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Pflegepolitik in Niedersachsen

Rede der Niedersächsischen Sozialministerin Dr. Carola Reimann


Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 10.11.2020, TOP 2b


– Es gilt das gesprochene Wort –

„Die Corona-Pandemie hat in den letzten Monaten den Blick besonders auf einen Bereich gelenkt, der diese Aufmerksamkeit schon lange verdient: den Pflegebereich.

Die Niedersächsische Landesregierung hat nicht erst seit Beginn der Pandemie die Notwendigkeit der Wertschätzung der Pflegeberufe immer wieder betont. Seit Jahren schon setze ich mich für eine Verbesserung der Situation der Pflege ein.

Deshalb habe ich im Sommer vergangenen Jahres zusammen mit unseren Partnern die „Konzertierte Aktion Pflege Niedersachsen“ (KAP.Ni) ins Leben gerufen – wie Sie wissen.

Mir ist die physische und psychische Belastung von Beschäftigten, die jeden Tag die Corona-Pandemie bekämpfen, sehr bewusst. Auch in dieser Zeit setze ich mich für gute Arbeitsbedingungen ein.

Daher lassen Sie mich bitte folgendes klarstellen: Bei der am 28.10.2020 erlassenen Allgemeinverfügung zur Durchführung des Arbeitszeitgesetzes handelt es sich um eine zeitlich befristete Maßnahme zur Bewältigung der Corona-Pandemie.

Es geht darum, in Arbeitsbereichen, die besonders zur Bekämpfung der Pandemie beitragen, Ausnahmen vom Verbot der Sonn- und Feiertagsarbeit und eine zeitlich befristete Erhöhung der Wochenarbeitszeit auf 60 Stunden möglich zu machen.

Dies gilt insbesondere für

· Not- und Rettungsdienste,

· Feuerwehren, Polizei, Gesundheitsämter,

· Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen, Labore.

Damit soll sichergestellt werden, dass unkompliziert und zeitnah auf sich zuspitzende Problemlagen mit flexiblen Arbeitszeitmodellen zeitlich befristet reagiert werden kann.

Die Regelungen waren schon einmal im März dieses Jahres in Niedersachsen und nahezu allen anderen Bundesländern in Kraft. Mit dem Anstieg der Infektionszahlen haben wir sie jetzt wiederaufleben lassen.

Dabei ist die Infektionslage sehr viel zugespitzter. Im März trat die Allgemeinverfügung an einem Tag in Kraft, an dem wir 292 Neuinfektionen zu verzeichnen hatten.

Jetzt, am 28.10.2020, ist sie an einem Tag in Kraft getreten, an dem wir 1059 Neuinfektionen hatten, Tendenz steigend. Dazu gehört auch, dass wir bundesweit einen Höchststand an Patientinnen und Patienten auf Intensivstationen haben.

Die Allgemeinverfügung ist die Reaktion auf eine pandemische Ausnahmesituation. Das Ziel der aktuellen Allgemeinverfügung ist es einmal mehr, einen sicheren rechtlichen Rahmenfür zeitlich begrenzte und in erster Linie flexible Arbeitszeitlösungen im Kampf gegendie Corona-Pandemie zu schaffen. Dabei bestehen die strengen Regelungen des Arbeitszeitgesetzes weiter.

Das sieht vor, dass innerhalb eines halben Jahres die Mehrarbeitszeiten wieder ausgeglichen sein müssen - und dass im Durchschnitt nicht mehr als 48 Stunden pro Woche gearbeitet werden darf. In der Praxis können so z. B. Mehrschichtsysteme oder „Arbeitsblöcke“ ermöglicht werden.

Diese Regelungen können auch dazu beitragen, das Infektionsrisiko von Beschäftigten zu reduzieren, weil immer in festen Teams gearbeitet wird. Dies kann insbesondere dann erforderlich sein, wenn es zu Ausbrüchen in einer Einrichtung wie einem Pflegeheim oder einem Krankenhaus kommt und Personal unter Quarantäne gestellt wird.

Wichtig ist zu auch wissen, dass die Allgemeinverfügung keine Verpflichtung auslöst, 60 Stunden pro Woche zu arbeiten. Zudem ist die Anordnung von Mehrarbeit nach wie vor zustimmungs- und mitbestimmungspflichtig und muss innerhalb der im Arbeitszeitgesetz festgelegten Fristen ausgeglichen werden. Im Durchschnitt darf innerhalb von sechs Kalendermonaten nicht mehr als 8 Stunden täglich gearbeitet werden.

Die Allgemeinverfügung ist zeitlich befristet und gilt bis zum 31.05.2021, dem vermuteten Ende der Winter- und Frühjahrserkältungswelle.

Lassen Sie mich noch etwas zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Pflege sagen: In der ambulanten Pflege wurden die Leistungskomplexe angepasst und die Vergütung dafür konnte zum 01.01.2020 um 5% gesteigert werden.

Es wird intensiv daran gearbeitet, für die Pflegesatzverhandlungen ein vereinfachtes Verfahren zu entwickeln. Dies beinhaltet eine deutliche Erhöhung der Punktwerte bei gleichbleibenden tatsächlichen Personalkosten sowie die Berücksichtigung der Wegepauschalenvergütung. Die finale Entscheidung der Vertragspartner wird für Mitte November erwartet.

Soweit Pflegeinrichtungen von COVID-19-bedingten Mindereinnahmen bei den Investitionsbeiträgen betroffen sind, erhalten diese weiterhin eine Förderung in Höhe von 90 Prozent ihrer bisherigen Leistungen. Ich darf noch einmal auf unser Programm zur Stärkung der Pflege im ländlichen Raum hinweisen, mit dem wir Projekte unterstützen, die die Arbeitsbedingungen in der Pflege verbessern. Dafür stellen wir 5 Mio. Euro in diesem Jahr bereit.

Den Vorwurf, wir kümmerten uns nicht um bessere Arbeitsbedingungen in der Pflege, weise ich daher entschieden zurück.“


Presseinformationen Bildrechte: Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

erstellt am:
10.11.2020

Ansprechpartner/in:
Oliver Grimm

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