärztlichen Versorgung neu aufzugreifen.

Der aktuelle Haushaltsansatz für die Förderung der hausärztlichen Versorgung ist aus Sicht der Landesregierung aus folgenden Gründen angemessen:

- Gesetzlicher Sicherstellungsauftrag der KVN ist vorrangig.

- Weiterentwicklung der Bedarfsplanung.

- Weiterentwicklung der Gesundheitsregionen.

Zu 2.:

Die Voraussetzungen für die neu aufzulegende Förderung der ambulanten ärztlichen Versorgung sind noch nicht festgelegt. Derzeit finden auf Fachebene Gespräche mit dem Ziel statt, die Fördermittel angesichts geänderter Rahmenbedingungen (siehe Ausführungen zur Bedarfsplanung in Antwort auf Frage 1.) zukünftig noch zielgenauer zu steuern.

Zu 3.:

Die Gründe, die dazu geführt haben, dass die vormalige Landesregierung in der mittelfristigen Planung (2012-2016) die Förderung für die Jahre 2014-2016 auf Null gesetzt hat, sind der derzeitigen Landesregierung nicht bekannt.

Presseinformationen Bildrechte: Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

erstellt am:
01.11.2013

Ansprechpartner/in:
Frau Heinke Traeger

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