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Mündliche Anfrage: Was ist die Ursache für die erhöhte Krebsrate in der Samtgemeinde Bothel?

Antwort der Landesregierung auf die Mündliche Anfrage


Niedersachsens Sozialministerin Cornelia Rundt hat namens der Landesregierung auf eine Mündliche Anfrage der Abgeordneten Mechthild Ross-Luttmann und Martin Bäumer (CDU) geantwortet.

Der Abgeordneten Mechthild Ross-Luttmann und Martin Bäumer (CDU) hatten gefragt:

Das Epidemiologische Krebsregister (EKN), das Landesgesundheitsamt und der Landkreis Rotenburg haben am 15. September 2014 die Öffentlichkeit über erhöhte Krebsfälle bei Männern in der Samtgemeinde Bothel informiert. Diese Erhöhung ist signifikant, und es kommt jetzt darauf an, schnellstmöglich die Ursache für diese Erkrankungen herauszufinden. Die Bürgerinnen und Bürger im Landkreis Rotenburg sind sehr besorgt und befürchten einen Zusammenhang mit der Förderung von Erdgas durch Fracking in Hemslingen/Söhlingen. Das Landesgesundheitsamt konnte einen direkten Zusammenhang mit der Erdgasförderung in der Veranstaltung weder bestätigen noch ausschließen.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Was unternimmt die Landesregierung, um erkrankte Bürger und ihre Familien zu unterstützen?

2. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um den Landkreis Rotenburg bei der Aufklärung der Ursachen wirksam zu unterstützen?

3. Wird die Landesregierung auch an anderen Erdgasförderstellen in Niedersachsen eine Untersuchung der Krebsraten vornehmen, um Hinweisen auf einen Zusammenhang zwischen der Erdgasförderung und den Krebserkrankungen nachzugehen?

Ministerin Cornelia Rundt beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung:

Der Landkreis Rotenburg (Wümme) hatte aufgrund einer Anfrage und einer Unterschriftensammlung einer Bürgerinitiative zu einer vermuteten Krebshäufung in der Bevölkerung einer Mitgliedsgemeinde der Samtgemeinde Bothel das Epidemiologische Krebsregister Niedersachsen (EKN) um eine Sonderauswertung gebeten. Die Anfrage wurde von einem Arbeitskreis, bestehend aus Mitgliedern mehrerer Bürgerinitiativen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Gesundheitsamtes des Landkreises, des Niedersächsischen Landesgesundheitsamtes (NLGA) und der Vertrauensstelle des EKN, erarbeitet.

Ausgewertet wurden die dem EKN gemeldeten Krebsneuerkrankungsfälle der Diagnosejahre 2003 bis 2012. Untersucht wurden zwölf Diagnosegruppen. Bei drei Diagnosegruppen erfolgte eine getrennte Auswertung für Männer und Frauen. Als Vergleichsregion wurde der ehemalige Regierungsbezirk Lüneburg aufgrund einer ähnlichen Bevölkerungsstruktur festgesetzt.

Im Ergebnis ist im untersuchten 10-Jahreszeitraum die Gruppe der Leukämien und Lymphome bei Männern in der Samtgemeinde Bothel mit 41 beobachteten bei 21,3 erwarteten Fällen statistisch deutlich erhöht. In einer vertiefenden Analyse der Diagnosegruppen Leukämien und Lymphome bei Männern zeigte sich, dass insbesondere bei Multiplen Myelomen und Non-Hodgkin-Lymphomen mehr Fälle beobachtet wurden, als zu erwarten waren. Ein zeitlicher Trend über die zehn Beobachtungsjahre ist nicht erkennbar. Für Frauen ist bei den Leukämie- und Lymphom-Erkrankungen keine Auffälligkeit festzustellen. Auch ist keine weitere Untersuchungsgruppe statistisch auffällig erhöht.

Bei der Sonderauswertung des EKN handelt es sich um eine statistische, deskriptive Betrachtung. Aussagen zur Ursache von lokalen Krebshäufungen sind mit Analysen, die sich ausschließlich auf Krebsregister-Routinedaten beziehen, nicht möglich.

Der hier im eigenen Wirkungskreis zuständige Landkreis Rotenburg (Wümme) wird das weitere Vorgehen zu möglichen Folgeuntersuchungen im bestehenden Arbeitskreis, der gegebenenfalls um weitere Experten zu erweitern ist, abstimmen.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:

Die Landesregierung sorgt sich um die erkrankten Bürgerinnen und Bürger und nimmt die Sorgen ihrer Familien und der gesamten Bevölkerung ernst. Sie unterstützt den Landkreis Rotenburg (Wümme), der in einem transparenten Verfahren unter Einbeziehung von Bürgerinitiativen bestrebt ist, Erkenntnisse über mögliche Ursachen der lokalen Krebshäufung zu erhalten.

Darüber hinaus unterstützt die Landesregierung die Niedersächsische Krebsgesellschaft sowie die Krebsberatungsstellen und -selbsthilfegruppen in Niedersachsen mit finanziellen Mitteln. Diese Strukturen unterstützen neben den Beratungsangeboten der Deutschen Rentenversicherung, der örtlichen Sozialhilfeträger und der Arbeitsagenturen Betroffene hinsichtlich bestehender Versorgungsansprüche und Unterstützungsleistungen zur Wiedereingliederung bzw. zum Verbleib in der Berufstätigkeit.

Zu 2.:

Das NLGA und das EKN stehen dem Landkreis Rotenburg (Wümme) mit ihrem Sachverstand auch weiterhin beratend zur Seite, bringen sich aktiv in die Planungen zum weiteren Vorgehen ein und bieten Unterstützung bei der statistischen Auswertung und Bewertung von Daten. Des Weiteren stellt das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) den Gesundheitsbehörden alle benötigten Informationen zur Erdgasförderung in der Region zur Verfügung. Dazu können u.a. die Lage von Förderbohrungen, die Historie der Erdgasförderung, Inhaltsstoffe des geförderten Erdgases, der betriebliche Umgang mit schädlichen (zum Teil auch krebserregenden) Stoffen, Betriebs- und Verfahrensabläufe sowie Ergebnisse von Wasser-, Boden- und Luftuntersuchungen zählen.

Zu 3.:

Derzeit gibt es keine Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen der Erdgasförderung/Erdölförderung und den Krebserkrankungen. Zunächst ist es vordringlich, Folgeuntersuchungen in der Samtgemeinde Bothel durchzuführen, um der Frage nachzugehen, welche Faktoren oder Umstände diese Erhöhung hervorgerufen haben könnten. So muss zunächst ergebnisoffen geklärt werden, ob sich Gemeinsamkeiten bei den Betroffenen finden lassen (Wohnortanamnese, Berufsanamnese, besondere Belastungen), die auf einen Zusammenhang zur Erkrankung hinweisen. Außerdem wird eine weitere Ausdehnung der Auswertungen des EKN auf exemplarisch ausgewählte andere Gemeinden, in denen ebenfalls Erdöl- und Erdgasförderung stattgefunden hat, erfolgen.

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