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Rede von Sozialministerin Cornelia Rundt am 25.06.2014 im Niedersächsischen Landtag

„Medizinische Versorgung für Flüchtlinge in Niedersachsen sicherstellen“


- Es gilt das gesprochene Wort -

„Ich begrüße den Entschließungsantrag der Fraktionen der SPD und des Bündnis 90/Die Grünen. Wir wollen die medizinische Versorgung von allen Menschen - insbesondere auch von Flüchtlingen - in Niedersachsen sicherstellen.

Lassen Sie mich zunächst kurz darstellen, welche Personengruppen und welche konkreten Maßnahmen Gegenstand des vorliegenden Entschließungsantrags sind.

Ich komme damit zu Punkt 1 des Entschließungsantrags:

Für die Empfänger von Grundleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz - wie beispielsweise Asylbewerber und sogenannte „Geduldete“ - soll als Ersatz für die bisher auszugebenden Behandlungsscheine eine elektronische „Behandlungskarte“ zur Inanspruchnahme von ärztlichen Leistungen geprüft werden.

In Bremen und Hamburg wird eine derartige Karte bereits mit Erfolg eingesetzt. Die neue Behandlungskarte erleichtert den Leistungsberechtigten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz damit den Zugang zu den Gesundheitsleistungen.

Die elektronische Behandlungskarte kann allerdings nur eine Lösung sein für den Personenkreis, der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhält und den Leistungsbehörden bekannt ist.

Für Menschen ohne Papiere benötigen wir eine andere Lösung. Diese Lösung muss dazu beitragen, dass auch dieser Personenkreis Zugang zu Gesundheitsleistungen erhält.

Und damit komme ich zu Punkt 2 des Entschließungsantrages:

Für diese Menschen, die aus Angst vor einer Abschiebung nicht zum Arzt gehen, müssen und wollen wir eine Lösung außerhalb der bestehenden Systeme finden.

Das Thema wurde bereits im Jahr 2007 vom Deutschen Institut für Menschenrechte durch die Bundesarbeitsgruppe Gesundheit/Illegalität aufgegriffen und diskutiert. Dabei wurde die medizinische Versorgung mittels anonymisierten Krankenscheins nur als ein Ansatzpunkt von mehreren Möglichkeiten zur Verbesserung der medizinischen Versorgung von Menschen ohne Papiere angesehen.

Grundsätzlich, so führt die Bundesarbeitsgruppe aus, liege das Problem der defizitären Gesundheitsversorgung von Menschen ohne Papiere jedoch nicht in dem Fehlen von Rechtsansprüchen, sondern in der Angst der Betroffenen vor den Meldepflichten des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG). Die derzeitigen Regelungen führten dazu, dass Personen, die sich irregulär in Deutschland aufhielten, den Ausländerbehörden bekannt würden und so ggf. ein Abschiebungsverfahren in Gang gesetzt werden könne. Aus diesem Grunde begäben sich diese Personen erst im äußersten Notfall in eine Krankenbehandlung.

Bereits im Oktober 2013 haben wir deshalb die Initiative ergriffen, um den Weg zu ebnen.

Deutschland hat sich in völkerrechtlich bindenden Abkommen zum Menschenrecht auf einen Zugang zur gesundheitlichen Versorgung, unabhängig von Geschlecht, ethnischer Zugehörigkeit, Religion und Aufenthaltsstatus bekannt.

Eine unzureichende medizinische Versorgung kann zu Chronifizierung oder Verschlechterungen des Krankheitsverlaufs bis hin zum Tod führen.

Neben den individuellen Folgen werden dadurch auch höhere Kosten für die Gemeinschaft verursacht. Vielfach bleiben Ärztinnen und Ärzte sowie auch Gesundheitseinrichtungen auf ihren Kosten sitzen, wenn sie aus humanitären Gründen in medizinische Vorleistungen gehen.

Wir entwickeln derzeit Lösungsansätze dafür, dass die bestehenden Defizite in diesem Bereich beseitigt werden.

Der Entschließungsantrag beschreibt eine Anlauf- und Vergabestelle, z. B. in einer kooperierenden Arztpraxis, einem Gesundheitszentrum oder einer Beratungsstelle für Migrantinnen und Migranten, in der eine Ärztin oder ein Arzt Sprechstunden abhält. Dort könnte medizinische Beratung und auch eine Weitervermittlung zwecks aufenthaltsrechtlicher Beratung zur Prüfung der Legalisierung des Aufenthalts angeboten werden. Eine sogenannte „Clearingstelle“ könnte in der Tat dazu beitragen, Menschen ohne legalen Aufenthaltsstatus Gesundheitsleistungen zu vermitteln, die dann auch angstfrei in Anspruch genommen werden könnten.

Es ist und bleibt aber selbstverständlich, dass in einem Land mit einem gut entwickelten Sozial- und Gesundheitssystem wie die Bundesrepublik Deutschland, für alle Menschen, die hier leben, eine angemessene Gesundheitsversorgung sichergestellt wird.

So sind wir in vorbereitenden Planungen, im Rahmen eines Projekts das Einrichten von „Clearingstellen“ anzugehen und gleichzeitig dieses Vorhaben mit Haushaltsmitteln abzusichern.

Und zu Punkt 3 möchte ich anzumerken:

Die Anpassung der bundesgesetzlichen Vorschriften in dieser Angelegenheit, die hierfür notwendig ist, muss mit allen Akteurinnen und Akteuren und in allen relevanten Gremien thematisiert werden. Das Ziel muss eine, mit allen Beteiligten gut abgestimmte Länderinitiative sein, die auf breite Zustimmung auch auf Bundesebene stößt.

Hierfür werde ich mich einsetzen.

Ich biete an, zu gegebener Zeit in den Ausschüssen und im Plenum über unsere Verhandlungserfolge zu berichten.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.“

Presseinformationen Bildrechte: Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

erstellt am:
26.06.2014

Ansprechpartner/in:
Frau Heinke Traeger

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