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Konzertierte Aktion Pflege Niedersachsen – „Eine Menge ist erreicht, vieles liegt noch vor uns.“

KAP.NI-Partnerinnen und -Partner ziehen Zwischenbilanz und vereinbaren Fortsetzung


Seit 2019 arbeiten in der Konzertierten Aktion Pflege Niedersachsen – KAP.NI – das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung, die niedersächsischen Wohlfahrtsverbände, die Verbände der privaten Anbieter, die Pflegekassen, die Kommunalen Spitzenverbände und die Gewerkschaften für Verbesserungen in der Pflege zusammen.

Die Partnerinnen und Partner haben im Herbst 2019 ein Maßnahmenpaket entwickelt, mit dem die pflegerische Versorgung in Niedersachsen zukunftsfähig, innovativ und auf Basis einer von Vertrauen geprägten Zusammenarbeit sichergestellt werden soll.

Ein Großteil der getroffenen Vereinbarungen konnte trotz erschwerter Pandemiebedingungen auf den Weg gebracht werden. Realisiert wurden beispielsweise die Stärkung des betrieblichen Gesundheitsmanagements und der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, innovative Versorgungsformen sowie Verbesserungen der oftmals zähen und komplexen Vergütungsverhandlungen. Die von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ambulanter Pflegedienste erbrachten Leistungen werden deutlich besser vergütet, und die Bezahlung von Pflegekräften wird durch Tariftreueregelungen im Niedersächsischen Pflegegesetz und SGB XI verbessert.

„Der Satz, dass es für viele Probleme leider keine einfachen Lösungen gibt, trifft wohl auf wenige Bereiche so zu wie auf die riesigen Herausforderungen, die in der Pflege vor uns liegen“, erklärt Niedersachsens Sozialministerin Daniela Behrens. „Um spürbare Verbesserungen für die Pflegedürftigen, ihre Angehörigen und die Pflegekräfte gleichermaßen zu erreichen, bedarf es einer immensen Kraftanstrengung aller beteiligten Akteurinnen und Akteure. Vor diesem Hintergrund war die Gründung der Konzertierten Aktion Pflege Niedersachsen unter dem großen Einsatz von Carola Reimann im Jahr 2019 ein wichtiger Meilenstein. Seit dem Start der KAP.NI haben wir alle gemeinsam wichtige Schritte zu einer Verbesserung der Situation auf den Weg gebracht. Gleichzeitig sind sich alle Beteiligten einig, dass in den kommenden Monaten und Jahren weitere folgen müssen – wir haben eine Menge erreicht, vieles liegt noch vor uns. Ich bedanke mich daher bei allen Partnerinnen und Partnern für das bisher Erreichte und die Bereitschaft zur Fortsetzung der KAP.NI.“

Aus Sicht der Landesregierung sind dabei neben der weiteren Verbesserung der Arbeitsbedingungen vor allem die Stärkung pflegender Angehöriger und Ehrenamtlicher, die Gewinnung von zusätzlichen Fach- und Assistenzkräften sowie die Digitalisierung der ambulanten Versorgung in den Blick zu nehmen und mit konkreten Maßnahmen zu hinterlegen.

Dr. Jürgen Peter, Vorstandsvorsitzender der AOK Niedersachsen, erklärt: „Oberste Prämisse unseres Handelns muss sein, dass alles was wir tun den Pflegebedürftigen zugutekommt. Deshalb haben wir uns gemeinsam auf den Weg gemacht, um den Pflegeberuf zu stärken und die pflegenden Angehörigen zu entlasten. Die letzten drei Jahre haben dafür das Fundament gelegt – und das wollen wir in Zukunft mit KAP.NI fortsetzen.“

Hanno Kummer, Leiter Verband der Ersatzkassen (vdek) in Niedersachsen: „Wir haben gemeinsam viel erreicht. Insbesondere haben wir uns in der zentralen und lange Zeit strittigen Frage der Vergütung ambulanter Pflegedienste geeinigt. Wir mussten dabei alle auch über den eigenen Schatten springen. Im Ergebnis haben wir uns auf ein einfaches, transparentes Modell verständigt, das in dieser Form bundesweit einmalig ist. Höhere Gehälter für die Beschäftigten führen dabei systematisch zu höheren Vergütungen. Landesweit 630 ambulante Pflegedienste in Niedersachsen haben auf dieser Basis schon Vereinbarungen abgeschlossen, und zwar mit erheblichen Vergütungssteigerungen von durchschnittlich knapp 20 Prozent. Nun wollen wir bei dem Kernthema Pflege andere zukunftsweisende Handlungsfelder in den Blick nehmen.“

