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Rede von Sozialministerin Dr. Carola Reimann im Niedersächsischen Landtag zum Thema "Landeserziehungsgeld"

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 20.04.2018, TOP 31


– Es gilt das gesprochene Wort –

„Die AfD stellt hier den Antrag, eine längst überholte familienpolitische Leistung wieder einzuführen. Die Vorschläge entsprechen im Kern den Forderungen einer Wiedereinführung des Betreuungsgeldes – einem Modell von gestern. Damit widerspricht der vorliegende Antrag den familienpolitischen Weichenstellungen der letzten Jahre.


Mit der Einführung des Landeserziehungsgeldes würden gleichstellungs- und familienpolitische Ziele fundamental verfehlt. Denn Elternzeit, Teilzeitmodelle und die Versorgungen der Kinder werden noch immer vor allem von den Müttern übernommen. Wir sind hier durch die so genannten „Väter-Monate“ und Elterngeld-Plus einige Schritte vorwärts gekommen.

Ein Landeserziehungsgeld unterstützt alte, überholte Rollenverteilungen und widerspricht der Gleichstellung von Frauen und Männern. Damit würden wir ganz offensichtlich Fehlanreize setzen. Dabei ist es wichtiger denn je, dass Frauen sich eine eigene Existenz- und Alterssicherung aufbauen. Altersarmut ist in erster Linie weiblich. Frauen sollen eigene Rentenansprüche erarbeiten, um später eine ausreichende Rente zu bekommen. Und auch Alleinerziehenden nützt ein früher Wiedereinstieg in den Beruf, um ein ausreichendes Gehalt für ihre kleine Familie verdienen zu können.

Eltern können entscheiden, was für sie und ihre Kinder das Richtige ist: Die Betreuung zu Hause oder in der Krippe und im Kindergarten. Ich halte die Krippenbetreuung für ein gutes Modell. Nicht nur aus den genannten gleichstellungs- und familienpolitischen Gründen.

Sondern auch, weil Kinder so früh in der Gruppe lernen und einen guten Start in die Bildung erleben. Der Schlüssel zu Bildungserfolg und gesellschaftlicher Teilhabe sind frühkindliche Bildung und Betreuung.

Deshalb hat sich die Landesregierung für die vollständige Beitragsfreiheit im Kindergarten ausgesprochen. Auch wissen wir, dass Menschen mit Zuwanderungsgeschichte nach wie vor in den Regelstrukturen wie Kindertagesstätten unterrepräsentiert sind.

Das gemeinsame Ziel sollte es also sein, ihnen den Zugang zu erleichtern. Denn Sprache ist ein wichtiger Schlüssel zur Integration und wird am besten früh erlernt.

Möglichst allen Kindern einen frühen Besuch einer Kindertageseinrichtung zu ermöglichen, ist also wichtig.

Aber jeder entscheidet frei und für sich, und das ist richtig so. Was aber nicht geht, ist zu behaupten, dass derzeit keine Wahlfreiheit zwischen diesen beiden Möglichkeiten besteht. Jahrzehntelang gab es nicht genügend Krippen- und Kindergartenplätze, keinen Ganztag und kein Mittagessen. Mütter konnten nicht arbeiten gehen und Familien hatten eben keine Wahlfreiheit. Durch den Ausbau der Kinderbetreuung kommen wir zum ersten Mal überhaupt in die Nähe echter Wahlfreiheit! Nur so herum ist es richtig!

Ein Landeserziehungsgeld würde den Zugang zu frühkindlicher Bildung verschlechtern und Anreize schaffen, die Erwerbstätigkeit insbesondere von Frauen zu verringern.

Es entspringt damit einem rückwärtsgewandten Denkmodell und lässt sich mit einer modernen und zukunftsorientierten Frauen- und Familienpolitik nicht vereinen.“

Schmuckgrafik (zum Artikel: Pressemitteilungen) Bildrechte: LGLN

Artikel-Informationen

erstellt am:
20.04.2018

Ansprechpartner/in:
Uwe Hildebrandt

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