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Die Juliane geht an…. - Verleihung des Juliane Bartel Medienpreises

Preise für „Farben im Schnee. Belarusische Frauen im Widerstand von Juliane Tutein“, „There Will Be Blood. Eine Menstruationsutopie von Teresa Schomburg“, „Zu enge Mutter-Kind-Bindung? Staat nimmt Kinder weg von Katrin Kampling“, „Die Don Quijotinnen oder Was kostet die Kindheit von Ulrike Müller“ und „Becoming Charlie von Lion H. Lau“

Bei der 21. Verleihung des Juliane Bartel Medienpreises in Hannover sind am Dienstag in Anwesenheit von rund 220 Gästen herausragende Beiträge ausgezeichnet worden, die Diskriminierung von Frauen entlarven und auf amüsante, aber auch ernste und berührende Art den Kampf um Gleichberechtigung thematisieren.

Das Interesse am Juliane Bartel Medienpreis ist nach der ersten Preisverleihung in Präsenz seit 2019 ungebrochen. Insgesamt gab es 172 Einreichungen in den Kategorien Fiktion & Entertainment, Shorts, Doku visuell und Doku audio. „Die Zahl der eingereichten Beiträge war so hoch wie noch nie“ sagte Gleichstellungsministerin Daniela Behrens. Das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung richtet die Preisverleihung gemeinsam mit dem NDR und der Landesmedienanstalt aus. Moderiert wurde der Abend von Christina von Saß. Für die musikalische Begleitung sorgte die Acapella-Band str8voices.

Daniela Behrens dankte der Vorjury und der Jury für die außerordentlich schwierige Arbeit, aus den vielfältigen und qualitativ hochwertigen Einsendungen die Gewinnerinnen und Gewinner zu küren. „Um ein vollständiges Bild unserer Lebenswirklichkeit zu bekommen, ist es wichtig, diese auch in ihrer Vielschichtigkeit darzustellen. Bilder und Geschichten müssen erzählt werden von Personen aller Geschlechtsidentitäten. Kultur und Medien reproduzieren Bilder von Menschen. Daraus holen wir uns als Kinder und Jugendliche und auch später noch unsere Vorbilder. Gerade Frauen müssen hier als autonome Handlungsträgerinnen dargestellt werden“ sagte Ministerin Daniela Behrens im Talk mit Mariette Rissenbeek, der Geschäftsführerin der Internationalen Filmfestspiele Berlin und die erste Frau an der Spitze der Berlinale.

Gefragt nach dem Meilenstein, der für sie ausschlaggebend war, um sich in der Filmwelt durchsetzen zu können: „Vernetzung ist der Schlüssel zum Finden der eigenen Stärken. Frauen müssen miteinander in den Austausch treten, damit sie das Gefühl bekommen, ernst genommen zu werden.“ Ministerin Behrens ergänzte, dass Frauen Vorbilder brauchen und das gerade in Bereichen, in denen sie immer noch unterrepräsentiert sind.

Auch die letztjährigen Preisträgerinnen wurden noch einmal gewürdigt. Zu diesen gehörte unter anderem Stefanie Appel, die im letzten Jahr den ersten Sonderpreis für „Bushra. Vertrieben aus Myanmar“ erhalten hat. Für Stefanie Appel hat sich damit fast ein Kreis geschlossen. Sie erhielt schon 2001 den ersten Juliane-Bartel-Medienpreis für „Männer im Tschador: Die iranische Künstlerin Parastou Forouhar“.

Leise im Saal wurde es, als Jasmin Arbabian-Vogel vom Schicksal der 19-jährigen Yalda Aghafazli berichtete. Sie würdigte mit eindringlichen und klaren Worten den mutigen Kampf der Iranerinnen und Iraner um Freiheit und das Recht, ihr Leben frei zu gestalten und sprach damit allen Anwesenden aus der Seele.

Der mit insgesamt 15.000 Euro dotierte Juliane Bartel Medienpreis geht 2022 in den fünf ausgezeichneten Kategorien an folgende Gewinnerinnen und Gewinner:

Doku Audio

There Will Be Blood. Eine Menstruationsutopie Feature, 54'23, Deutschlandfunk

Autorin: Teresa Schomburg

Auf humorvolle und gleichzeitig ernsthafte Weise widmet sich dieses Audiofeature dem Thema der Menstruation. Der Zyklus ist eine faszinierende Sache - wäre da nicht das Blut, das Menschen abschreckt. Menstruierende gelten als zickig, unrein oder gar furchteinflößend. Die Wenigsten akzeptieren die Menstruation als Taktgeber unseres Lebens – höchste Zeit für eine Utopie. Das Feature lässt Aktivistinnen, Unternehmerinnen, Wissenschaftlerinnen und Kunstschaffende zu Wort kommen und malt eine Zukunft aus, in der Thema Menstruation nicht mehr schambehaftet ist, sondern als selbstverständlicher Bestandteil in die Gesellschaft einzieht.