Marco Brunotte, Vorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege in Niedersachsen (LAG FW), begrüßt die Fortsetzung der KAP.NI: „Die Pflege steht vor großen Umbrüchen. Mit Blick auf die demografische Entwicklung und den bereits jetzt bestehenden Fachkraftmangel in den sozialen Berufen wird die Versorgung der pflegebedürftigen Menschen ohne innovative Ansätze und tiefgreifende Veränderungen nicht mehr zu schaffen sein. Die massiven Preissteigerungen der letzten Monate werden zu einer Armutsfalle im Alter und die Verwerfungen auf dem Bau machen Neubauprojekte und Bestandssanierungen nahezu unmöglich. Für Zukunftsinvestitionen muss der Masterplan Digitalisierung des Landes Niedersachsen auch zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen geöffnet werden. Und natürlich bewegt uns in der Pflege die Frage, wie wir unseren Beitrag zu Nachhaltigkeit und Klimaschutz leisten können. Gemeistert werden können solche Herausforderungen nur, wenn alle Beteiligten zusammenarbeiten. Dafür brauchen wir dringender als je zuvor das Instrument KAP.NI.“

Ricarda Hasch, Vorsitzende des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste in Niedersachsen, erklärt: „Mit der KAP.NI ist auf dem Weg zur Sicherung einer qualitativ guten Versorgung der Pflegebedürftigen in Niedersachsen sowie zur weiteren Verbesserung der Arbeitsbedingungen unserer Mitarbeitenden in der Pflege ein guter Start gelungen. Im Ziel sind wir aber noch lange nicht - das wird ein Langstreckenlauf. In allen Bereichen der pflegerischen Versorgung müssen weitere Themen bewältigt werden. Dazu gehören unter anderem die massiv gestiegenen Energie- und Lebensmittelkosten ebenso wie die nach wie vor viel zu bürokratischen Vergütungs- oder Pflegesatzverhandlungen und Doppelprüfungen. Es ist ein grundlegender Erfolg, dass sich alle Akteure der Pflege in Niedersachsen gemeinsam auf den Weg gemacht haben. Jetzt brauchen wir gemeinsam langen Atem für die restliche Strecke. Wir mittelständischen Unternehmerinnen und Unternehmen werden uns selbstverständlich im Rahmen der KAP.NI auch weiterhin konstruktiv für die Belange der Pflegebedürftigen sowie unsere Mitarbeitenden einsetzen.“



Hintergrund Konzertierte Aktion Pflege

  1. Thema: Bessere Löhne in der Pflege
  • Vereinfachtes Verfahren für die Vergütung in der ambulanten Pflege, automatische Refinanzierung von Tarifanpassungen

Im Rahmen der „Konzertierten Aktion Pflege Niedersachen“ (KAP.NI) wurde zwischen den Leistungserbringern und Kostenträgern im Dezember 2021 vereinbart, im Rahmen eines sogenannten „vereinfachten Verfahrens“ die jeweiligen Punktwerte so zu gestalten, dass die tatsächlich entstandenen Personalkosten (Durchschnittswert) berücksichtigt werden. Die Verhandlungspartner haben sich somit auf ein neues Modell geeinigt, welches die Höhe der Personalkosten eines ambulanten Pflegedienstes unmittelbar zur Bemessung der Vergütungen heranzieht. Diese Anwendung ist für die Dienste zusätzlich mit Vergütungssteigerungen verbunden. Da das Modell durch die proportionale Fortführung von Personalkosten und Punktwerten nach oben geöffnet ist, können auch zukünftige Personalkostensteigerungen adäquat abgebildet werden. Das Modell dient daher gleichzeitig der zukunftssicheren Umsetzung der Tariftreueregelungen nach Niedersächsischem Pflegegesetz und dem Bundes-Gesetz zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung (SGB XI / Pflegereform Bund 2021). Durch das vereinfachte Verfahren ist laut Angaben der Pflegekassen damit zu rechnen, dass die Leistungen der ambulanten Dienste im Durchschnitt um bis zu 20 Prozent besser vergütet werden.

  • Bessere Vergütung der ambulant erbrachten Leistungen

Die Vergütung der ambulant erbrachten Leistungen (Leistungskomplexpauschalen) wurden im Rahmen der KAP.NI bereits zum 1.1.2020 um insgesamt 5% erhöht.

