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Plenum 1. März - Mündliche Anfragen - Frage 23

„Qualifizierte Leichenschau bedeutet Patientensicherheit“ − Pressemitteilung des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (bdk) Landesverband Niedersachsen vom 8. Januar 2018



Niedersachsens Sozialministerin Dr. Carola Reimann hat namens der Landesregierung auf eine Mündliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Marco Genthe, Sylvia Bruns, Dr. Stefan Birkner und Jan-Christoph Oetjen (FDP) geantwortet.

Die Abgeordneten Abgeordnete Dr. Marco Genthe, Sylvia Bruns, Dr. Stefan Birkner und Jan-Christoph Oetjen (FDP) hatten gefragt:

Der bdk moniert die aktuelle Rechtslage in Niedersachsen bei einer Leichenschau zum besseren Erkennen vorsätzlicher und fahrlässiger Tötungshandlungen. Im Rahmen der Aufarbeitung der Mordserie des mittlerweile verurteilen Krankenpflegers Niels H. wurde ein Pilotprojekt „Qualifizierte Leichenschau im Krankenhaus“ im Krankenhaus Delmenhorst eingeführt. Danach wurde das „Vieraugenprinzip“ eingeführt.

„Der den Tod feststellende Arzt füllt einen Dokumentationsbogen mit allen wesentlichen Daten zum Krankheitsverlauf, zur Aufnahmediagnose, den eingeleiteten Maßnahmen, zum erwarteten und/oder unerwarteten Verlauf und zum absehbaren oder nicht absehbaren Todeseintritt aus. Innerhalb von 24 Stunden führt ein externer, speziell qualifizierter Arzt eine Plausibilitätsprüfung dieser Dokumentation sowie eine zweite Leichenschau durch und protokolliert seine Arbeit. Anhaltspunkte für ein nicht natürliches Geschehen werden zu jedem Zeitpunkt der Feststellung der Staatsanwaltschaft und der Polizei gemeldet, die dann weitere Ermittlungen aufnimmt“, so die Pressemitteilung des bdk.

Das Bundesland Bremen führte zum 1. August 2017 die qualifizierte Leichenschau auch bei Todesfällen außerhalb von Krankenhäusern ein.

In der Koalitionsvereinbarung für die 18. Wahlperiode des Niedersächsischen Landtages wird nunmehr zu diesem Thema Folgendes ausgeführt: „Im Sinne des Patientenschutzes und der Patientensicherheit wollen wir das Niedersächsische Krankenhausgesetz (NKHG) und das Niedersächsische Bestattungsgesetz (BestattG) novellieren.“ (1517 f.).

  1. Wie bewertet die Landesregierung das Pilotprojekt „Qualifizierte Leichenschau im Krankenhaus“ in Delmenhorst?

  2. Inwiefern beabsichtigt die Landesregierung, das Bestattungsgesetz zu novellieren, insbesondere im Hinblick auf die Einführung einer „qualifizierten Leichenschau“ auch für Todesfälle außerhalb eines Krankenhauses?

  3. Wann kann mit der Novellierung des Niedersächsischen Krankenhausgesetzes und des Niedersächsischen Bestattungsgesetzes gerechnet werden?

Ministerin Dr. Carola Reimann beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung:

Zu 1.:

Die Landesregierung hat das Pilotprojekt des Klinikums Delmenhorst über die Durchführung einer forensischen Leichenschau dahingehend begleitet, dass die Ausgestaltung des Verfahrens als bestattungsrechtlich unbedenklich bewertet werden kann. Für die Beschäftigten des Klinikums ist ein verbindliches, standardisiertes Verfahren erstellt worden. Das Verfahren beinhaltet bei allen natürlichen Todesfällen im Krankenhaus eine zusätzliche Begutachtung der verstorbenen Person im Sinne des Vier-Augen-Prinzips, deren Kosten vom Klinikum getragen werden. Ein derartiges Verfahren bei der Leichenschau, das auf die Anforderungen der jeweiligen Klinik zugeschnitten ist, soll nach Auffassung der Landesregierung auch nach der anstehenden Novellierung des Niedersächsischen Bestattungsgesetzes zulässig sein.

Zu 2.:

Die von der Landesregierung beabsichtigte Novellierung des Bestattungsgesetzes ergibt sich aus dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über das Leichen-, Bestattungs- und Friedhofswesen, der dem Niedersächsischen Landtag als Drucksache 18/308, verteilt am 15.02.2018, vorliegt. Die Regelungen zur Leichenschau finden sich in Artikel 1 Nummern 2 bis 6. Dort ist vorgesehen, konkrete Meldepflichten bei der ärztlichen Leichenschau einzuführen, die klinische Sektion auch ohne Einwilligung der Verstorbenen und ihrer Angehörigen zu ermöglichen und eine Sektion von Kindern unter 6 Jahren bei unklarer Todesursache vorzunehmen. Konkret ist vorgesehen, dass die die Leichenschau vornehmenden Ärztinnen und Ärzte verpflichtet werden, bei einer unbekannten oder nicht sicher zu identifizierenden Person, bei einem Tod im amtlichen Gewahrsam, bei einem Tod im Alter vor Vollendung des vierzehnten Lebensjahres, wenn keine den Tod zweifelsfrei erklärende Vorerkrankung vorliegt, bei einem Tod mit fortgeschrittenen Leichenveränderungen, bei einem Tod, bei dem der begründete Vorwurf einer Fehlbehandlung erhoben wird, bei einem Tod aufgrund von Komplikationen im Zusammenhang mit einer medizinischen Behandlung und bei Auffälligkeiten in Bezug auf den Leichenfundort oder dessen Umgebung anstelle der (weiteren) Durchführung der Leichenschau unverzüglich die Staatsanwaltschaft oder die Polizei zu benachrichtigen. Die innere Leichenschau zur Feststellung der Todesursache („Klinische Sektion“) soll von einer Fachärztin oder einem Facharzt für Rechtsmedizin oder einer Fachärztin oder einem Facharzt für Pathologie oder durch eine an einem entsprechenden Institut tätige Ärztin oder einen an einem entsprechenden Institut tätigen Arzt durchgeführt werden. Voraussetzung der klinischen Sektion ist – wie bisher – entweder die Einwilligung der verstorbenen Person oder ihrer Angehöriger oder – neu – die Veranlassung einer Amtsärztin oder eines Amtsarztes, um die Todesursache zu überprüfen oder weiter aufzuklären. Dabei muss das Interesse an der Durchführung der Sektion die schutzwürdigen Belange der verstorbenen Person und ihrer Angehörigen überwiegen. Bei Kindern unter 6 Jahren soll eine klinische Sektion veranlasst werden, wenn aufgrund der durchgeführten Leichenschau die Todesursache nicht zweifelsfrei feststeht.

Zu 3.:

Die Novellierung des Niedersächsischen Krankenhausgesetzes mit dem Schwerpunkt Patientensicherheit wird derzeit vorbereitet. Die Novellierung des Niedersächsischen Bestattungsgesetzes kann anhand des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über das Leichen-, Bestattungs- und Friedhofswesen erfolgen, der am 13.02.2018 in den Niedersächsischen Landtag eingebracht worden ist (Vgl. LT-Drs. 18/308), so dass der weitere Verfahrensgang und damit auch der zeitliche Ablauf nun in der Hand des Landtages liegt.

Schmuckgrafik (zum Artikel: Pressemitteilungen) Bildrechte: LGLN

Artikel-Informationen

erstellt am:
01.03.2018

Ansprechpartner/in:
Naila Eid

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