„Unregelmäßigkeiten bei der Kassenabrechnung?“
Antwort der Landesregierung auf die Mündliche Anfrage
Niedersachsens Sozialministerin Cornelia Rundt hat namens der Landesregierung auf eine Mündliche Anfrage der Abgeordneten Sylvia Bruns, Almuth von Below-Neufeldt, Björn Försterling, Christian Dürr und Christian Grascha (FDP) geantwortet.
Die Abgeordneten Sylvia Bruns, Almuth von Below-Neufeldt, Björn Försterling, Christian Dürr und Christian Grascha (FDP) hatten gefragt:
Nach Darstellung der Techniker Krankenkasse (TK) täuschen gesetzliche Krankenkassen im großen Stil bei der Abrechnung von Leistungen.
Der Vorstandsvorsitzende der TK Jens Baas räumte in einem Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung ein: „Es ist ein Wettbewerb zwischen den Kassen darüber entstanden, wer es schafft, die Ärzte dazu zu bringen, für die Patienten möglichst viele Diagnosen zu dokumentieren.“ (http://www.faz.net/aktuell/finanzen/meine-finanzen/versichern-und-schuetzen/interview-mit-jens-baas-chef-der-techniker-krankenkasse-14472241.html).
Besonders intensiv beteiligen sich Baas zufolge die regionalen Kassen an den Täuschungen. „Sie bekommen 2016 voraussichtlich eine Milliarde Euro mehr, als sie für die Versorgung ihrer Versicherten benötigen.“ (http://www.faz.net/aktuell/finanzen/meine-finanzen/versichern-und-schuetzen
/interview-mit-jens-baas-chef-der-techniker-krankenkasse-14472241-p2.html)
1. Sind der Landesregierung die oben genannten Vorwürfe bekannt und, wenn ja, wie bewertet sie diese?
2. Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass regionale Kassen sich besonders intensiv an den Täuschungen beteiligen und, wenn ja, welche niedersächsischen Kassen sind dabei aus ihrer Sicht zu nennen?
3. Welche Mehrkosten entstehen nach Ansicht der Landesregierung allein in Niedersachsen durch eine zumindest ungenaue Abrechnungspraxis?
Ministerin Cornelia Rundt beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung:
Zu 1.:
Die vom Vorstandsvorsitzenden der Techniker Krankenkasse erhobenen Vorwürfe waren bereits zuvor Gegenstand öffentlicher Berichterstattung. Hintergrund ist, dass die gesetzlichen Krankenkassen auf eine korrekte Codierung durch die behandelnden Vertragsärztinnen und -ärzte angewiesen sind. Denn davon hängt die Höhe der Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds ab. Wird beispielsweise ein Diabetiker nicht als solcher ausgewiesen, erhält die betreffende Krankenkasse für ihn eine sehr viel geringere Zuweisung, die ggf. nicht kostendeckend sein kann. Insbesondere kleineren Krankenkassen kann hierdurch bei kostenintensiven Krankheitsbildern ein bedeutender finanzieller Nachteil entstehen. Dieses – berechtigte – Interesse der Krankenkassen an einer korrekten Codierung durch die Vertragsärztinnen und -ärzte darf hingegen nicht dazu führen, dass falsche Codierungen erfolgen.
Zu 2.:
Die AOK Niedersachsen hatte 2009 bei flächendeckenden Abrechnungskontrollen festgestellt, offensichtlich fehlerhafte Codierungen zum Anlass genommen, die entsprechenden Vertragsärztinnen und -ärzte anzusprechen und um Korrektur zu bitten. Außerdem wurde den Ärztinnen und Ärzten eine „Aufwandsentschädigung“ zugesagt. Diese Praxis wurde seitens der niedersächsischen Aufsicht als rechtswidrig beanstandet und daraufhin seitens der Kasse eingestellt. Seit dieser Zeit wurden keine Rechtsverstöße bei den landesunmittelbaren niedersächsischen Krankenkassen festgestellt.
Zu 3.:
Eine ungenaue Abrechnungspraxis kann vielfältige Folgen haben. Werden kostenintensive Krankheiten nicht als solche codiert, führt dies zu geringeren Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds (s. o. zu 1.). Diese Mittel stehen den Krankenkassen nicht mehr zur Verfügung und können die regionale Gesamtvergütung der Vertragsärztinnen und -ärzte verringern. Ungerechtfertigte Codierungen würden sich dagegen in überhöhten Zuweisungen an die Kassen auswirken.
Das finanzielle Ausmaß solcher Ungenauigkeiten ist seitens der Landesregierung nicht bezifferbar.
Artikel-Informationen
erstellt am:
28.10.2016
Ansprechpartner/in:
Dominik Kimyon