  • Tarifgerechte Bezahlung als Voraussetzung für Investitionsförderungen des Landes als Bestandteil der Novelle des Niedersächsischen Pflegegesetzes, die im Dezember 2021 in Kraft getreten ist.

· Refinanzierung der Umlagebeiträge für die Ausbildung

Seit 2020 werden die bislang getrennten Ausbildungen in der Altenpflege, Gesundheits- und Krankenpflege und Gesundheits- und Kinderkrankenpflege zu einer generalistischen Pflegeausbildung zusammengefasst und führen zum Abschluss Pflegefachfrau bzw. Pflegefachmann. Zugleich wurde mit der Ausbildungsreform eine neue Form der Finanzierung entwickelt:

Die Ausbildung wird nun über ein Umlagesystem finanziert. Für die vor 2020 begonnenen Ausbildungsgänge läuft noch parallel das alte einrichtungsindividuelle System der Refinanzierung bis voraussichtlich 31.12.2024.

Bis dahin sind zwei Verfahren der Finanzierung umzusetzen. Die Budgetverhandlungen für die Pflegeschulen und die Träger der praktischen Ausbildung, als Grundlage der Gesamtfinanzierung der Ausbildungskosten werden alle zwei Jahre neu verhandelt. Die letzte Verhandlungsrunde wurde erfolgreich abgeschlossen.

  1. Thema: Verbesserungen im Personalmanagement und Betrieblichen Gesundheitsmanagement

· Abschluss von Kooperationsvereinbarungen für Maßnahmen zur Beratung von betrieblicher Gesundheitsförderung (BGM-Maßnahmen) mit Partnerinnen und Partnern.

  • Erweiterung der Informationsangebote für Beschäftigte

Die Angebote zur Verbesserung der gesundheitlichen Situation und zur Stärkung der gesundheitlichen Ressourcen und Fähigkeiten oder Angebote der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter oder Angebote zur Sensibilisierung der psychosozialen Gesundheit sowie die Entwicklung von Kompetenzen im Umgang mit psychosozialen Erkrankungen von BewohnerInnen wurden ausgebaut.

  • Durchführung einer Informationsveranstaltung „Pflege im Wandel nach der Pandemie“ durch die BGF-Koordinierungsstelle

Die Koordinierungsstelle Beratung zur betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF-Koordinierungsstelle) in Niedersachsen hat am 08. Juli 2021 eine digitale Veranstaltung zu dem Thema „Pflege im Wandel nach der Pandemie“ mit dem Ziel der Verringerung Psychischer Belastungen, Stärkung und Resilienzfähigkeit von Personal im Bereich der Pflege durchgeführt.

Auf der Website www.pflege-stärken-chancen-nutzen.de stehen die Inhalte der Veranstaltung als Aufzeichnung sowie die Zusammenfassungen der verschiedenen Breakout Sessions zur Verfügung.

3. Thema: Innovative Versorgungsansätze und Versorgungssteuerung

  • Projektstart „Pflegenachbarn“

Zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen erprobt ein niedersächsisches Projektteam unter Förderung des Landes Niedersachsen zwei Jahre lang eine neue Art der ambulanten Betreuung von pflegebedürftigen Menschen. Das innovative Projekt „Pflegenachbarn“ hat die Zielsetzung eine höhere Zufriedenheit bei allen Beteiligten zu erreicht und insgesamt attraktivere und gesündere Arbeitsbedingungen geschaffen werden. Gleichzeitig soll durch die Einbindung des Sozialraums, also der Nachbarschaft und Ehrenamtlicher, eine gezielte Entlastung von pflegenden Angehörigen erreicht werden.

  • Start der verkürzten Pflegeassistenzausbildung

Die Landesregierung hat – in Kooperation mit der Agentur für Arbeit – für Menschen mit abgeschlossener Ausbildung und Berufserfahrung die Möglichkeit des direkten Einstiegs ins zweite Jahr der Pflegeassistenz-Ausbildung geschaffen. So wird bei gleichbleibender Ausbildungsqualität ein schneller Zugang zu einer Berufslaufbahn in der Pflege geschaffen.

  • Kampagne „Meine Zukunft Pflege“

Mit der Kampagne „Meine Zukunft Pflege“ wirbt das Land mit den Partnerinnen und Partnern seit Sommer 2021 für den Pflegeberuf insgesamt und auch den Einstieg in die Ausbildung zur Pflegeassistenzkraft.

