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20. Verleihung des Juliane Bartel Medienpreises Preises

Preise für „Spannervideos - Wer filmt Frauen auf Toiletten?“, „Rechte Terroristen: Hass auf Frauen“, „Sexismus in kanackischen Communitys“, „Der Mörder und meine Cousine“ - Sonderpreis für „Bushra – Vertrieben aus Myanmar“ - Jury tagte Online


Ministerin Daniela Behrens: „Der Weg in eine gleichberechtigte Gesellschaft gelingt nur miteinander“


Bei der Online-Sitzung der Jury für den Juliane Bartel Medienpreis in Hannover sind herausragende Beiträge ausgezeichnet worden, die investigativ und unterhaltsam das Verhältnis der Geschlechter beleuchten, Hintergründe und Mechanismen der Diskriminierung von Frauen offenlegen ̶ aber auch Mut machende Beispiele zeigen, wie ein Miteinander gelingt. Coronabedingt war die eigentlich geplante Geburtstagsparty im Landesfunkhaus in Hannover nicht möglich. Die Jury tagte deshalb online und die Preise werden individuell überreicht. Trotz der insgesamt schwierigen Umstände war die Resonanz auch in 2020/21 wieder sehr groß: „Mehr als 160 Beiträge lagen zur Bewertung vor mit insgesamt sehr hoher Qualität“, sagt Sozial- und Gleichstellungsministerin Daniela Behrens, deren Ministerium die Preisverleihung gemeinsam mit dem NDR und der Landesmedienanstalt ausrichtet.

Sie stellt fest: „Ein Wechsel von Stereotypen gelingt nur, wenn alle mitmachen. Mädchen und Frauen brauchen ermutigende Beispiele, damit sie sich trauen, ihren Platz in der Gesellschaft und vor allem auch im Berufsleben einzufordern und einzunehmen. Aber genauso brauchen Jungen und Männer Ermunterung und Ansprache, um altgewohnte Stereotype zu überdenken und sich trauen, neue Rollenbilder anzunehmen.“

Die ausgezeichneten Beiträge zeigen die verschiedenen Ebenen von Übergriffen auf, denen Frauen auch heute noch ausgesetzt sind, und legen Mechanismen und Denkmuster offen, die zu diesen Übergriffen führen. Teilweise schwere Kost, aber durchweg mit einer beeindruckenden Kreativität und durch ein investigatives Potenzial aufbereitet, dass Zuhörende und Zuschauende gefesselt sind und sich den Geschichten einfach nicht entziehen können.

Daniela Behrens dankt der Vorjury und der Jury für die außerordentlich schwierige Arbeit, aus den vielen beeindruckenden Einsendungen die Siegerinnen und Sieger herauszufiltern. Von diesen gehe eine Signalwirkung aus, so die Sozialministerin: „Die Coronazeit hat uns gezeigt, dass nur solidarisches Handeln durch die Krise und aus der Krise führt. Und genauso verhält es sich mit dem Verhältnis von Männern und Frauen: Der Weg in eine gleichberechtigte Gesellschaft gelingt nur miteinander.“

Mit dem renommierten Juliane Bartel Preis würdigt das Land gemeinsam mit dem NDR und der Landesmedienanstalt Autorinnen und Autoren, die in ihren Fernseh-, Hörfunk- und Online-Beträgen auf ernste oder unterhaltsame Weise die Gleichstellung von Frauen und

Männern thematisieren und dabei Rollenkonflikte oder Diskriminierungen sichtbar machen. Insgesamt 164 Medienschaffende aus dem gesamten deutschsprachigen Raum bewarben sich um den renommierten Medienpreis, der bereits seit 2001 verliehen wird. Er ist nach der Journalistin Juliane Bartel (1945 – 1998) benannt, die als gradlinige, kritische sowie humorvolle Person für einen fairen und glaubwürdigen Journalismus steht.

