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Rede des Niedersächsischen Ministers für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung, Dr. Andreas Philippi

„Entschließung des Bundesrats zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen bei der Zustellung von Paketen“


Es gilt das gesprochene Wort

Um es gleich vorwegzunehmen:

Niedersachsen unterstützt den vorliegenden Entschließungsantrag.

Denn, so wie es seit langem und auch aktuell für eine Vielzahl von Beschäftigten in der Paketzustellbranche zugeht, kann es nicht bleiben.

Der Paketmarkt ist seit 2019 nicht zuletzt aufgrund der Corona Pandemie nochmals stark gewachsen.

Bis Ende 2021 ist die Zahl der beförderten Pakete um über 47% auf mehr als 4,5 Mrd. Stück gestiegen. Der Umsatz stieg dabei um fast 54% auf nahezu 19 Mrd. Euro.

Geleistet haben dies mehr als 544.000 Beschäftigte[1], die bei der Post,- Kurier- und Expressdiensten in Deutschland arbeiten.


Wir haben in der Paketzustellbranche einen zweigeteilten Arbeitsmarkt:

Einerseits Paketdienste mit fest angestellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern

und andererseits Paketdienste, die einen Großteil ihrer Aufträge an Subunternehmen oder Soloselbständige abgeben. Damit wollen sie sich Ihrer Verantwortung als Arbeitgeber entledigen.

Mit dem Paketboten-Schutz-Gesetz aus dem Jahr 2019 ist die Nachunternehmerhaftung für Sozialabgaben für die Kurier-, Express- und Paketbranche eingeführt worden. Damit sollte die korrekte Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen sichergestellt werden.

Ziel war es, für mehr Beitragsgerechtigkeit in der Paketdienstbranche zu sorgen und einen fairen Wettbewerb zu ermöglichen.

Die Evaluation der Bundesregierung wird uns zeigen, ob dies gelungen ist und wo wir stehen.

Das Gesetz konnte aber nicht verhindern, dass immer mehr Kernaufgaben der Paketbranche, nämlich Transport und Zustellung an der Haustür, an (Subunternehmen und Soloselbständige) ausgelagert wurden.

Und es hat nach meiner Überzeugung eines nicht verhindert:

Viele der bei Subunternehmen Beschäftigten, aber auch viele Soloselbständige arbeiten zu Bedingungen, die nicht nur aus gesundheitlichen Gründen unzumutbar sind.

Das dürfen wir nicht länger hinnehmen.

Wir reden hier von Entgeltverstößen in Form

· von Nichtzahlung des gesetzlichen Mindestlohns,

· von nicht bezahlten Überstunden

· bis hin zur Nichtzahlung des Lohns nicht nur im Krankheitsfall.


Wir reden von Fällen,

· in denen die Beschäftigten Strafen für den Verlust von Paketen bezahlen müssen

· oder für Schäden am Fahrzeug haften, auch wenn sie diese nicht verursacht haben.

Die Feststellungen des Zolls und anderer Stellen werden auch von unseren niedersächsischen Beratungsstellen für mobile ausländische Beschäftigte bestätigt.

Nach den Erfahrungen aus der Beratungspraxis hat es Fälle gegeben, in denen Beschäftigten, die ihre Arbeit nicht innerhalb der regulären Arbeitszeit geschafft haben, illegale Arbeit am Wochenende angeboten wurde.

Diese Fälle sind dann aber dank unserer niedersächsischen Beratungsstellen beim Hauptzollamt und letztlich vor den Arbeitsgerichten gelandet.

Im vorliegenden Entschließungsantrag geht es aber zum einen um ein grundsätzliches Verbot von Nachunternehmerketten in der Paketzustellbranche, um möglichst schnell und wirksam die dort festgestellten Verstöße gegen entgeltrelevante Vorschriften zu bekämpfen.

Es geht aber darüber hinaus auch darum, der hier vielfach festgestellten Missachtung von Arbeitszeit,- und allgemeinen Arbeitsschutzvorschriften zu begegnen.

Ich appelliere deshalb hier und heute, dem Änderungsantrag aus Niedersachsen zu den Ziffern II und III zuzustimmen.

Es ist höchste Zeit, die Arbeits- und Arbeitsschutzmaßnahmen in dieser Branche zu überdenken.

Es geht hier um die Gesundheit von Menschen, die mit ihrer Arbeit unseren Alltag erleichtern.

Die Einführung einer Gewichtsgrenze und deren Kennzeichnungspflicht ist dringend erforderlich.

Es muss definiert werden, was einer einzelnen Person im Transport und in der Zustellung von Paketen körperlich zugemutet werden kann.

Verschiedene Gefährdungsmerkmale wie u.a.

· das Gewicht, die Körperhaltung beim Heben und Tragen,

· die Häufigkeit des Kraftaufwands,

· das Arbeitstempo

· sowie Einflüsse der Arbeitsumgebung müssen hier berücksichtig werden.

Da die Lastenhandhabungsverordnung allgemeingültig für alle Branchen gilt, begrüße ich die Aufnahme einer Gewichtsgrenze für Pakete im Postgesetz, wie von Bundesarbeitsminister Heil angekündigt.

Die Grenze von 20 kg sehe ich als praxistauglichen und umsetzbaren Wert an.

Sie liegt damit knapp unterhalb des national und international empfohlenen Bereichs für das Heben und Tragen von Lasten. Für die Durchsetzung dieser Regelungen bedarf es einer angemessenen Überwachung.

Hierzu ist sich zur Kontrollquote gemäß Arbeitsschutzgesetz zu bekennen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!



[1] lt. Statistik der Bundesagentur für Arbeit zum Stichtag 31.12.2021

Presseinformationen Bildrechte: Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

erstellt am:
12.05.2023

Ansprechpartner/in:
Pressestelle

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