In der landesweit öffentlich aushängenden Kampagne kommen Pflegekräfte aus Niedersachsen zu Wort: Mit selbstbewusster Haltung erklären sie, warum sie sich für den Pflegeberuf entschieden haben und bewerben diesen öffentlich.

  • Weiterentwicklung des Landespflegeberichtes und Aufwertung der Pflegeberichterstattung

Der neue, im Auftrag des Landes erstellte Landespflegebericht hat die Fachkräfteversorgung zum Schwerpunkt. Er enthält zudem eine neuartige Analyse der pflegerischen Versorgungssicherheit in den einzelnen Kommunen. Mit diesem Index erhalten die Kommunen Hinweise, ob bei ihnen aktuell oder zukünftig mit größeren Herausforderungen in der Sicherung der pflegerischen Versorgung zu rechnen ist. Durch die im Dezember 2021 in Kraft getretene Novelle des Niedersächsischen Pflegegesetztes hat das Land zudem die Pflegeberichterstattung auf kommunaler Ebene aufgewertet und mit der Landes-Pflegeberichterstattung besser verzahnt. Regelmäßig und verbindlich sind örtliche Pflegekonferenzen abzuhalten und örtliche Pflegeberichte zu erstellen. Mit der neuen Pflegeberichterstattung gewinnt also die kommunale Situation und Steuerung an Bedeutung, die Pflegelandschaft kann mit Blick auf die regionalen Verhältnisse zielgenauer weiterentwickelt werden.

  • Landesförderung für mehr Kurzzeitpflegeplätze

Die Sicherstellung des Angebots an Kurzzeitpflegeplätzen in Niedersachsen wird durch die am 22.12.2021 in Kraft getretenen Regelungen des Niedersächsischen Pflegegesetzes unterstützt: 5,5 Millionen Euro werden dafür im Landeshaushalt 2022 bereitgestellt.

  • Erweiterung der Anerkennungsverordnung

Die Einzelanerkennung von Kräften, die Angebote zur Unterstützung im Alltag erbringen, wurde durch eine neue Anerkennungsverordnung eingeführt. Damit können 2000 bis 5000 neue Kräfte gewonnen werden, die u.a. pflegende Angehörige entlasten. Bislang konnten nur Dienste anerkannt werden.

4. Verwirklichte KAP.NI Projekte jenseits des ursprünglichen Zeit- und Maßnahmenplans

  • „Telesprechstunde - Tablets für Niedersachsens Pflegeheime“

Von Mai bis September 2020 hatten alle Pflegeheime die Möglichkeit, kostenlos Tablets und die erforderliche Software zu erhalten. Die Förderung erfolgte aus Mitteln des „Sondervermögens für den Ausbau von Hochleistungsfähigen Datenübertragungsnetzen und für Digitalisierungsmaßnahmen“ des Landes und aus Mitteln der Pflegeversicherung nach § 8 SGB XI.

Mehr als 800 Tablets wurden im Rahmen des Projekts ausgegeben und können weiterhin eingesetzt werden.

· COVID-19 Schutzimpfungen

Entsprechend wurde das Bündnis für eine gemeinsam initiierte Impf-Kampagne für die Grippeimpfung bei Pflegebedürftigen und Beschäftigten genutzt, um so das Risiko der gleichzeitigen Infektion mit COVID-19 und Influenza zu minimieren.

· Corona-Prämie für Beschäftigte in der Altenpflege

Das Land Niedersachsen hat im Jahr 2020 die Corona-Prämie für Beschäftigte in der Altenpflege mit Landesmitteln aufgestockt, so dass diese insgesamt bis zu 1500 Euro als Anerkennung für ihren besonderen Einsatz erhalten haben (dafür hat das Land ca. 46 Millionen Euro aufgewendet).

· Modellprojekt „Freiwilliges Soziales Jahr Pflege“

Die Landesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrt (LAG FW) und Sozialministerium haben zusammen das Modellprojekt „Freiwilliges Soziales Jahr Pflege“ konzipiert, welches zum 1. Januar 2021 in Niedersachsen gestartet ist.

5. Geplante Schwerpunkte für die Fortsetzung der KAP.NI:

A: Innovationen und Digitalisierungs-Unterstützung für die ambulante Versorgung

B: Gewinnung von zusätzlichen Fach- und Assistenzkräften

C: Stärkung pflegender Angehöriger und Ehrenamtlicher

D. Ausbau der Pflegekompetenzen


Presseinformationen

Artikel-Informationen

erstellt am:
10.06.2022

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