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„Schulgeldfreiheit in der Altenpflege gesetzlich absichern“

Rede der Niedersächsischen Sozialministerin Cornelia Rundt


Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 20.06.2013, TOP 17 und 18

Es gilt das gesprochene Wort!

„Zunächst einmal ist es erfreulich, dass offensichtlich alle Mitglieder dieses Landtages begriffen haben, dass es in der Pflege nicht nur zwölf Uhr, sondern ‑ insbesondere im ambulanten Bereich und im ländlichen Raum ‑ bereits fünf nach zwölf ist.

Ich will Ihnen kurz sagen, worin der Unterschied beim Thema Pflege zur vorherigen Landesregierung besteht. Der Unterschied besteht darin, dass ich mich nicht auf Ignorieren, auf Laufenlassen und auf die Flucht in Nichtzuständigkeiten zurückziehe.

Ich denke, es bedarf hier der aktiven Steuerung und des aktiven Eingreifens ‑ natürlich im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten.

Eine dieser Möglichkeiten ist die Tatsache, dass Schulgeld zurzeit von jungen Menschen bezahlt werden muss, auch wenn es dafür im Moment natürlich eine Refinanzierung gibt. Wir wissen, dass dies durchaus hemmend ist. Die Altenpflegeausbildung findet in Niedersachsen zu ungefähr zwei Drittel an Schulen in freier Trägerschaft statt. Damit wird notwendigerweise Schulgeld erhoben.

Die Landesregierung hat mittels einer Zuwendungsrichtlinie versucht, für die Schülerinnen und Schüler in diesem Bereich finanzielle Anreize zu setzen. Sie hat dies zunächst zögerlich getan, nämlich mit einer Förderung von 50 Euro am Anfang. Jetzt liegt die Förderung bei 200 Euro. Dies ‑ das muss man sagen ‑ wirkt durchaus positiv.

Das Phänomen ist nun, dass es zwar faktisch eine Schulgeldfreiheit im Bereich der Altenpflegeausbildung gibt ‑ man hat die Schulgeldfreiheit schön geplant, genauso wie die Förderung von Ausbildungsplätzen ‑, man aber leider vergessen hat ‑ oder was auch immer da geschehen ist ‑, dafür die notwendigen Mittel im Haushalt 2013 bereitzustellen.

Tatsache ist, dass die Landesregierung ihre Entscheidungen hinsichtlich der Fördermöglichkeit nun auf der Grundlage unzureichender Haushaltsplanungen treffen muss. Deswegen ist es so wichtig, dass wir da zukünftig sehr klar gegensteuern, um die Attraktivität der Ausbildung deutlich zu fördern. Denn die Altenpflegeschülerinnen und ‑schüler brauchen Handlungssicherheit. Sie haben sich für einen tollen Beruf entschieden und müssen sicher sein, dass die Ausbildung dazu auch zukünftig schulgeldfrei ist. Gerade das jetzige Hin und Her vor dem Hintergrund der fehlenden Haushaltsmittel ist doch der Beweis dafür, dass wir eine gesetzliche Regelung brauchen und mit freiwilligen Leistungen nicht zurechtkommen.

Abgesehen von der Schulgeldfreiheit ist die Ausbildung natürlich für die Ausbildungsbetriebe ein Kostenfaktor, der sich in der Arbeitswelt häufig negativ auswirkt. Das gilt natürlich auch für den Bereich der Pflege. Das heißt, Ausbildungsvergütungen werden ‑ so ist der jetzige Stand der Dinge ‑ anteilig auf die Pflegesätze angerechnet. Das heißt schlicht und ergreifend: Wer in einer Einrichtung lebt, die ausbildet, zahlt höhere Pflegesätze. Das heißt, die Bewohnerinnen und Bewohner der Einrichtungen, in denen ausgebildet wird, werden in die Pflicht genommen, während in den Betrieben, in denen nicht ausgebildet wird, niedrigere Entgelte gezahlt werden müssen. Daraus resultiert ein völliges Ungleichgewicht. Das heißt, es gibt hier auch eine Konkurrenzsituation zulasten der Betriebe, die ihrer Pflicht zur Ausbildung nachkommen und dies auch mit Freuden tun.

Deswegen ist eine solidarische Umlagefinanzierung wichtig. Das Ganze hätte drei Vorteile: Erstens. Gute Pflege muss gut bezahlt werden. Das gilt insbesondere auch für Ausbildung. Die Bezahlung einer solch angemessenen Ausbildungsvergütung könnte in der entsprechenden Umlageverordnung sichergestellt werden. Zweitens. Wir würden die Wettbewerbsnachteile für ausbildende Einrichtungen damit ausgleichen können. Drittens. Wir hätten die Chance, die benötigten Fachkräfte zu akquirieren. Das ist wichtig, und zwar ganz besonders wichtig mit Blick auf den ambulanten Pflegebereich. Denn wir wissen, dass wir dem demografischen Wandel deutlich besser über ambulante als über stationäre Angebote entgegentreten können.

Wir werden das Ganze mehrstufig machen. Wir brauchen zunächst einmal ‑ so ist die Rechtssituation ‑ eine deutliche Prognose zum Bedarf an Ausbildungsplätzen. Diese Prognose wird zunächst erstellt. Danach wird mit den entsprechenden Leistungsanbietern und Einrichtungen sicherlich das Gesetzgebungsverfahren diskutiert und dann auf den Weg gebracht.

Lassen Sie mich zum Schluss noch zwei Bemerkungen zur „Stiftung Zukunft der Altenpflegeausbildung“ machen. Diese Stiftung wurde im Februar 2012, also vor etwas mehr als einem Jahr, per Gesetz als öffentlich-rechtliche Stiftung errichtet. Ihr wurde das Restvermögen aus der Altenpflegeumlage von 1996 bis 2003 zugeführt. Da ich bekanntermaßen ein neugieriger Mensch bin, habe ich als Erstes gefragt: Welche Wohltaten sind denn inzwischen durch diese Stiftung für den pflegerischen Bereich erbracht worden? - Die Antwort fiel kurz aus: Keine.

Wir werden diese Mittel wieder dem ursprünglichen Zweck zuführen. Wir werden sie bei der Aufstellung der Altenpflegeumlage einbeziehen.

Ich möchte Sie bitten, den Anträgen der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen zuzustimmen.

Vielen Dank.“

Presse

Artikel-Informationen

erstellt am:
20.06.2013
zuletzt aktualisiert am:
21.06.2013

Ansprechpartner/in:
Frau Heinke Traeger

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