Der mit insgesamt 15.000 Euro dotierte Juliane Bartel Medienpreis geht 2021 in den vier weiterentwickelten Kategorien und mit einem Sonderpreis an folgende Gewinnerinnen und Gewinner:



Fiktion & Entertainment (FE)

Der Mörder und meine Cousine

Podcast 211´00 insgesamt, Bayern 2

AutorInnen: Burchard Dabinnus, Tatjana Thamerus

Saskia ist tot – umgebracht durch ihren Partner. Saskias Cousin Burchard lässt die Tat nicht los. Er fragt sich: Hätte ihr Tod verhindert werden können? Burchard wird zum Ermittler in eigener Sache und stößt auf einen Abgrund an Gewalt. Burchard Dabinnus und Tatjana Thamerus erzählen in dieser Hörstück-Serie die Geschichte eines Femizids, den sie kontextuell sehr gut einordnen. Herausragend macht das Hörspiel, dass sich Burchard selbst auf den Weg macht dem Mord auf den Grund zu gehen und dabei nicht nur die Gründe für den Femizid selbst aufdeckt, sondern sich auch selbst hinterfragt und weiterentwickelt. Dabei ist das Hörstück atmosphärisch herausragend verdichtet und hebt sich deutlich von anderen Einreichungen mit dem gleichen Themenschwerpunkt ab. Die insgesamt 7 Folgen sind dabei so fesselnd, dass dem Thema eine ganz besondere Tiefe gegeben werden kann.

Der Beitrag war in der Kategorie „Doku Audio“ angetreten, wurde aber von der Jury unter „FE“ eingeordnet



Doku (audio)

Sexismus in kanackischen Communitys

96`02 min, Kanackische Welle

Autoren: Malcolm Ohanwe, Marcel Aburakia

In dieser Folge ihres Podcasts thematisieren Malcolm Ohanwe und Marcel Aburakia gemeinsam mit ihren Gesprächspartnerinnen – den Macherinnen des Podcasts „Chai Society“ - Sexismus in südländischen Communitys. Die Gast-Frauen erzählen dabei von ihren persönlichen Erfahrungen mit Sexismus von „Kanacken“, in Communitys in Deutschland. Malcolm Ohanwe und Marcel Aburakia ermöglichen ihren Zuhörerinnen und Zuhörern einen intensiven Einblick in „kanackische Communitys“, wie man ihn medial zu selten bekommt. Anhand von persönlichen Erlebnisberichten der Sprecherinnen und Sprecher und Einspielungen von den Einschätzungen der Eltern dieser, finden verschiedene Perspektiven und Stimmen in diesem Format Platz. Positiv anzumerken ist zudem, dass im Podcast Männer und Frauen miteinander ins Gespräch kommen und selbstkritisch die eigenen Erfahrungen reflektieren. Dabei fällt besonders positiv auf, dass der Podcast durch seine lockere Gesprächsatmosphäre einen Raum kreiert, der sowohl die Gesprächsteilnehmerinnen und -teilnehmer offen reden lässt als auch den Zuhörerinnen und Zuhörern einen Platz in der Gesprächsrunde anbietet. Das Format richtet sich vor allem an junge Menschen, bietet aber für alle Hörerinnen und Hörer einen Einblick in Sexismus, wie er sonst kaum zu finden ist


Doku (visuell)

Spannervideos - Wer filmt Frauen auf Toiletten?

36`58, Strg_F

Autorin: Patrizia Schlosser

Stellt euch vor, ihr geht zur Toilette und danach kann sich das jeder Spanner im Netz ansehen. Denn jemand hat euch heimlich gefilmt und ein Video davon online gestellt – auf eine Pornoseite. In Deutschland stehen auf Spannervideos bis zu zwei Jahre Haft, doch die Täter fühlen sich online sicher - denn ihre Opfer wissen ja nicht, dass sie Opfer sind. Reporterin Patrizia Schlosser dringt undercover in das Netzwerk dieser Leute ein, chattet über ein Jahr lang immer wieder mit Männern, die sich über Spy Cams austauschen und sich gegenseitig für ihr Tun feiern. Das Recherche-Ziel: Die Täter identifizieren und konfrontieren. In diesem Film sehen wir eine Reporterin bei der intensiven Recherche über Monate – mit einem Ergebnis: Sie stellt einen der Täter. Besonders zu würdigen ist bei diesem Film der große Aufwand an investigativer Recherche über ein bisher kaum bis gar nicht medial thematisiertes Gleichstellungs-Thema und die durchweg positive Vorbildwirkung, einer Reporterin in einem nach wie vor männlich dominierten Berufsbild bei der Arbeit zusehen zu können.


