Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung Niedersachsen klar Logo

Plenum 18. Mai - Mündliche Anfragen - Frage 42

Ist eine adäquate Gesundheitsversorgung vor, während und nach der Geburt in Niedersachsen sichergestellt?


Niedersachsens Sozialministerin Dr. Carola Reimann hat namens der Landesregierung
auf eine Mündliche Anfrage der Abgeordneten Abgeordnete Imke Byl und Meta
Janssen-Kucz (GRÜNE) geantwortet.

Die Abgeordneten Imke Byl und Meta Janssen-Kucz (GRÜNE) hatten gefragt:

In Niedersachsen gibt es etwa 2.000 Hebammen, 500 werden in den nächsten Jahren in Rente gehen. Immer mehr Geburtskliniken schließen (Bericht des NDR, 5. Mai 2018). Gleichzeitig ist die Geburtenrate in den letzten Jahren gestiegen. Auf der Seite des deutschen Hebammenverbandes wurden für Niedersachsen 1.164 Fälle von Unterversorgung gemeldet, davon 730 für die Wochenbettbetreuung. Die Vorsitzende des niedersächsischen Hebammenverbandes bezeichnet die Lage als „dramatisch“ und beziffert die Unterversorgung auf 20 bis 30% (Bericht der Ostfriesenzeitung, 24. April 2018).

  1. Setzt sich die Landesregierung für die Wahlfreiheit des Geburtsortes und für eine flächendeckende Gesundheitsversorgung während der Schwangerschaft, bei der Geburt und während des Wochenbetts (ambulant und stationär) ein und wenn ja, wie?
  2. Teilt die Landesregierung die Ansicht, dass es eine Unterversorgung bei der Gesundheitsversorgung von Schwangeren sowie bei und nach der Geburt gibt und diese sich durch die Altersstruktur der Hebammen zu vergrößern droht?
  3. Wenn ja, was plant die Landesregierung dagegen zu tun?

Ministerin Dr. Carola Reimann beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung:

Zu 1.:

Die Landesregierung ist der Auffassung, dass die Wahlfreiheit des Geburtsortes sowie eine flächendeckende Versorgung mit Gesundheitsleistungen vor und während der Schwangerschaft sowie nach der Geburt gewährleistet sein müssen.

Die Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung haben Anspruch auf Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft gem. §§ 24c bis 24 f SGB V. Die konkrete Ausgestaltung der Versorgung mit Hebammenhilfe durch freiberufliche Hebammen wird über den Vertrag gem. § 134a SGB V geregelt.

Es ist grundsätzlich Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung, die Versicherten – unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots – mit den aufgeführten Leistungen zu versorgen.

Für die Versorgung mit freiberuflichen Hebammen gibt es allerdings keine der Bedarfsplanung der Vertragsärztinnen und -ärzte vergleichbare Planungsvorgabe; entsprechend sieht das SGB V auch keinen expliziten Sicherstellungsauftrag für die Hebammenversorgung vor. Es gibt keine Vorschriften, die die Anzahl der Hebammen an einem Ort vorschreiben, beschränken oder die vorsehen, dass eine Leistungserbringerin oder ein Leistungserbringer nur in einem bestimmten Bereich tätig werden darf.

Im Jahr 2013 sind von den knapp 63.000 in Niedersachsen geborenen Kindern 98% in Krankenhäusern und 2% durch Hausgeburten zur Welt gekommen.

In Niedersachsen sind (Stand 31.12.2015) 1.125 Hebammen und Entbindungspfleger in Krankenhäusern tätig gewesen, davon 749 mit freiberuflicher Tätigkeit. Im stationären Bereich existieren aktuell 71 in den Krankenhausplan aufgenommene geburtshilfliche Abteilungen (GEB) mit 1.007 Planbetten. Mit Ausnahme des Landkreises Diepholz verfügen alle übrigen 45 Landkreise und kreisfreien Städte über mindestens eine GEB. Von Notfällen abgesehen sind Geburten im Wesentlichen planbar. Eltern wählen in der Regel frühzeitig ihre Geburtsklinik nach unterschiedlichen Kriterien aus. Neben der Entfernung spielen hier ganz wesentlich auch Qualitätsaspekte, z.B. Kompetenz bei Risikoschwangerschaften und komplementäre Angebote wie Pädiatrie/Neonatologie, Kinderchirurgie, Kinderkardiologie, HNO etc. eine Rolle, so dass nicht zwingend die nächstgelegene GEB ausgewählt wird. Eine flächendeckende Versorgung ist somit nach Auffassung der Landeregierung derzeit sichergestellt.

Zu 2.:

Nach Angaben der gesetzlichen Krankenkassen (bundesweit abgestimmte Vertragspartnerliste Hebammen) sind gegenwärtig ca. 1.800 Hebammen freiberuflich tätig. Diese Daten bilden jedoch keine Anhaltsgröße für das tatsächlich bestehende Angebot an Hebammenleistungen, da die Angaben der Arbeitsstunden nicht erfasst werden. Gerade der Beruf der Hebammen/Entbindungspfleger werde mehrheitlich durch Frauen ausgeübt.

In Niedersachsen steht somit derzeit kein valides Datenmaterial über die tatsächliche Hebammenversorgung zur Verfügung. Sinnvoll erscheint die Entwicklung von bundeseinheitlichen Maßstäben zur Erfassung der Hebammenversorgung unter Berücksichtigung des tatsächlichen Arbeitsumfangs und der realen Arbeitsauslastung. Belastbare Zahlen zu einer (vermeintlichen) Unterversorgung sowie zur Altersstruktur liegen damit nicht vor.

Die Amtschefkonferenz der GMK hat daher am 03.05.2018 mit niedersächsischer Unterstützung aufgrund der vergleichbaren Situation in anderen Ländern beschlossen, den Bund zu bitten, unter Beteiligung der Länder und deren Erkenntnissen ein Gutachten zur Versorgungssituation und zu erforderlichen Maßnahmen in der Geburtshilfe und Hebammenversorgung in Auftrag zu geben.

Im Hinblick auf die Ausbildungssituation und damit auf die zukünftige Verfügbarkeit von Hebammen und Entbindungspflegern ergibt sich folgendes Bild: In Niedersachsen befinden sich auf drei Jahrgänge verteilt 253 Hebammen und Entbindungspfleger in Ausbildung (Stand: 15.11.2017). Diese Zahl ist im Vergleich zum Jahr 2016 um über 25% gestiegen und legt nahe, dass in Niedersachsen aus dem hier ausgebildeten Nachwuchs innerhalb von sechs Jahren die genannten 500 in Rente gehenden Hebammen und Entbindungspfleger ersetzt werden könnten.

Zu 3.:

Zur Klärung der Versorgungssituation mit Hebammenleistungen in Niedersachsen und ggf. der Entwicklung von weiteren Maßnahmen plant die Landesregierung die Einrichtung eines Runden Tisches auf Landesebene unter Federführung des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung.

Schmuckgrafik (zum Artikel: Pressemitteilungen) Bildrechte: LGLN

Artikel-Informationen

erstellt am:
18.05.2018

Ansprechpartner/in:
Naila Eid

zum Seitenanfang
zur mobilen Ansicht wechseln