„Existiert in Niedersachsens Großstädten ein illegaler Markt für die Vermittlung von Wohnungen an Asylsuchende? (Teil 2)“
Antwort der Landesregierung auf die Mündliche Anfrage
Die Abgeordneten Annette Schwarz, Dr. Max Matthiesen, Volker Meyer, Petra Joumaah, Gudrun Pieper und Burkhard Jasper (CDU) hatten gefragt:
Wie das ARD-Magazin „FAKT“ am 27. September 2016 berichtete, habe sich seit Anfang 2015 in deutschen Großstädten ein illegaler Markt zur Vermittlung von Wohnungen an Asylsuchende entwickelt. In Städten wie Leipzig, Berlin, Düsseldorf, Dortmund und Hannover würden illegale Makler gegen Zahlung von mehreren Hundert bis zu mehreren Tausend Euro freie Wohnungen vermitteln, die Asylsuchende sonst kaum oder nur nach längerer Wartezeit bekommen könnten.
Die Schwarzmakler würden dabei mit Mitarbeitern großer Wohnungsbaugesellschaften zusammenarbeiten und die von den Asylsuchenden gezahlten Prämien mit diesen Mitarbeitern teilen.
- Arbeiten Dienststellen des Bundes, des Landes oder der Kommunen in Niedersachsen mit Wohnungsbaugesellschaften zusammen, um Asylsuchende in deren Wohnungsbestand unterzubringen?
- Falls ja, wie läuft diese Zusammenarbeit konkret ab?
- Falls nicht, wie gelangen die Asylsuchenden an Wohnungen dieser Gesellschaften?
Ministerin Cornelia Rundt beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung:
Die Landesregierung hat den von den Fragestellerinnen und Fragestellern angesprochenen Medienbericht verfolgt, nach dem sich in deutschen Großstädten ein illegaler Markt zur Vermittlung von Wohnungen an Asylbewerberinnen und Asylbewerber entwickelt haben soll. Auch Hannover ist in diesem Zusammenhang erwähnt worden. Soweit es zutreffen sollte, dass in Niedersachsen an Menschen, die vor Krieg und Verfolgung geflüchtet sind, Wohnraum unter Verstoß gegen gesetzliche Bestimmungen vermittelt worden ist, verurteilt die Landesregierung dieses Verhalten.
Erst im letzten Jahr hat der Bund mit dem Mietrechtsnovellierungsgesetz das so genannte Bestellerprinzip in der Wohnungsvermittlung eingeführt. Danach zahlt diejenige Person die Maklercourtage, die die Maklerin oder den Makler beauftragt hat. Das wird im Regelfall die Wohnungsanbieterin oder der Wohnungsanbieter sein. Die Niedersächsische Landesregierung hatte diese Verbesserung des Mieterschutzes im Bundesrat nachdrücklich unterstützt. Sollte ausnahmsweise die oder der Wohnungssuchende eine Maklerin oder einen Makler mit der Suche nach einer passenden Mietwohnung beauftragt haben, so darf die Courtage zwei Monatsmieten zuzüglich der gesetzlichen Umsatzsteuer nicht übersteigen. Der Vermittlungsvertrag bedarf der Textform. Vorschüsse dürfen nicht gefordert, vereinbart oder angenommen werden.
Ein Anspruch auf Zahlung einer Courtage steht der Wohnungsvermittlerin oder dem Wohnungsvermittler gegenüber der oder dem Wohnungssuchenden indes nicht zu, wenn der Mietvertrag über öffentlich geförderte Wohnungen oder über sonstige preisgebundene Wohnungen abgeschlossen wird, die nach dem 20. Juni 1948 bezugsfertig geworden sind oder bezugsfertig werden. Dies gilt auch für die Wohnungen, die nach den §§ 88d und 88e des Zweiten Wohnungsbaugesetzes, nach dem Wohnraumförderungsgesetz oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften gefördert werden, solange das Belegungsrecht besteht. Das gleiche gilt für die Vermittlung einzelner Wohnräume innerhalb dieser Wohnungen.
Eine Vereinbarung, die von diesen Bestimmungen abweicht, ist unwirksam.