Shorts

Rechte Terroristen: Hass auf Frauen 9'00 min, Das Erste/NDR

Robert Bongen, Katharina Schiele

Es ist ein Song, der vor Frauenverachtung nur so strotzt: „Hoes suck my dick while I run over pedestrians“, heißt es darin, zu Deutsch: „Nutten lutschen meinen Schwanz, während ich Fußgänger überfahre.“ Ein Song, den der Attentäter am Tattag von Halle im Auto laufen lässt und den er sich offenbar bewusst ausgesucht hat, um seine Tat zu untermalen. Nach Panorama-Recherchen handelt es sich bei dem Lied um eine Art Hommage an Alek Minassian, der darin explizit erwähnt wird. Minassian hatte im April 2018 in Toronto mit

einem Kleinbus zehn Menschen überfahren, darunter acht Frauen - getrieben vor allem von Hass auf Frauen. In diesem 9 Minuten erzählen Robert Bongen und Katharina Schiele vom Halle-Attentat und dem Frauenhass des Täters. Die AutorInnen arbeiten Frauenfeindlichkeit differenziert auf einer neuen Ebene heraus und bringen bisher medial kaum beleuchtete Zusammenhänge filmisch-atmosphärisch gut verdichtet zum Vorschein.

Die Jury hatte die Möglichkeit einen Sonderpreis zu vergeben. Dieser geht in diesem Jahr an eine Produktion für Kinder und Jugendliche, die in der Kategorie Doku (visuell) nominiert war.


Sonderpreis der Jury:

Bushra – Vertrieben aus Myanmar

25'00 min, KiKa

Autorin: Stefanie Appel

Die neunjährige Bushra lebt im größten Flüchtlingscamp der Welt, in Bangladesch. Sie gehört zum Volk der Rohingya, Muslime aus dem Westen Myanmars, die von dort vertrieben worden sind. Bushra kam mit ihren Eltern, sieben Geschwistern und ihrer Großmutter über die Grenze, nach fünfzehn Tagen Flucht durch die Berge. Was augenscheinlich zunächst die Geschichte einer Flucht ist, entpuppt sich im Laufe des sehr atmosphärischen und lebendigen Films als eine Geschichte von Rollenbildern und den Rollenkonflikten eines jungen Mädchens auf der Flucht. Stefanie Appel schafft es die Geschichte eines geflüchteten Mädchens zu erzählen, ohne dabei in die Klischeefalle zu tappen. Stattdessen bekommt die Protagonistin Raum, um über ihre Träume und Perspektiven zu sprechen. Der Film zeigt dabei seiner jungen Zielgruppe ein junges Mädchen, welches nicht dem viel erzählten Stereotyp entspricht, sondern den gewaltvollen Umbruch in ihrem Leben als Chance für mehr Eigenständigkeit und Bildung begreift.



Die Jury

In einer zweitägigen Videokonferenz hat sich die hochkarätig besetze Fachjury auf die diesjährigen Siegerbeiträge geeinigt. Die Jury setzt sich aus prominenten Fachleuten zusammen.

In diesem Jahr waren dies:

Ilka Eßmüller

Ninia LaGrande

Angelika Henkel

Felicia Reinstädt

Karoline Eichhorn

Thomas Hallet

Till Reiners

Michel Abdollahi.

Die Vorstellung der Jury-Mitglieder, die Laudationes zu den Siegerbeiträgen und Grußworte finden Sie auf unserer Internetseite www.jbp.niedersachsen.de


Presseinformationen Bildrechte: Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

erstellt am:
04.05.2021

Ansprechpartner/in:
Silke von der Kammer

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