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Bedarfsermittlungsverfahren: Niedersachsen und Bremen vereinbaren Zusammenarbeit

Menschen mit Behinderungen sollen ihre Ansprüche gegenüber dem Sozialstaat in Zukunft individueller formulieren und geltend machen können. Das Instrument für eine passgenaue Bedarfsermittlung wird Bremen vom Land Niedersachsen in einer modifizierten Form übernehmen. Einen entsprechenden Kooperationsvertrag haben beide Länder jetzt geschlossen. Rechtliche Grundlage für das neue Bedarfsermittlungsinstrument ist das Bundesteilhabegesetz, das schrittweise bis zum Jahr 2023 in Kraft tritt.

Das Land Niedersachsen hat zusammen mit seinen Kommunen unter dem Namen B.E.Ni („Bedarfsermittlung Niedersachsen“) ein eigenes Verfahren für die Bedarfsermittlung entwickelt. In Niedersachsen wird es bereits seit dem 1. Januar 2018 angewendet. Niedersachsen bietet es darüber hinaus anderen Bundesländern zur Nutzung an. Sozialministerin Carola Reimann sagte hierzu: „Ich freue mich sehr, dass Bremen sich Niedersachsen anschließt und B.E.Ni künftig einsetzen wird.“ Durch die neue Kooperation werde sowohl die konstruktive Zusammenarbeit beider Länder gefördert als auch der Prozess der Weiterentwicklung von B.E.Ni bereichert. „B.E.Ni wird in beiden Ländern dazu beitragen, die Selbstbestimmung der Menschen mit Behinderungen zu stärken“, betonte
Dr. Carola Reimann weiter.

„Das Leben führt jeden einzelnen Menschen mit Behinderung vor sehr individuelle Herausforderungen, viel mehr als Menschen ohne Behinderung“, sagte Anja Stahmann, Senatorin für Soziales, Jugend, Frauen, Integration und Sport. „Mit dem Instrument zur individuellen Bedarfsermittlung kommen wir dem Anspruch des neuen Bundesteilhaberechts nach, alle Hilfen an den Bedarfen des Einzelnen auszurichten.“

In Niedersachsen wurden bereits bei der Entwicklung von B.E.Ni Menschen mit Behinderungen über ihre Interessenvertretungen intensiv eingebunden. So auch im stetigen Prozess der Weiterentwicklung. „Für mich ist es besonders wichtig, dass sich die Menschen mit ihren Erfahrungen bei diesem Prozess einbringen können. Das bringt für alle Beteiligten große Vorteile mit sich und trägt ganz wesentlich zur Personenzentrierung im Sinne des Bundesteilhabegesetzes bei.“

In Bremen soll es in einer modifizierten Form als „B.E.Ni Bremen“ angewandt werden. Der jetzt geschlossene Kooperationsvertrag regelt auch die gegenseitige Nutzung von länderspezifischen Weiterentwicklungen. „Wir übernehmen die Kernelemente eines eingeführten Instruments“, sagte Sozialsenatorin Anja Stahmann am Montag anlässlich der Unterzeichnung. In die Auswahl und die künftige Weiterentwicklung für Bremische Bedarfe seien Vertreterrinnen und Vertreter von Behindertenverbänden eingebunden. Dabei gehe es unter anderem um eine leicht zugängliche Sprachform und die Betonung des eigenen Willens der Betroffenen im Bedarfsermittlungsprozess.

B.E.Ni. soll die Bedarfe behinderter Menschen in allen Lebensbereichen in einem einzigen Verfahren abklären. Dazu gehörten vor allem die Wohnsituation, der Arbeitsplatz, die sozialen Kontakte zu Familie und Freunden sowie die Freizeitgestaltung. Wunsch und Wille des Betroffenen stehen im Mittelpunkt. „Da geht es um Fragen wie: Wie möchten Sie leben, wer oder was hilft Ihnen dabei, welche Unterstützung und Assistenz benötigen Sie, und wer soll sie erbringen?“, sagte Senatorin Stahmann. Daraus solle eine Gesamt- und Teilhabeplanung entwickelt werden, in die auch andere Leistungsträger einbezogen sind, wie etwa die Pflegekassen. „Das Bundesteilhabegesetz führt perspektivisch dazu, dass Leistungen für Menschen mit Behinderung individueller und flexibler gestaltet werden.“

Leben in der Wohngemeinschaft, in einem Wohnheim oder der eigenen Wohnung, arbeiten in der Werkstatt für behinderte Menschen oder auf einem speziell geförderten Arbeitsplatz in der freien Wirtschaft, der Ausflug ins Kino statt der Teilnahme am Spieleabend in der Wohneinrichtung – Themen wie diese werden anhand eines umfassenden Erhebungsbogens ermittelt und in die Lebensgestaltung aufgenommen.

„Das ist ein Paradigmenwechsel“, betonte die Senatorin. „Bislang gibt es viele Lebensbereiche, in denen ein fachlicher Förderansatz im Vordergrund steht. Das Bundesteilhabegesetz gibt aber vor, dass auch behinderte Menschen selbst entscheiden sollen, wie sie leben und ihre Teilhabe am gesellschaftlichen Leben gestalten möchten.“

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den zuständigen Ämtern in Bremen und Bremerhaven werden für diese neuen Aufgaben und den Umgang mit B.E.Ni Bremen umfassend qualifiziert.

Presseinformationen

Artikel-Informationen

erstellt am:
11.04.2019

Ansprechpartner/in:
Stefanie Geisler

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