Diese strengen Vorgaben sind im Gesetz zur Regelung der Wohnungsvermittlung vom 4.11.1971 (BGBl I 1971, 1745), zuletzt geändert am 21.4.2015 (BGBl. I 610), normiert und gelten sowohl für gewerbsmäßige Immobilienmaklerinnen und -makler als auch für Personen, die diese Tätigkeit nur gelegentlich ausüben. Soweit an die Wohnungsvermittlerin oder an den Wohnungsvermittler ein ihr oder ihm nach diesem Gesetz nicht zustehendes Entgelt, eine Vergütung anderer Art, eine Auslagenerstattung oder ein Vorschuss geleistet worden ist, kann die Leistung nach den allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechts zurückgefordert werden.
Verstöße gegen das so genannte Bestellerprinzip oder gegen die zulässige Höhe der Maklercourtage können als Ordnungswidrigkeit mit einem Bußgeld in Höhe von bis zu 25.000 Euro geahndet werden. Zuständig für die Verfolgung und Ahndung sind die Landkreise, kreisfreien Städte, großen selbständigen Städte und selbständigen Gemeinden (§ 5 Nr. 6 der Verordnung über sachliche Zuständigkeiten für die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten - ZustVO-OWi - vom 17. November 2014, Nds. GVBl. 2014, 311).
Nachfragen der Landesregierung bei der Landeshauptstadt Hannover ergeben, dass dort keine Kenntnisse in dieser Hinsicht vorliegen. Der Leitende Oberstaatsanwalt in Hannover hat mitgeteilt, dass dort keine Strafanzeigen erstattet worden seien und keine Verfahren anhängig seien, die die genannte Problematik betreffen.
Auch bei anderen Akteuren der Wohnungswirtschaft war die Thematik bisher nicht bekannt.
Die Landesregierung appelliert an die Opfer illegaler Wohnungsvermittlung, diese bei der Polizei oder der zuständigen Kommunalverwaltung anzuzeigen und das zu Unrecht gezahlte Entgelt von den Vermittlerinnen und Vermittlern zurückzufordern.
Zu 1.:
Über die Zusammenarbeit von Dienststellen des Bundes mit Wohnungsbaugesellschaften liegen der Landesregierung keine konkreten Kenntnisse vor.
Im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung können Investoren, darunter auch Wohnungsbaugesellschaften, Wohnraumfördermittel des Landes in Anspruch nehmen, um Mietwohnraum zu schaffen. Dieser kann nach den geltenden Förderbestimmungen für die Dauer von bis zu zehn Jahren für die Unterbringung von Flüchtlingen vorgenutzt werden. Eine Einflussnahme des Landes auf die konkrete Unterbringung von Asylsuchenden ist damit jedoch nicht verbunden.
Die Landesaufnahmebehörde Niedersachsen (LAB NI) verteilt Ausländerinnen und Ausländer, die im Rahmen ihres Aufnahmeverfahrens nicht mehr verpflichtet sind, in den Erstaufnahmeeinrichtung des Landes zu wohnen, auf die niedersächsischen Kommunen. Für die Unterbringung und Versorgung der verteilten Personen sind grundsätzlich die Landkreise und kreisfreien Städte zuständig. Diese entscheiden eigenverantwortlich über die zu gewährende Unterkunft und organisieren bzw. koordinieren die weiteren Maßnahmen.
Dienststellen von Kommunen, insbesondere Wohnungsämter, arbeiten dabei auch mit Wohnungs- bzw. Wohnungsbaugesellschaften zusammen, um Wohnungen für Asylsuchende zu finden. Hierbei geht es insbesondere um die Ausstellung von Berechtigungsscheinen und die Wohnungsvermittlung im Rahmen von Belegungsrechten der jeweiligen Kommune.
Zu 2.:
Die Kommunen entscheiden in eigener Verantwortung, ob und ggf. wie sie mit Wohnungsgesellschaften zusammenarbeiten. Einzelheiten hierüber sind der Landesregierung nicht bekannt.
Zu 3.:
Asylsuchende können grundsätzlich in Eigeninitiative am Wohnungsmarkt aktiv werden. Vermittlung kann auch unentgeltlich durch ehrenamtlich tätige Unterstützerinnen und Unterstützer erfolgen.
Artikel-Informationen
erstellt am:
28.10.2016
Ansprechpartner/in:
Dominik Kimyon