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Kritik an Beitragserhebungsverfahren der Pflegekammer – Beitragsordnung wird überprüft

Staatssekretär Heiger Scholz: „Wir können die Aufregung vieler Pflegekräfte verstehen – die Pflegekammer hat unglücklich und unsensibel agiert“


Das von der neuen Niedersächsischen Pflegekammer gewählte Verfahren zur Beitragserhebung wird vom Niedersächsischen Sozial- und Gesundheitsministerium kritisiert. Kurz vor Weihnachten Bescheide zu verschicken, in denen den Mitgliedern angedroht wird, von ihnen den Höchstbeitrag einzuziehen, wenn sie nicht schnell ihre Einkommensverhältnisse offenlegen, sei sehr unglücklich. Das erklärt Heiger Scholz, Staatssekretär im Sozial- und Gesundheitsministerium: „Wir hätten uns gewünscht, dass eine neue Institution, mit der die Pflegekräfte künftig besser vertreten werden, erst einmal Vertrauen aufbaut und ihre Stärken deutlich macht.“ Mit dem unsensiblen Vorgehen habe die Pflegekammer viele Pflegekräfte vor den Kopf gestoßen. „Wir können angesichts eines solchen Anschreibens kurz vor Weihnachten die Aufregung vieler Pflegekräfte verstehen“, so Heiger Scholz. Auch wenn das gewählte Verfahren rechtlich nicht zu beanstanden sei (das Sozialministerium ist Rechtsaufsicht der Pflegekammer), so sei für eine neue Institution mit neuen Mitgliedern der falsche Weg gewählt worden. Niedersachsens Sozialministerin Carola Reimann wird Anfang Januar ein Gespräch mit der Pflegekammer führen. Sie wird auf eine Überarbeitung der Beitragsordnung drängen.

„Die mehr als 80.000 Pflegefachkräfte in Niedersachsen engagieren sich außerordentlich in ihrem Beruf. Und sie leisten eine für die Pflegebedürftigen und die gesamte Gesellschaft besonders wichtige Arbeit“, betont Staatssekretär Heiger Scholz: „Deshalb ist die Stärkung der Pflege für Sozialministerin Carola Reimann ein besonderer Schwerpunkt ihrer Arbeit, sie setzt sich im Bund – wo die zentralen Weichenstellungen erfolgen müssen! – und auch mit speziellen Maßnahmen und Programmen in Niedersachsen mit Nachdruck für die Stärkung der Pflege ein.“ Hier eine Auswahl von Maßnahmen für eine Verbesserung der Situation in der Pflege: Das Niedersächsische Pflegegesetz (NPflegeG) soll grundsätzlich novelliert werden, das Sozialministerium wird 2019 einen Gesetzentwurf vorlegen. Mit diesem sollen die Rahmenbedingungen in der Pflege verbessert werden. Das Land Niedersachsen bringt sich auch intensiv in die „Konzertierte Aktion Pflege“ auf Bundesebene ein und wirkt in den Arbeitsgruppen zu den Themenfeldern „Personalmanagement, Arbeitsschutz, Gesundheitsförderung“ und „Innovative Versorgungsansätze und Digitalisierung“ mit. Um die Pflegekräfte mehr zu unterstützen, stellte das Land z.B. im Rahmen des Förderprogramms „Stärkung der ambulanten Pflege im ländlichen Raum“ in den Jahren 2017 und 2018 jährlich rund 6,2 Millionen Euro zur Verfügung, das Programm wird 2019 fortgesetzt. Bislang konnten bereits 415 Projekte gefördert werden. Im Fokus standen dabei insbesondere bessere Arbeitsbedingungen und die Einführung EDV-basierter Systeme in Pflegediensten. Eine tarifgebundene oder tarifgerechte Vergütung der Pflegekräfte ist grundlegende Voraussetzung für eine Förderung. Damit sich die Personalsituation sowohl im stationären als auch im ambulanten Bereich verbessert, hat sich das Land in den Verhandlungen zum neuen Landesrahmenvertrag für vollstationäre Pflegeeinrichtungen für verbesserte Personalschlüssel eingesetzt. Die Schulgeld-Freiheit für die Ausbildung zum Pflegeberuf ist in Niedersachsen bereits gesetzlich verankert. Mit der Fachkräfteinitiative wird der Fokus u.a. auch auf die Gewinnung von Pflegekräften aus dem Ausland gelegt. Heute läuft zudem in allen niedersächsischen Kinos ein Spot an, mit dem junge Menschen für den Pflegeberuf gewonnen werden sollen (zu sehen auch auf www.ms.niedersachsen.de).

Hintergrund

Der erwähnte Jahres-Höchstbeitrag von 280 Euro wird laut Beschluss der Kammerversammlung ab einem Jahreseinkommen von 70.000 Euro erhoben. Mitglieder der Pflegekammer Niedersachsen hatten kurz vor Weihnachten einen Regelbescheid über 140 Euro für das Jahr 2018 erhalten (die Kammer konstituierte sich im Sommer, der erste Bescheid deckt ein halbes Beitragsjahr ab). Etliche empörte Pflegekräfte hatten das an sie gerichtete Anschreiben so interpretiert, als ob davon ausgegangen werde, dass Pflegekräfte in dieser Größenordnung verdienen. Das war allerdings nicht die Intention der Pflegekammer. Die genannten 280 Euro im Jahr müssen von kaum jemandem bezahlt werden, denn nach einer Selbsteinstufung der Mitglieder wird ein Beitrag von lediglich 0,4 Prozent der Einkünfte erhoben – das gilt auch schon für die Beiträge für 2018. Die Selbsteinschätzung auf dem Formular erfolgt ohne Nachweis des Gehaltes, also unkompliziert. Das System einer Beitragsstaffelung wurde von der Kammerversammlung gewählt, damit Beschäftigte in Führungspositionen mit sehr hohem Einkommen einen höheren Beitrag als Geringverdiener zahlen. Weitere Fragen zur Beitragserhebung bitte direkt an die dafür verantwortliche Pflegekammer richten: www.pflegekammer-nds.de

Die Einrichtung einer Pflegekammer ist vom Niedersächsischen Landtag beschlossen worden. Die Niedersächsische Pflegekammer hat sich im August 2018 konstituiert. Nach Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein ist damit die dritte Pflegekammer in Deutschland entstanden. Sie ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und somit den anderen Kammern der Heilberufe (z. B. Ärztekammer, Apothekerkammer) gleichgestellt. Mit ihr erhalten 80.000 bis 95.000 Pflegefachkräfte (das Verfahren der Mitgliederermittlung läuft noch) mit Abschlüssen in der Altenpflege, Gesundheits- und Kranken- sowie Gesundheits- und Kinderkrankenpflege eine starke Stimme und können die Zukunft ihre Berufsstandes maßgeblich mitbestimmen. Die Erhebung von Mitgliedsbeiträgen stellt die Unabhängigkeit der Kammer sicher und dient der Finanzierung ihrer gesetzlichen Selbstverwaltungsaufgaben (u.a. Beratung der Kammermitglieder in Fragen der Berufsausübung, Regelung der Weiterbildung, Erarbeitung einer Berufsordnung, Information über die pflegerische Versorgungsrealität, Berichterstattung über die Lage der Pflegefachberufe in Niedersachsen, Vertretung der Pflegekräfte in Gremien des Landes, z. B. im Landespflegeausschuss).

Schmuckgrafik (zum Artikel: Pressemitteilungen) Bildrechte: LGLN

Artikel-Informationen

erstellt am:
27.12.2018

Ansprechpartner/in:
Uwe Hildebrandt

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