Doku Visuell

Farben im Schnee. Belarusische Frauen im Widerstand 56', phoenix / SWR

Autorin: Juliane Tutein

Der Film gibt einen vielschichtigen Einblick, wie sich das Leben von acht belarusischen Frauen seit dem Sommer 2020 grundlegend verändert hat und warum sie, trotz allem, nicht den Mut verlieren. Viele von ihnen haben ihren Partner durch Polizeigewalt verloren oder aufgrund unrechtmäßiger Haft keinen Kontakt zu ihnen. Gerade die Frauen sind so zum Gesicht der Revolution in Belarus geworden. Es geht dabei stets um friedlichen Widerstand und trotzdem sind sie alle in großer Gefahr, unabhängig davon, ob sie in einer Großstadt wie Minsk leben oder auf dem Land. Die portraitierten Frauen sind unterschiedlichen Alters und an ihrer Geschichte wird deutlich, wie sie sich auch aus einem traditionell geprägten Rollenbild und einer männlichen Diktatur versuchen zu befreien.

Fiktion und Entertainment

Becoming Charlie, 1. Staffel Serie, 6 Folgen à ca. 15'/Folge, ZDF neo

Autor*in: Lion H. Lau

Die Serie erzählt von Charlie, einem jungen Teenager, die versucht die eigene geschlechtliche Identität zu erkennen. Charlie fühlt sich weder als Frau noch als Mann, doch was ist Charlie dann? Geboren ist Charlie als Mädchen, das Aussehen ist aber eher sportlich-jungenhaft. Charlies Umfeld ist alles andere als die beste Voraussetzung, um sich darin selbst zu finden und das Erkunden der eigenen Nicht-Binarität katapultiert dabei nicht nur Charlie, sondern auch alle anderen aus der Komfortzone und rüttelt an scheinbar unumstößlichen Wahrheiten. Einzig im Rap findet Charlie eine Konstante und ein Ventil für die eigenen Gefühle.

Shorts

Zu enge Mutter-Kind-Bindung? Staat nimmt Kinder weg 9'39, NDR

Autorin: Katrin Kampling

Der Beitrag befasst sich mit dem Phänomen, dass Familiengerichte und Jugendämter bei Streitigkeiten um das Sorgerecht häufig im Sinne des Vaters entscheiden. Basis der Ämter und Gerichte ist oft die laut Fachleuten unwissenschaftliche und überholte Theorie des „Parental Alienation Syndrome“, welches auf der Annahme beruht, dass die Mutter-Kind-Bindung zu eng sei und dem Kind schade. Der Beitrag zeigt Fälle, in denen diese Unterstellung offenkundig haltlos gemacht wurde. Es wird dargelegt, dass Familiengerichte psychologische Qualifizierung brauchen, um dem Problem falscher Beschuldigungen vorzubeugen.

Sonderpreis

Die Don Quijotinnen oder Was kostet die Kindheit Hörspiel, 58'32, rbb Kultur

Autorin: Ulrike Müller

In dem Hörspiel wird drei alleinerziehenden Müttern im Rahmen einer kafkaesken Gerichtsverhandlung der Prozess gemacht. Der Vorwurf: Sie tragen nicht zum allgemeinen Wohl bei, weil sie zu wenig arbeiten und erwarten dann auch noch Geld vom Staat in Anspruch nehmen zu dürfen. Sie versuchen ihr Lebensmodell zu verteidigen, doch ein Gefühl des Ungenügens bleibt: sowohl ihren Kindern als auch ihrem Job gegenüber. Die in der Verhandlung zur Sprache kommenden Details basieren auf tatsächlichen Biografien vieler alleinerziehender Mütter, denn tatsächlich können Alleinerziehende ihren Erziehungsauftrag in der Regel nur zu Lasten der Karriere leisten. Das heißt, dass ein Drittel der alleinerziehenden Familien von Armut bedroht sind.

Die Jury

Erst wenige Stunden vor der Auszeichnung hat sich die hochkarätig besetzte Jury auf die diesjährigen Siegerbeiträge geeinigt. Die Jury setzt sich aus Fachleuten aus dem Bereich Medien zusammen. In diesem Jahr waren dies:

Karin Abenhausen

Ninia „LaGrande“ Binias

Heike Boese

Thomas Hallet

Annika Schach

Edith Löhle

Malcolm Ohnawe

Felicia Reinstädt

Gesa Rünker

Hintergrund:

Mit dem renommierten Juliane Bartel Preis würdigt das Land gemeinsam mit dem NDR und der Landesmedienanstalt Autorinnen und Autoren, die in ihren Fernseh-, Hörfunk- und Online-Beträgen auf ernste oder unterhaltsame Weise die Gleichstellung von Frauen und Männern thematisieren und dabei Rollenkonflikte oder Diskriminierungen sichtbar machen. Der Preis wird seit 2001 verliehen. Er ist nach der Journalistin Juliane Bartel (1945 – 1998) benannt, die als gradlinige, kritische sowie humorvolle Person für einen fairen und glaubwürdigen Journalismus steht.

Informationen zum Preis, den nominierten Beiträgen und die Vorstellung der Jury-Mitglieder und in Kürze auch Bilder und Videos des Abends finden Sie auf unserer Homepage www.jbp.niedersachsen.de.

Presseinformationen Bildrechte: Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

erstellt am:
23.11.2022

Ansprechpartner/in:
Pressestelle

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