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Rede von Sozialministerin Dr. Carola Reimann im Niedersächsischen Landtag zum Thema "Landeserziehungsgeld"

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 16.05.2018, TOP 16


– Es gilt das gesprochene Wort –

„Wir haben bereits im April-Plenum intensiv über diesen Antrag der AfD-Fraktion diskutiert.

Dabei habe ich Ihnen meine Auffassung erläutert, dass ein Landeserziehungsgeld der Gleichstellung schadet, frühkindlicher Bildung in der Krippe entgegensteht und eben keine Wahlfreiheit schafft, sondern diese erst durch den Krippenausbau erreicht wird.

In der damaligen Diskussion haben die Abgeordneten der AfD-Fraktion den Vorwurf erhoben, - ich zitiere – „der Koalitionsvertrag lese sich in dieser Hinsicht wie eine Propagandaschrift links-grüner Bildungsideologen“. Ich finde es einen politisch spannenden Ansatz, eigene Ideologie mit dem Vorwurf der Ideologie zu begründen. Denn nichts anderes ist dieser Entschließungsantrag: Er ist Ideologie! Die AfD-Fraktion bevorzugt die Kindererziehung zu Hause und will das hier beschließen lassen. Dann sollten sie es aber auch so nennen und nicht als Wahlfreiheit verpacken. Die Landesregierung steht für Wahlfreiheit.

Wir wollen den Eltern überlassen, welche Betreuungsform sie für ihr Kind wünschen.

Beruf und Familie möglichst früh miteinander in Einklang zu bringen, ist aber eben der Wunsch sehr vieler junger Frauen und Männer. Und auf diesen Bedarf reagieren wir.

Eine wichtige politische Weichenstellung war hier die Einführung des Elterngeldes und des Elterngeldes Plus. Damit sind ausgezeichnete Anreize zur partnerschaftlichen Kinderbetreuung und gerade auch zu einem frühen Wiedereinstieg in die Erwerbstätigkeit gesetzt worden. Das belegt auch der jüngste Bericht über die Auswirkungen der Regelungen zum Elterngeld Plus und zum Partnerschaftsbonus sowie zur Elternzeit. Wir können also sagen: Das Elterngeld ist ein voller Erfolg.

Ich möchte die restliche Redezeit nutzen und einen fachlichen Fehler aus dem AfD-Antrag aufzeigen. Mit dem vorliegenden Antrag wird ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz behauptet, der nicht besteht. Wie ich bereits in meiner Rede zum Thema sagte, haben wir erst durch den flächendeckenden Ausbau von Kindertagesstätten eine echte Wahlmöglichkeit in den Familien eröffnet. Das Angebot öffentlich geförderter Kinderbetreuung steht allen Eltern offen. Es steht Ihnen frei, für ihre Kinder einen Kitaplatz zu nutzen oder eben nicht.

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zum Betreuungsgeld vom 21. Juli 2015 setzt sich auch mit dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG auseinander.

Es wird eindeutig festgestellt: „Auch der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet weder dem Bundes- noch dem Landesgesetzgeber, ein Betreuungsgeld zu gewähren, um eine vermeintliche Benachteiligung gegenüber jenen Eltern zu vermeiden, die einen öffentlich geförderten Betreuungsplatz in Anspruch nehmen.

Anders als in dem vorliegenden Antrag der AfD behauptet, löst der freiwillige Verzicht auf einen Kitaplatz gerade keine verfassungsrechtliche Kompensationspflicht aus. Der behauptete Verstoß gegen Artikel 3 GG ist also schlichtweg rechtlich falsch.

Von unseren 16 Bundesländern gewähren allein Bayern und Sachsen eine dem Erziehungsgeld vergleichbare Leistung. Bemerkenswert hierbei ist, dass die Inanspruchnahme dieser Leistung zum Teil signifikant gesunken ist. In Sachsen haben sich die Anträge von knapp 40 % der potentiell Berechtigten mehr als halbiert. Gerade einmal
13 % betrug die Quote der Inanspruchnahme im vergangenen Jahr. Von einem Erfolg dieser Leistungen kann daher keine Rede sein. Interessant ist auch, dass Thüringen im Jahr 2015 sein Landeserziehungsgeld aufgrund rechtlicher Bedenken eingestellt hat.

Die Landesregierung steht für eine moderne und pragmatische, d.h. nach den Bedürfnissen junger Eltern gestaltete und eben nicht ideologische Politik mit echter Wahlfreiheit. In diesem Sinne lehne ich Ihre Forderung nach einen Landeserziehungsgeld ab.“

16.05.18

Schmuckgrafik (zum Artikel: Pressemitteilungen) Bildrechte: LGLN

Artikel-Informationen

Ansprechpartner/in:
Uwe Hildebrandt

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