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Für eine starke Europäische Säule sozialer Rechte

Rede der Niedersächsischen Sozialministerin Cornelia Rundt


Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 15.06.2017, TOP 33


– Es gilt das gesprochene Wort –


„Mit dem Antrag zur Europäischen Säule Sozialer Rechte haben die Fraktionen von SPD und Grünen eines der wichtigsten europäischen Themen aufgegriffen. Für diese Landesregierung ist die Stärkung der sozialen Dimension der EU ein besonderes Anliegen.

Die Auswirkungen der Wirtschaftskrise sind auch nach mehreren Jahren in vielen europäischen Staaten noch stark spürbar. Die Arbeitslosigkeit, besonders unter Jugendlichen, ist in den meisten EU-Staaten weiterhin sehr hoch. Immer noch ist jedes vierte Kind in der EU von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht.

In den von der Krise besonders betroffenen Ländern wurden die Sozialsysteme zum Teil stark geschwächt. Wenn wir wollen, dass die Menschen sich mit Europa identifizieren, muss das vielbeschworene europäische Sozialmodell, muss die soziale Dimension für alle Menschen erkennbar sein. Andernfalls überlassen wir das Feld Populisten und Europaskeptikern.

Auch Kommissionspräsident Juncker hat bereits in seiner Antrittsrede angekündigt, dass die EU ein soziales „Triple-A-Rating“ (AAA-Rating) erhalten soll. Passiert ist seitdem jedoch viel zu wenig.

Diese Lücke will die Kommission nun mit ihrem Vorschlag für eine Europäische Säule Sozialer Rechte (ESSR) schließen.

In drei Kapiteln zu den Bereichen

  • Chancengleichheit und Arbeitsmarktzugang
  • faire Arbeitsbedingungen und

  • Sozialschutz und soziale Inklusion

werden insgesamt 20 Ziele formuliert, die individuelle Ansprüche der Bürgerinnen und Bürger gegenüber den Sozialsystemen und dem Staat enthalten. Dazu gehört die Gleichstellung der Geschlechter in allen Bereichen, ein Anspruch auf Unterstützung bei Arbeitslosigkeit, gerechte Entlohnung und Mindesteinkommen, ein angemessener Sozialschutz und eine sichere Altersversorgung und die Inklusion von Menschen mit Behinderungen. Was der Vorschlag der Kommission aber nicht enthält, sind konkrete Vorschläge, wie die Ziele erreicht werden können. Hier fehlte der Kommission offenbar der Mut zu weiteren Schritten. Damit bleibt der Vorschlag hinter den Erwartungen zurück.

So zählt die Säule überwiegend bestehende Grundsätze und Rechte auf, die für faire und gut funktionierende Arbeitsmärkte und Sozialsysteme notwendig sind. Das aber ist zu wenig.

Da die Zuständigkeit bei vielen Zielen ganz oder überwiegend in der nationalen Kompetenz der Mitgliedstaaten liegt, ist selbstverständlich die Subsidiarität zu achten. Doch im Rahmen der regelmäßigen Reformempfehlungen der Kommission an die Mitgliedsstaaten (z.B. im Rahmen des Europäischen Semesters) sollten sie eine entsprechende Priorität erhalten und die Mitgliedsstaaten zu entsprechenden Reformen aufgefordert werden. Das gilt nicht nur für Länder mit einer vermeintlich schlechteren sozialen Situation. Auch Deutschland hat in vielen Bereichen wie Gleichstellung oder Inklusion noch Nachholbedarf.

In anderen Bereichen, wo die Zuständigkeiten auf der europäischen Ebene liegen, hoffen wir auf ergänzende Rechtssetzungsvorschläge der Kommission, wobei erste Vorschläge – wie die Richtlinie für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben – bereits vorliegen. Weitere, hoffentlich ambitionierte, Vorschläge müssen hier folgen. Ab Juli wird Niedersachsen den Vorsitz der Konferenz der Europaministerinnen und -minister übernehmen. Das Thema soziales Europa wird dabei einer der Schwerpunkte sein, zu dem entsprechende Entschließungen, aber auch Veranstaltungen in Brüssel und Niedersachsen geplant sind. Der vorliegende Antrag ist eine gute Unterstützung für den kommenden EMK-Vorsitz und seine Inhalte werden in unsere Arbeit einfließen.“

15.06.17


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Ansprechpartner/in:
Dominik Kimyon

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